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Ready – set- go und abwärts geht´s - Auch im Jahr 2013 geht's wieder weiter und auch wieder am Flugfest Arnbruck

Beim Fallschirmsprung eine Minute mit Tempo 200 in Richtung Boden

Von Heiko Langer

Samstagmorgen halb elf in Klatovy (Klattau), genauer gesagt am Flughafen am Ortsrand. Die Sonne scheint, der April verabschiedet sich mit Wonnewetter. Eigentlich müsste ich nun gut gelaunt sein, es hat schon 23 Grad und ich mag die Sonne. Eigentlich, aber mir ist mulmig zumute, ich bin auf dem Weg zu Bertwin Schatt, einem Viechtacher der hier Fallschirmspringer ist. Schatt bietet unter anderem auch Tandemsprünge an und ich, mit meiner großen Klappe, habe spontan zugesagt, mit ihm zu springen. Spontan kommt mir ein Luther-Zitat in Erinnerung: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.“ So geh ich nun zu Schattslager, es liegt am Ende des gepflegten zum Flugplatz gehörigen Campingplatz. Empfangen werde ich von Carola Obermeier, seiner Lebensgefährtin. „Servus, ich bin die Carola, sozusagen die Bodencrew“, sagt sie zur Begrüßung und ich merke zumindest eins: Es geht locker zu bei den Fallschirmspringern, man duzt sich. Der Bertl habe jetzt dann einen Sprung und weist die Passagiere ein, erklärt Carola.
Mit Bertwin, den hier alle Bertl nennen, und einem Kollegen werden sich die Chamer Johannes Stoiber und Vroni Selmer in die Tiefe stürzen. Am Boden wird genau besprochen, wie der Sprung abläuft, hier werden Bewegungen trainiert. Die Springer sind schon eingekleidet und Bertl weist mehrfach auf das Wichtigste hin: „Beim Absprung den Kopf in den Nacken legen und Hohlkreuz machen.“ Es ist ruhig am Platz, nur im Halbstundentakt wird es laut, die Maschine startet. Hier in Klatovy starten große Maschinen, so genannte Skyvans, der Vorteil: In ihnen finden bis zu 16 Leute Platz und ausgestiegen wird aus einer großen Hecklucke in einer Höhe 4300 Metern über dem Boden. Auch der Ausstieg wird minutiös besprochen. „Ich geb´ das Kommando, ready, set, go. Dann geht´s raus“, erklärt Schatt und ergänzt, dass er dann mit den Passagieren zunächst einmal einen Salto machen werde, „damit wir besser in die Flugposition kommen.“ Dann geht´s schon los, über den Flughafenlautsprecher wird eine Flugnummer ausgerufen und Vroni und Johannes gehen mit den beiden Profispringern zum Flugzeug.
Zeit zum Durchatmen für mich, Carola serviert Kaffee und ich versuch die Sonne zu genießen. Die Stimmung am Platz ist gut. Hier ist wohl immer was los, die Springer und ihre Angehörigen kennen sich. Es wird viel gelacht. Fast alle nächtigen am Campingplatz, haben hier ihr Lager, sind quasi Nachbarn. „Mach dir keinen Kopf, runter kommen alle“, sagt eine Nachbarin und zwinkert mir zu. Meine Nervosität ist wohl für jeden sichtbar. Minuten später dröhnen die Motoren, die Skyvan hebt ab. Rasant schraubt sie sich in die Lüfte. „In ein paar Minuten bist du dran“, sagt Carola. Sie hat gut Lachen, ich, als Mensch mit schrecklicher Höhenangst, bin mir nicht sicher, ob ich auch Lachen soll. Rund 20 Minuten später sieht man die Maschine als kleinen Punkt über den Platz kreisen und der Beobachter entdeckt kleine Punkte am Himmel. „Jetzt sind sie raus“, erklärt die Bodencrew. Eine knappe Minute später wird der Himmel bunt, „die Schirme sind auf.“ Mehr als ein dutzend Fallschirme sind zu sehen. Langsam nähern sie sich dem Boden. Die Luft knistert, die Schirme sind nun auch zu hören. Schon kurz darauf landen alle sicher.
