Reformgesetz gegen Dispo-Fallen

Die Banken machen aus den Dispokrediten ein großes Geheimnis. Kein Wunder, denn sie verdienen mit den Zinsen auf diese Kredite sehr viel Geld. Daher geben die Geldhäuser auch keine Auskunft über die Anzahl der Kunden, die sich verschulden, oder die Höhe, in der sie sich verschulden, erläutert Dr. Lutz WERNER, Herausgeber des Finanzportals www.Anleger-Beteiligungen.de und des wöchentlich erscheinenden, kostenfreien www.Investoren-Brief.de.

Als die Zeitschrift „Finanztest“ im vergangenen Herbst bei 1.600 Banken nach den Konditionen recherchierte, verweigerten mehr als 600 Kreditinstitute eine Antwort komplett, auch im Internet wurden die Dispozinsen nicht veröffentlich. Viele hatten nicht einmal einen Aushang, aus dem hervorgeht, in welcher Höhe Strafzinsen erhoben werden. Auch deshalb überlegt Bundesverbraucherminister Maas (SPD) den Geldinstituten vorzuschreiben, ihre Konditionen sowohl in der Filiale als auch im Internet zu veröffentlichen.

Dabei würde mehr Information nottun, denn immer noch gehören die Deutschen zur internationalen Spitzengruppe der Kreditnehmer. Eine repräsentative Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass etwa 43% der Befragten ihren Dispokredit wenige Male im Jahr überziehen, für 17% ist sie sogar eine regelmäßige Geldquelle. Mehr als 30% der Dispobezieher nutzen ihren Kreditrahmen vornehmlich in Beträgen über 500,00 Euro.

Die effektiven Zinsen für die Überziehung sollen laut Bundesbank bei etwa 9% liegen. Der Vergleichszinssatz, zu dem die Banken sich untereinander Geld leihen können, der 3-Monats-Euribor, liegt bei rund 0,04%. Damit erzielen die Banken eine unanständige Rendite von 9%.

Laut Bundesbank lag das Neugeschäftsvolumen bei Überziehungskrediten und revolvierenden Krediten bei knapp 36 Mrd. Euro. Die Deutschen zahlen damit im Durchschnitt rund 40 Euro an ihre Bank für den Dispokredit, zusätzlich natürlich zu evtl. Kontoführungsgebühren und anderen Kosten. Da sich die Banken aber auch nicht zu den Ausfallraten äußern, ist es allerdings schwierig, ihren Gewinn zu schätzen. Erfahrungsgemäß ist die Ausfallrate bei den Dispokrediten aber eher sehr niedrig. Von der Stiftung Warentest wurden Ausfallraten zwischen 0 und 3,8% geschätzt. Damit gelten die Kredite als relativ Ausfallsicher für die Geldhäuser.

Der Dispokredit fällt für die Nutzer indes nicht weiter ins Gewicht, wenn er kurzfristig genutzt wird. Doch richtig teuer wird es bei einem Dispositionskredit, wenn er über das gesamte Jahr geht.

Doch was können nun Menschen tun, die trotzdem kurzfristig an Geld kommen müssen?

Zuerst gilt die eiserne Regel: Schuldentilgung vor Vermögensaufbau.

Das heißt konkret: Bevor der Dispo beansprucht wird, sollte man evtl. vorhandene Tagesgeldkonten oder Sparbücher auflösen. Sollte das Geld dann immer noch nicht reichen, kann man in den Dispositionskredit gehen, aber das sollte auch nur dann geschehen, wenn man weiß, dass er auch kurzfristig zurückgezahlt werden kann, denn ansonsten wird es teuer.

Wenn ab und an der Dispokredit genutzt wird, kann auch ein Wechsel zu einer anderen Bank günstig sein. Zum Teil haben die Direktbanken deutlich günstigere Konditionen als ihre Filial-Konkurrenten.

Falls der Dispokredit dagegen wirklich regelmäßig genutzt wird, lohnt sich tatsächlich der Vergleich mit einem Ratenkredit. Die Verbraucherzentralen empfehlen das, sobald man länger als 6 bis 9 Monate im Dispo steckt. Die Zinsen für einen Ratenkredit sind fast immer um die Hälfte niedriger.

Nun hat das Bundeskabinett aktuell einen Gesetzentwurf beschlossen, die Kreditinstitute zu verpflichten, die Kunden von Banken und Sparkassen, die ihr Girokonto permanent überziehen, künftig über billigere Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren.

Der Gesetzentwurf des Bundesministers der Justiz und Verbraucherschutz sieht vor, dass ein Beratungsgespräch, wenn ein Dispositionskredit dauerhaft und in erheblicher Höhe genutzt wird, verpflichtend ist. Der Bundesminister zeigte sich bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs überzeugt, dass ein Beratungsgespräch über Alternativen zum Dispo in vielen Fällen helfen wird, wenn Verbraucher in der Dispo-Falle stecken.

Bundesjustizminister Maas wies darauf hin, dass die Banken auch verpflichtet wären, über die Höhe der Dispozinsen auf ihrer Webseite gut sichtbar zu informieren. Dadurch versetzte man die Verbraucher in die Lage, die Zinssätze schnell und einfach miteinander zu vergleichen. „Damit machen wir es den Banken schwerer, unangemessen hohe Dispozinsen zu verlangen“, erläuterte Maas.

Die in der Deutschen Kreditwirtschaft zusammengeschlossene Spitzenverbände begrüßen den Vorschlag der Bundesregierung, dass Beratungsangebot an Kunden zu richten, die den Dispositionskredit über einen längeren Zeitraum und in einem erheblichen Umfang nutzen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die neue Maßnahme zielgerichtet dort eingesetzt wird, wo tatsächlich Probleme bestehen können. Banken und Sparkassen würden in den Gesprächen gemeinsam mit dem Kunden Lösungsmöglichkeiten ausloten.

Wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht, gabt es zuletzt rund 100 Mio. Girokonten in Deutschland, 75% davon haben einen Dispo-Rahmen. Diesen nutzen 4,8 Mio. länger als 6 Monate und mit mehr als 75% der eingeräumten Summe. Hinzu kommen 1,85 Mio. Fälle, in denen kein Dispokredit vereinbart worden ist, aber dennoch das Konto länger erheblich im Minus steht.

20.07.2015: | |