Die gewerbliche Spekulation mit Anlegergeldern in Finanzinstrumenten sind genehmigungspflichtige Bankgeschäfte - von Dr. Werner

Ein Vermögensverwalter, der fremde Vermögensmassen mit eigener Entscheidungsbefugnis betreut, erfüllt den Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG ). Das ähnliche Finanzkommissionsgeschäft gem. Nr. 4 bezeichnet die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung, § 2 III Nr. 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Das Finanzkommissionsgeschäft gehört ebenfalls zu den Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG, deren gewerbsmäßiges Betreiben ein Unternehmen als Kreditinstitut klassifiziert. Finanzinstrumente sind auch hier Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile oder ein Treuhandvermögen.

Die Kapitalmarktaufsicht hat mit entsprechenden Verfügungen häufig Unternehmen untersagt, die das Trading mit Anlegergeldern ( soweit diese stimmrechtslose “Fremdgelder” darstellen ) als Hauptgeschäftsfeld betreiben und somit im Fachjargon “ein Finanzkommissionsgeschäft“ als Bankgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG gewerbsmäßig dadurch realisieren, dass die Unternehmen auf der Grundlage von Verträgen über sog. treuhänderische Beteiligungen Gelder von Anlegern entgegen nehmen, um hiermit Finanzinstrumente formaliter in eigenem Namen, aber letztendlich für fremde Rechnung anschaffen und veräußern”.

Die Finanzkommission steht unter Erlaubnisvorbehalt der Kapitalmarktaufsicht und ist deshalb kein Verbotsgesetz: Das Finanzkommissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 4 KWG in der 3. Variante des Gesetzes ( = Anschaffen und Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für Dritte ) ist also kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ).

Die KWG-Vorschrift definiert die Finanzportfolioverwaltung als die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere ( = Dritte ) mit eigenem Entscheidungsspielraum des Vermögensverwalters.

Der gesetzliche Tatbestand umfasst daher die folgenden vier Merkmale:

(1) Verwaltung einzelner Vermögen,

(2) in Finanzinstrumente angelegt,

(3) für andere ( für Dritte ),

(4) mit Entscheidungsspielraum

Nachfolgend stellt die BaFin die einzelnen Tatbestandsmerkmale wörtlich wie folgt dar :

zu (1) Verwaltung einzelner Vermögen

Der Begriff der Verwaltung enthält grundsätzlich ein Zeitmoment. Verwaltung ist somit, weil sie sich regelmäßig nicht in einer singulären Anlageentscheidung oder einem einzelnen Anlagevorgang erschöpft, auf eine gewisse Dauerhaftigkeit angelegt. Der Vermögensinhaber möchte typischerweise die Aufgabe der Verwaltung seines Vermögens auf einen Dienstleister auslagern. Zwingend erforderlich ist ein auf Dauer angelegtes Mandat des Vermögensverwalters jedoch nicht, so dass auch eine einmalige Verwaltungstätigkeit den Tatbestand erfüllen kann.

Es ist ferner nicht erforderlich, dass ein bereits in Finanzinstrumenten angelegtes Vermögen vorhanden ist. Der Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung erfasst folglich auch Erstanlageentscheidungen.

Die Verwaltungstätigkeit muss sich auf einzelne Kundenvermögen beziehen (sog. Einzelkundenbasis). Die Formulierung „einzelner (…) Vermögen“ beschränkt den gesetzlichen Tatbestand aber nicht auf Fälle, in denen jedes Kundenvermögen in ein eigenes Portfolio aufgeteilt ist. Vielmehr können in einem Portfolio die Vermögen verschiedener Kunden zusammengefasst werden (vgl. Bundesverwaltungsgericht , Urteile vom 22. September 2004 - BVerwG 6 C 29.03 - und 24. Februar 2010 - BVerwG 8 C 10.09 -).

zu (2) In Finanzinstrumenten angelegt

Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 11 KWG insbesondere Aktien, Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Vermögensanlagen (Vermögensanlagengesetz - VermAnlG), Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB), Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten, Derivate sowie Emissionszertifikate (siehe hierzu im Einzelnen die BaFin-Merkblätter „Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 bis 3 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten und Emissionszertifikate)“ und „Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG (Derivate)“.

Der Wortlaut der Vorschrift setzt nicht voraus, dass sich das jeweilige Portfolio ausschließlich aus Finanzinstrumenten zusammensetzt. Es genügt bereits, wenn es neben anderen Vermögensgegenständen auch Finanzinstrumente im Sinne von § 1 Abs. 11 KWG enthält.

zu (3) Die entgeltliche Vermögensverwaltung für andere ( für Dritte )

Das Merkmal „für andere“ grenzt die Finanzportfolioverwaltung von der Verwaltung eigenen Vermögens, also einer Tätigkeit in eigenem Namen auf eigene Rechnung, ab. Damit ist das Tatbestandsmerkmal „für andere“ bei einem Handeln im fremden Namen erfüllt. Ausreichend für die Erfüllung des Tatbestands ist darüber hinaus jede Form der Verwaltung „für andere“, die nicht im eigenen Namen für eigene Rechnung erfolgt, beispielsweise wenn der Vertragspartner den Vertretungssachverhalt nicht erkennen kann, da der Kunde seinem Verwalter von ihm unterzeichnete Blankoorderformulare zur Verfügung gestellt hat.