Nervosität steigt in mir auf. Langsam wird es auch für mich ernst. Bertwin kommt zurück. Während der Packer den Schirm neu faltet und in einer Art Rucksack verschwinden lässt, nimmt sich Bertl Zeit für mich. Als erstes werde ich auf die Risiken hingewiesen. Wobei Schatt selbst noch keinerlei Unfälle hatte und ihm auch keine größeren Verletzungen bekannt sind. Danach darf ich mich einkleiden. Kombi, Helm und Brille werden gestellt. Wie schon die beiden Chamer zuvor, werde ich auch am Boden gecoacht. Vom Einstieg ins Flugzeug bishin zur Landung alles wird besprochen, vieles wird geübt.
Unser Flug wird aufgerufen, ein Kameramann begleitet uns zum Flugfeld und später auch in die Maschine und beim Fall. Aber noch ist es nicht soweit. Der Flieger steht mit laufenden Motor vor uns, die Tandemspringer dürfen zuerst einsteigen. Bertl nimmt mich quasi an die Hand, denn das Einsteigen ist, so komisch auch klingt, ein gefährlicher Moment. Die Maschinen haben Propeller, die sind in Kopfhöhe, wurde mir vorher erklärt und wenn man da nicht Acht gibt, dann kann das schnell tödlich enden. Doch mit Profis an der Hand droht hier keine Gefahr. Wir haben Glück, der Flieger hat drei Sitze, so bekomm ich einen Fensterplatz. Der Rest der Springer sitzt am Boden. „Dann passen mehr Leute rein“, erklärt Bertl. Es ist laut im Flieger. Ein klassisches Rollfeld gibt es übrigens nicht, gelandet und gestartet wird auf Rasen. Für die Piloten kein Problem, im Gegenteil, viele schätzen es in Klatovy zu landen. Unsere Piloten stammen - wie die ganze Fluglinie - aus Österreich. Das Unternehmen hat mehrere Maschinen, startet und landet auf vielen Plätzen in Europa. Momentan sind zwei Skyvans in Klatovy vor Ort. Die Skyvan rollt an, nimmt Schwung auf und hebt ab. Steil geht es hinauf, viel steiler als in einer Linienmaschine. Die Flugzeuge wurden einst fürs Militär konstruiert um in Krisengebieten zu landen und Material oder Personen zu befördern. Dementsprechend schnell steigen die Propellermaschinen in die Luft. Es herrscht Anschnallpflicht auf den ersten 300 Höhenmetern, die Springer tragen alle Höhenmesser, so sind Durchsagen der Piloten nicht nötig.
Rund 20 Minuten dauert „für uns“ Springer der Flug. Ich versuche ihn zu genießen, der Ausblick ist traumhaft. Auf den Bergen liegt noch Schnee, die Täler sind grün. Aber all das werde ich später wohl noch besser sehen. „Genieß es“, sagt Bertl und spricht mit mir noch einmal den Ablauf durch. Ein paar Minuten vor dem Absprung wird es schon ernst. Wir stehen auf, wir „verbinden uns.“ Ganz eng wird mein Gurtzeug mit dem vom Bertwin verbunden. Vorher hat er es nochmals kontrolliert. „Kontrolle ist wichtig“, meint er trocken.
Ein Licht zeigt an, dass es nur noch zwei Minuten bis zum Absprung dauert. Langsam wird mir richtig mulmig. Doch viel Zeit zum Nachdenken bleibt mir nicht. Bertwin kontrolliert meine Brille, die Hecklucke geht auf. Es ist kalt in 4300 Metern Höhe. Eine Gruppe von zehn Springer springt fast zeitgleich raus, sie werden eine Formation üben. Jetzt sind wir dran, es geht langsam voran. Das Gehen fällt schwer, wenn man dicht aneinander hängt.
