Deutsches Zeitmanagement oder die Langsamkeit deutscher Unternehmer – von Dr. Horst Werner, Göttingen

Deutsche Unternehmer sind, so Dr. Horst S. Werner ( www.finanzierung-ohne-bank.de ) sehr häufig von kaum zu überbietender Langsamkeit geprägt. Das Sprichwort „Zeit ist Geld“ kennen nahezu alle, aber oft wird in Deutschland danach nicht gehandelt. Vor einiger Zeit sprach ich mit einem chinesischen Unternehmer, der bereits seit über zwanzig Jahren in Deutschland tätig und verheiratet war. Als ich ihn nach seiner wichtigsten unternehmerischen Erfahrung in Deutschland befragte, antwortete er spontan mit der Bemerkung „In Deutschland dauert alles dreimal so lange wie in China !“ Er sprach nicht bewundernd von deutscher Präzisionsarbeit; auch nicht von der Innovationskraft und nicht von deutscher Zuverlässigkeit oder Vertragstreue. Nein, die deutsche Langsamkeit war sein tiefsitzendes Erlebnis. In China wie im übrigen Asien hat man verinnerlicht, das nicht die Guten die Schlechten besiegen, sondern die Schnellen immer die Gewinner über die Langsamen an den Märkten sind. Für die deutsche Langsamkeit gibt es selbst aus der Großindustrie Beispiele: Der neue ICE ( versprochen für 2009 ) lässt schon seit Jahren auf sich warten; der neue Berliner Flughafen; die Hamburger Elbphilharmonie; der Stuttgarter Hauptbahnhof; das Elektro-Automobil, wo Deutschland zwischenzeitlich nur noch in der "dritten Liga" spielt etc., etc. Oder man schaue auf die Baustellen auf deutschen Autobahnen mit den bekannten Sommerstaus. Selbst das Bundesverkehrsministerium ruft gegen die "deutsche Langsamkeit" auf und bittet die Bürger "schlafende Baustellen" zu melden. In anderen Ländern stellt man, wenn man nach einem Jahr wieder in den Urlaub kommt, fest: "Oh, hier ist ja eine vollkommen neue Straße gebaut". In Deutschland dauert so etwas Jahre !

Etwas spöttisch oder sarkastisch formuliert, ist auch meine vielfältige Gesprächs- und Beratungserfahrung mit deutschen Unternehmern die Folgende: Wenn man einen deutschen Unternehmer mit der Feststellung berät, dass 1 und 1 gleich zwei sind, dann bekommt man zur Antwort: „Da muss ich erst einmal meinen Steuerberater fragen“ (!). Nach einer Woche erhält man dann eine Rückäußerung, die dann meist lautet: Ja, das könnte richtig sein, aber ich denke noch einmal darüber nach. Selbst bei mathematisch oder logisch eindeutigen Ergebnissen ohne wählbare Alternativen braucht der deutsche Unternehmer Entscheidungszeiten, die jeder Schnecke zu Ehren gereichen würden. Das gilt auch für viele Staatsdiener und ganz häufig auch für Arbeitnehmer in der gewerblichen Wirtschaft, die zwar eine 40-Stunden-Woche haben, aber wegen Langsamkeit nur die Produktivität besitzen, die andere in der Hälfte der Zeit bewerkstelligen. Die deutsche Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen Märkten wird nicht steigen, sondern über die Jahre abnehmen, wenn wir es nicht lernen, mit einem präzisen, disziplinierten Zeitmanagement unternehmerische Aufgaben konzentriert umzusetzen. Andere machen das wesentlich besser und sind bereits heute die Wachstumsgewinner.