I Style Myself: Kleiderschrankcheck mit dem Smartphone - geht das?

"Keiner kann frische Gedanken haben, wenn er sich mit altem Krempel umgibt."

Besonders wenig förderlich ist der alte Krempel, wenn wir uns morgens auf der Suche nach dem Outfit des Tages durch den vollgestopften Kleiderschrank wühlen müssen. Das jedenfalls glaubt die Stylistin Hannah Teare erkannt zu haben und beglückt uns mit der passenden App fürs iPhone: "I style myself" - Entdecke jeden Tag neue Outfits in deinem Kleiderschrank! Da mag nun manch einer Zweifel haben - sind doch richtig große Überraschungen im eigenen Kleiderschrank eher selten - Der Gedanke ist jedoch großartig. Eine App, die lange unbeachtete Schmuckstücke unter dem zehnten graublauen T-Shirt erspäht, die ungeahnte Kombinationsmöglichkeiten erfindet, der zu Smart Casual vielleicht mehr einfällt als Männerhemd und Jeans.

Ach, Schöne Neue Welt. Eine App, die meinen Kleiderschrank besser kennt als ich. Oder nein, ganz so ist es doch nicht, wie ich bald nach dem Herunterladen der App weiß: Ich muss die einzelnen Kleidungsstücke fotografieren, Farben zuordnen und nach Anlass und Jahreszeit kategorisieren. Selbst bei spartanischer Ausstattung im Schrank kommt da einiges an Arbeit auf mich zu, würde ich sagen. Aber egal, Gas geben, nicht jammern heißt die Devise. Ich füge gleich mal zu meiner virtuellen Garderobe hinzu, was ich gerade anhabe - und im Begriff bin gegen Jogginghosen und Schlabbershirt zu tauschen. Tadaaa. Die App kennt meine Lieblingsjeans und eine hellblaue Hemdbluse. Weil ich einen Hosenbügel für das Foto gebraucht habe, liegt jetzt noch eine schwarze Dresspants von mir rum, die ich tatsächlich sehr lange nicht mehr getragen habe - kommt mir gerade recht, die fotografiere ich auch. Und den beigen Cardigan, der dank schlechter Beleuchtung auf dem Foto ebenso grau aussieht wie die Bluse. Siehe da - die App ist schon in der Lage, mir ein komplettes Outfit zusammenzustellen: Schwarze Dresspants (die App mag meine Jeans nicht?!), blaue Bluse (naja, die muss aber erst mal in die Wäsche) und den Cardigan. Schuhe habe ich vergessen - das macht gar nichts, was fehlt, ergänzt die Hannah Teare durch "luxuriöse Teile", die dankenswerter Weise perfekt an mein Budget (wie immer dies ermittelt wird) angepasst sind. In diesem Fall: zartroséfarbene High-heels, ein Wristband (18 Karat Gold), ein Designer-Ring und eine Handtasche aus italienischem Kalbsleder - alles direkt in der App käuflich zu erwerben (daher weht der Wind! Ja gut, irgendwie muss ja zu erklären sein, dass die App selbst kostenlos ist).

Bevor ich weitermache, frage ich lieber die Profis von 55dresscodeberater.de, was von einer solchen App zu halten ist. Große Erleichterung: Ich dachte schon, ich beschäftige mich möglicherweise zu wenig mit meinem Kleiderschrank - Aber nein: Alle finden den Aufwand des Fotografierens und Kategorisierens zu groß. Außerdem, so Sylvia Ebner von Image & Style: "Wenn man dann weiß, was sich im Schrank befindet, weiß man auch welche Outfits und Teile zusammen passen" - die App sein mithin überflüssig. "Eine gute Stilberatung", so Sylvia Ebner, "und einen ordentlichen Kleiderschrankcheck können Apps wie diese nicht ersetzen. Nach dem aber ein Kleiderschrank ausgemistet ist und nur noch die typgerechten Kleidungsstücke zur Verfügung stehen, kann eine App wie diese zu neuen Kombinationsmöglichkeiten führen." Marlies Smits (Benehmensberatung) hält die App immerhin für eine lustige Idee - Wer nicht davor zurückschreckt, seinen ganzen Kleiderschrankinhalt zu fotografieren, für den entstehen bestimmt unerwartete Styles." Mehr als "die eine oder andere Anregung" traut auch Astrid Windfuhr (Stil und Farbe) Hannah Teare nicht zu, "denn leider kann die App nicht wissen, was der jeweiligen Userin wirklich steht!"

Hierin ist sicherlich das größte Manko zu sehen: "Wie will eine App Aussagen darüber treffen können, ob ein bestimmtes Kleidungsstück zur Persönlichkeit, zum Stil und auch zum Farbtyp eines Menschen passt", fragt Isabel Schürmann (Personality Consult). Auch geht, so Isabel Schürmann, "ein professioneller Kleiderschrank-Check natürlich über das reine Screening der vorhandenen Kleidungsstücke weit hinaus - jedes einzelne Teil gilt es in Bezug auf Farbkombination, Schnitt, Material, Passform etc. zu beurteilen." letztlich weiß ich doch nur selbst, ob ich mich in meinem Outfit - je nach Anlass und Laune - den ganzen Tag wohl fühlen werde. "Was passiert zum Beispiel, wenn sich ein von der App vorgeschlagenes Kleidungsstück gerade in der Wäsche befindet", fragt sich Anja Krause (Anjiko), "oder wenn man einem ein Kleidungsstück im entscheidenden Moment zu eng, zu kurz, zu knallig etc. erscheint?"

Damit die App annähernd 'persönliche' Vorschläge machen kann, müsste man zumindest Größe und Maße eingeben, findet Christine Maurer (Image Trend Success), sodass man auf den Figurtyp zugeschnittene Outfits vorgeschlagen bekommt. "Sonst sehe ich die 'Gefahr', dass Unerfahrene etwas bestellen, dass zwar modisch up to date, aber schnittmäßig für den Typ völlig unpassend ist." Alles in allem befindet Christine Maurer: "Schöne Spielerei, spannende Outfit-Vorschläge, aber für einen wirklich typgerechten Aufbau des Kleiderschranks ungeeignet." Auch Alexandra Stierle (mit Stil eben) findet, dass eine App keine persönliche Beratung ersetzen kann: "Es fehlt meines Erachtens die Grundlage und die Wahrnehmung der Persönlichkeit, die eine wichtige Rolle spielt." Wenn es um mehr geht, als Hemd und Krawatte mit der Anzugfarbe zu kombinieren, empfiehlt Alexandra Stierle: "Lieber einen professionellen Kleiderschrankcheck mit Stilberatung buchen!"


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