Wenn eine Kapitalgesellschaft und eine Personenhandelsgesellschaft oder deren Organe das in Finanzinstrumente angelegte Gesellschaftsvermögen verwalten, kommt ein Handeln „für andere“ im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG nicht in Betracht (wohl aber die Erfüllung anderer Tatbestände des KWG wie des Finanzkommissionsgeschäfts, der Anlageverwaltung oder des Eigenhandels). Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hingegen werden wegen deren nur beschränkter Rechtsfähigkeit sowohl die BGB-Gesellschaft wie auch deren Geschäftsführer „für andere“, die übrigen Gesellschafter, tätig (vgl. zur Erlaubnispflicht der Geschäftsführung: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. September 2004 - BVerwG 6 C 29.03 - und zur Erlaubnispflicht der BGB-Gesellschaft selbst: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Februar 2010 - BVerwG 8 C 10.09 -). Daher erfüllen die Tätigkeiten eines Investmentclubs in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und deren Geschäftsführungen grundsätzlich den Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung (siehe hierzu im Einzelnen das Merkblatt „Hinweise zur finanzaufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht von Investmentclubs und ihrer Geschäftsführer").

zu (4) Mit Entscheidungsspielraum

Die Finanzportfolioverwaltung erfordert schließlich, dass dem Verwalter ein Entscheidungsspielraum bei der Verwaltung des in Finanzinstrumenten angelegten Vermögens zusteht. Ein Entscheidungsspielraum – Gegensatz hierzu ist eine weisungsgebundene Tätigkeit, bei der das Erbringen der Anlage- oder Abschlussvermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1 und 2 KWG in Betracht kommt, – liegt vor, wenn die Anlageentscheidungen auf dem eigenen Ermessen des Vermögensverwalters beruhen und von diesem auch so durchgeführt werden können.

Hat sich der Vermögensinhaber Mitentscheidungsbefugnisse ausbedungen, ist danach zu unterscheiden, wie stark diese Befugnis im Einzelfall ausgestaltet ist: Ein Entscheidungsspielraum fehlt, wenn der Verwalter eine von ihm getroffene Anlageentscheidung wirksam erst umsetzen kann, nachdem ihr der Kunde ausdrücklich zugestimmt hat (Zustimmungsvorbehalt). Dagegen besteht Ermessen und damit ein Entscheidungsspielraum, wenn dem Kunden zwar ein Vetorecht zusteht, die Anlageentscheidung aber rechtsverbindlich durchgeführt wird, solange und soweit der Kunde nicht ausdrücklich von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht.

Bei der Beteiligung Dritter im Rahmen des Merkmals des Entscheidungsspielraums gilt, dass die Auswahl eines (anderen) Finanzportfolioverwalters die Nutzung eines Entscheidungsspielraums bei der Verwaltung von in Finanzinstrumenten angelegten Vermögen darstellt (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. April 2003 - 6 TG 3151/02 -). Denn mit der Auswahl von Tradern erfolgt bereits eine Vorentscheidung über die Art und Weise der künftigen Anlagen; denkbar sind hier beispielsweise konservative oder spekulative Strategien. Außerdem ist der Entscheidungsspielraum nach dem Schutzzweck des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG nicht in erster Linie im Gegensatz zu einem Entscheidungsspielraum Dritter, sondern zu dem beim „anderen“ im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG verbleibenden Entscheidungsspielraum zu sehen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. April 2003 - 6 TG 3151/02 -). Entscheidend ist daher letztlich, ob sich der Kunde seines Entscheidungsspielraums zugunsten des Finanzportfolioverwalters begeben hat. Denn aus Sicht des zu schützenden Anlegers macht es keinen Unterschied, ob der von ihm beauftragte Vermögensverwalter die konkrete Anlageentscheidung in vollem Umfang selbst trifft oder ob er seinen Entscheidungsspielraum nutzt, dazu Dritte einzuschalten (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. September 2004 - BVerwG 6 C 29.03 -). Auch die Befugnis, einen bestehenden Vermögensverwaltungsvertrag zu kündigen, begründet einen Entscheidungsspielraum, da es sich um das Gegenstück einer Auswahlentscheidung handelt.

Dem gesetzlichen Tatbestand unterfallen auch Konstruktionen, in denen die Anlageentscheidung – wie zwischen Finanzportfolioverwalter und Kunden vereinbart – von einem Drittunternehmen gefällt wird, mit dem der Verwalter kooperiert. Seine Rolle reduziert sich dann bei formaler Betrachtung darauf, eine andernorts getroffene Anlageentscheidung umzusetzen. Maßgeblich ist aber die Perspektive des Kunden, für den sich der einheitliche Vorgang infolge der Drittbeteiligung lediglich auf zwei Beteiligte aufspaltet.