Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft v. Dr. Horst Siegfried Werner als gesellschaftliche Aufgabe der Banken benannt

Die Kreditvergabe im Euroraum ist seit Ende 2011 bankenseitig stark zurück gegangen und insbesondere der Mittelstand hat mit einer gestörten Kreditversorgung der Wirtschaft zu kämpfen. Die Kapitalversorgung des Mittelstandes ( siehe www.finanzierung-ohne-bank.de ) bleibt aber eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben der Kreditinstitute. Daran hängt die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wachstum von Aufträgen und Investitionen. Gerade in einer exportorientierten Wirtschaft ist der Kreditbedarf und die Notwendigkeit der Kreditierung von Auslandsgeschäften durch die erforderliche Vorfinanzierung von Auslandsaufträgen oder von Importwaren besonders hoch. Dennoch sank die Summe aller Unternehmenskredite z.B. im Monat Dezember 2011 um 37 Milliarden Euro. Auch die Menge der an private Haushalte vergebenen Kredite ging um 10 Milliarden Euro zurück. EZB-Präsident Mario Draghi erklärte damals die schwache Kreditmengenentwicklung damit, dass die umfangreichen Liquiditätshilfen der Zentralbank von über Euro 1 Billion an die Banken zu 1% Zinsen p.a. noch nicht in der Wirtschaft angekommen seien.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank hielt für Deutschland eine Kreditklemme für wenig wahrscheinlich, für Südeuropa dagegen sehr. Dort verteuerten die hohen Zinsen für Staatsanleihen die Kredite für Unternehmen und Haushalte und führten zu Einschränkungen bei Konsumausgaben und Investitionen. Die Banken haben ihre Kreditvergabe nicht auf die günstigen Finanzierungsbedingungen bei der EZB angepasst.

Zwar verzeichnete die deutsche Wirtschaft angeblich auch im Mai 2012 ein fast unverändert freundliches Kreditvergabeklima. So bewerteten im Mai dem ifo-Institut aus München zufolge nur 19,6 Prozent der deutschen Unternehmen die Kreditvergabepolitik der Banken als restriktiv. Das ist nach Vormonat April (19,5%) der zweitniedrigste jemals seit Beginn der ifo-Erhebung gemessene Wert. „Die deutsche Wirtschaft gelangt auch in einem schwierigen Umfeld weiterhin günstig an Kredite“, konstatierte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Hier sind aber statistisch nicht die Kreditanfragen mit einbezogen, die bereits im Vorfeld scheitern. Die Unsicherheiten durch die Bankenkrise im Euroraum und die erhöhten Eigenkapitalanforderungen an die Banken durch Basel III stellen eine weitere Gefahr für die Kreditvergabe durch die Bankinstitute dar.

Die Kreditversorgung der deutschen Realwirtschaft sei – so wird behauptet – auch wegen der neuen Kapitalregeln nach Basel III nicht in Gefahr. Es bleibt aber wegen der Unsicherheit an den Euro-Märkten eine größere Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe. Bei den Betriebsmittelkrediten über die KK-Linien als Dispositionskredite ( Dispokredit ) werden zudem die historisch niedrigen Zinsen an den Märkten kaum an die mittelständischen Unternehmen weitergegeben.

In der Schweiz wird in einem Bericht an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats betont, dass keine Anzeichen einer Kreditklemme oder einer Kreditunterversorgung vorhanden sind. Die Entwicklung der Kreditvolumina und der Kreditlimiten lassen nicht auf systematische Engpässe in der Kapitalversorgung schließen. Vielmehr ist seit dem Frühjahr 2012 auch eine Entspannung bei den Zinskonditionen für Bankkredite festzustellen.

Die Finanzierungsleistung der Banken in Österreich bei KK-Betriebsmittelkrediten und Darlehensverträgen fällt insgesamt geringer aus als in den Vorjahren. Insbesondere mittelständische Unternehmen setzen deshalb verstärkt auf Finanzierungen aus dem eigenen Cash-Flow und auf das eingelegte Eigenkapital.

Der deutsche Mittelstand beklagt sich dennoch heftig, so Dr. Horst Siegfried Werner, über den mangelnden Mut vieler Kreditsachbearbeiter bereits bei der Entgegennahme von Kreditanträgen. Die Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft durch die Banken läßt nach Beschwerden vieler Mittelständler weiter zu wünschen übrig.