Vorbehalte unbegründet! Informationseffizienz im Entry Standard im Vergleich zum General Standard

von Dr. Andreas Beyer und Viktor Helmers, VEM Aktienbank

Der Entry Standard etabliert sich bei mittelständischen Unternehmen zunehmend als attraktive Alternative gegenüber den EU-regulierten Börsensegmenten. Das Investorenpublikum bleibt jedoch aufgrund von Vorbehalten überschaubar. Vielfach werden dabei als Kritik eine mangelnde Markttransparenz und eine schlechte Informationseffizienz angeführt. Eine kürzlich durchgeführte statistische Auswertung zeigt jedoch, dass die Vorbehalte unbegründet sind.

Zwar unterscheiden sich EU-regulierte Börsensegmente und börsenregulierte Segmente hinsichtlich ihrer gesetzlichen Pflichten bezüglich der Veröffentlichung von unternehmensrelevanten Nachrichten, eine Ableitung unterschiedlicher Qualitäten der Informationseffizienz ist aber unberechtigt. In einer aktuellen Untersuchung wurden vor dem Hintergrund statistischer Auffälligkeiten der Entry Standard und der General Standard über einen Zeitraum von zwei Jahren vergleichend betrachtet. Insbesondere die Entwicklung von Renditen und Handelsvolumen innerhalb von drei Tagen nach der Veröffentlichung von Pflichtmitteilungen wurden zur Ermittlung der Informationseffizienzklassen herangezogen.

Entry Standard und General Standard gleichwertig

Nach der Veröffentlichung von Corporate News, Research-Meldungen und Pressemitteilungen konnten im Entry Standard lediglich statistisch nicht signifikant auffällige Renditen beobachtet werden. Eine überdurchschnittliche Reaktion des Marktes, welche uninformierte Investoren benachteiligen würde, kann somit abgelehnt werden. Dieses Ergebnis wird zusätzlich durch nicht signifikante Handelsvolumen unterstützt. Die Klassifizierung des Entry Standards als mittelstark effizient ist somit eindeutig.

Die Beurteilung der Informationseffizienz mit statistischen Kriterien führt dazu, dass der Entry Standard dem General Standard hinsichtlich der nachrichtenbezogenen Informationseffizienz gleichgestellt werden muss. Zwar müssen Unternehmen in den EU-regulierten Börsensegmenten eine Vielzahl von Unternehmensnachrichten verpflichtend veröffentlichen, bessere Ergebnisse bezüglich der statistischen Signifikanz konnten jedoch nicht erreicht werden. Nach der Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen im General Standard konnten sogar leicht signifikante Ergebnisse festgestellt werden, welche grundsätzlich sogar eine Herabstufung der Informationseffizienz bedeuten. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass nachrichtenbezogenen Anlagestrategien in beiden beobachten Börsensegmenten dauerhaft keine Überrenditen erwarten lassen.

Eine Veränderung von Aktienkursen nach der Veröffentlichung von gleichartigen Unternehmensnachrichten konnte zwar theoretisch beobachtet werden, der Ableitung von sicheren Prognosen aus diesen Beobachtungen muss aus statistischer Sicht jedoch eindeutig widersprochen werden. Vielmehr entsprechen die Kursbewegungen natürlichen Schwankungen um die jeweiligen Erwartungswerte, somit sollten sowohl Gewinne als auch Verluste als zufällig aufgefasst werden.

Fazit

Die im Entry Standard festgestellten Preise beinhalten alle relevanten und ableitbaren Informationen, als auch die Erwartungen bezüglich der zukünftigen Geschäftsentwicklung. Eine qualitative Abwertung des Entry Standards im Gegensatz zum General Standard ist auf der Grundlage der Informationseffizienz unbegründet.

Gerade im Entry Standard ist davon auszugehen, dass die gelisteten Unternehmen bewusst eine aktive und investoren-orientierte Kommunikationspolitik betreiben, um so einem möglichen Reputationsverlust entgegenzuwirken und sich deutlich vom kaum regulierten Open Market abzuheben. Im Gegensatz zu den verhältnismäßig kostenintensiven Listings im General Standard oder Prime Standard kann das kostengünstigere Listing im Entry Standard zusätzlich die Attraktivität der Unternehmen steigern. Investoren sollten ein Listing im Entry Standard als bewusstes Signal des Unternehmens zur Kostenoptimierung verstehen, da den Investoren wesentliche Unternehmensinformationen allgemein äquivalent zu den EU-regulierten Börsensegmenten bereitgestellt werden und sie indirekt von den geringeren Kosten profitieren.

Quelle: GoingPublic Magazin August/September 2011