Highnoon, die Mittagsstunde schlägt und ich, nein wir, stehen an der Kante. Wie geübt, lege ich die Hände überkreuzt ans Gurtzeug, Kopf in den Nacken, mein Magen wird flau, mir ist nicht wirklich wohl und schon ruft Bertl: „Ready, set, go.“ Raus geht’s. Zeit zum Überlegen bleibt keine mehr, wir fallen kopfüber. Ich warte auf den Salto, doch wir machen keinen. Später wird Bertwin sagen, „wir sind nur kurz kopfüber, aber dann ging es auch so gut uns zu stabilisieren.“ Und ich werde mich fragen, ob dies eine Anspielung an meinen Bauch war, aber egal. In diesem Moment kann ich nicht wirklich denken, wir stürzen mit rund 200 Stundenkilometern in Richtung Erde. Das Atmen fällt mir schwer, nicht weil die Luft so dünn ist sondern vielmehr daran, dass mir die Worte fehlen und immer wenn mir die Worte fehlen mach ich den Mund auf. Nicht empfehlenswert im Freien Fall, mir bläht es die Backen wie einen Breitmaulfrosch oder ein Backenhörnchen auf. Langsam wird es besser, ich beruhige mich und kann wieder atmen. Neben uns taucht der Fotograf auf. Während Bertl mit einer Handgelenkskamera alles im Bild festhält, macht er Fotos aus einigen Metern Entfernung. Er lacht, macht Blödsinn, zieht Grimassen. Ich versuch den Freien Fall, die Geschwindigkeit zu erleben.
Rund eine Minute dauert die Sturzfahrt. Was am Boden nach einer langen Zeit klingt, vergeht hier viel zu schnell. Nach fast drei Kilometern im Freiflug zieht Bertl den Schirm. Es geht weiter abwärts, aber nun viel langsamer, der Schirm bremst abrupt ab. Es wird leiser, denn die Geschwindigkeit im Freien Fall machte eine Konversation nahezu unmöglich. Es ist ruhig 1600 Meter über dem Boden. Unter uns liegt Klatovy, die Aussicht ist fantastisch. Die Freiheit ist unbeschreiblich, die Füße baumeln in der Luft. „Jetzt üben wir nochmal die Landung“, sagt Bertl. Also Hände in die Knie, Füße hoch. „Passt.“ Die Landung ist wichtig, denn während Einzelspringer auf ihren Beinen, quasi laufend, landen, landen die Tandems auf dem Hinterteil. Denn Laufen geht zu zweit nicht und so müssen die Füße oben sein, damit es zu keinen Verletzungen kommt. Nach rund sechs Minuten am Schirm nähern wir uns dem Boden. „Füße hoch“, sagt Bertl. Ich folge. Zwei, drei Hopser am Boden, gut dass ich gut gepolstert bin, und wir liegen in der Wiese. Mir fehlen die Worte, ein wohl seltener Moment.
Bertl trennt die Verbindungen, ich kann aufstehen, habe wieder festen Boden unter den Füssen. Aber ich gehe wie auf Wolken, das Adrenalin trägt wohl zum Schweben bei.
Bertwin Schatt packt den Schirm zusammen, es geht zurück ins Lager. Dort bekomme ich sogar eine Urkunde die mir den Tandemsprung bestätigt. In diesem Moment ist mir das eigentlich egal, mir geht’s auch so einfach nur gut. Die Stunden auf dem Flugplatz werde ich sicherlich nicht vergessen.

INFO

Der Viechtacher Bertwin Schatt ist der einzige Anbieter im Landkreis Regen, der Fallschirmsprünge anbietet, seiner Auskunft nach gibt es ähnliche Anbieter nur in Regensburg und Amberg. Sprünge können zu jeder Jahrezeit gebucht werden. Er springt in Klatovy, Zell am See und Kirchberg am Walde. Noch bist 10. Juni ist er in Klatovy zu finden. Zudem wird er heuer erstmals in Arnbruck am Flugplatz fest teilnehmen und Sprünge anbieten. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.fallschirmsprung-tandem.de oder telefonisch (Tel. 0174/3 00 62 98).


Über Bertwin

Benutzerbild von Bertwin

Vorname
Bertwin

Nachname
Schatt

Adresse

Sigmundplatz 4
94374 Schwarzach

Homepage
https://www.fallschirmsprung-tandem.de

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