Bücher zum „Tag des Mauerbaus“: Zeitzeugnisse der deutschen Teilung

Am 13. August 2011 ist es fünfzig Jahre her, dass mit der Errichtung einer Mauer Deutschland geteilt wurde. Beim Frieling-Verlag in Berlin, wo die Mauer die Stadt durchschnitten hatte, wird diesem Thema seit jeher besondere Aufmerksamkeit zuteil. In zahlreichen Büchern und im Rahmen des Zeitzeugenpreises Berlin-Brandenburg befassen sich die Autorinnen und Autoren mit dem Ereignis und wie die Teilung verarbeitet wurde. Ob die letzte Fahrt durchs Brandenburger Tor, der Panoramablick auf den Bau der Mauer oder der Insider-Bericht eines Grenzoffiziers – im Frieling-Verlag Berlin sind brisante Zeitzeugnisse erschienen. Der Jahrestag des Mauerbaus ist ein Grund mehr, die Menschen und ihre Bücher in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen.

Glückssuche im Schatten der Mauer

Die deutsche Teilung war beim Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg 2007/2008 das Thema des Schreibwettbewerbs. Menschen aus der Region haben in ihren authentischen Beiträgen beschrieben, wie sie in den sechziger Jahren mit der Mauer gelebt haben. Der erste Preis wurde mit der Skulptur „Buch der Erinnerung“ prämiert.

Sie erhielt Peter Schüler aus Oranienburg für seine Story „Goliath und seine Träume“. Darin berichtet der einst in Ostdeutschland aus politischen Gründen exmatrikulierte Student über die Begegnung eines Professors mit einem Maler in einem Ostberliner Café. Beide diskutieren über den Widerspruch zwischen Darwins Theorien und der Ideologie der Staatsmacht. Für Peter Schüler, der sich seit Jahren mit Psychologie und philosophischen Themen befasst, war diese Geschichte auch eine Verarbeitung seiner eigenen Lebenserfahrungen in Ostdeutschland.

Wie der Mauerbau fast eine Hochzeit verhindert hätte, erzählt Jürgen Friedenberg in seinem Beitrag „Verliebt, verlobt, verheiratet – und ein bisschen verwegen“, mit dem der Journalist den zweiten Platz beim Schreibwettbewerb erlangte. Es geht um die Odyssee einer Ostberlinerin und ihres Freundes aus dem anderen Teil der Stadt, und wie sie es inmitten der Wirren des Mauerbaus dennoch schafften zu heiraten. Friedenberg hatte lange bei einer Zeitung in Berlin gearbeitet, bevor er als stellvertretender Chefredakteur nach Mainz übersiedelte. Aber auch fern von Berlin galt sein Interesse weiterhin den Menschen und ihren Geschichten in der Mauerstadt.

Kristin Bochröder gelang mit einem gefälschten Pass die Flucht in den Westen. Mit dieser ihrer Lebensgeschichte erzielte sie den dritten Platz beim Zeitzeugenpreis. In „Ostkreuz“ berichtet die spätere Rechtspflegerin über ihre regelmäßigen Fahrten nach West-Berlin – bis diese durch den Mauerbau unmöglich wurden. Während ihr Bruder im Westen blieb, gelang der Autorin die Flucht mit Unterstützung von Studenten. Auch Kristin Bochröder wollte sich dem DDR-Regime nicht beugen.

Diese und acht weitere herausragende Beiträge sind in der Anthologie „Glückssuche im Schatten der Mauer“ zusammengefasst. Sie ist damit ein herausragendes Zeugnis sehr persönlicher Lebensgeschichten und eine spannende Lektüre, die Einblick in den Alltag der Menschen diesseits und jenseits der Mauer verschafft.

Johann-Friedrich Huffmann (Hrsg.): Glückssuche im Schatten der Mauer – Die 60er Jahre in Berlin und Brandenburg; 216 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 10,00, ISBN 978-3-8280-2639-1.

Petticoat und Kalter Krieg

Auch beim Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg 2006/2007 ging es um die deutsche Teilung. Die beim Schreibwettbewerb eingereichten Arbeiten künden vor allem vom Alltag der Menschen in Ost und West, der am 13. August 1961 eine unerwartete Veränderung erfährt. In elf Berichten wird über den Umgang mit dem Unfassbaren berichtet, wie eine Flucht gelingt, wie man sich in einer neuen Heimat zurechtfindet oder wie man lernen muss, mit der Trennung umzugehen.

Bernhard Drewitz aus Schulzendorf beschreibt sehr anschaulich sein Leben mit einer wenig bekannten „Grenze“, nämlich jener zwischen Ost-Berlin und der DDR. Auch sie konnte von den Menschen nicht immer leicht passiert werden. Drewitz, der als Rundfunkmechaniker nach Berlin pendeln musste, hat viele Schikanen an dieser „unsichtbaren“ Grenze beobachtet und ertragen müssen. Mit seinem Beitrag darüber errang er den zweiten Platz beim Zeitzeugenpreis.

Außer Konkurrenz wurde der Beitrag des Schauspielers Peter Reusse prämiert. Er berichtet mit „Gaskopp“ von einem Außenseiter, der in der Schule gehänselt wurde, den die Mädchen missachteten, der keine Freunde hatte. Und der es allen zeigte. Der einen Fluchttunnel grub, durch den er kurz nach dem Mauerbau in den Westen flüchtete, während seine Klassenkameraden vor dem Loch in die Freiheit staunend verhaftet wurden. Reusse, der auf Ostberliner Bühnen und vor Film- und TV-Kameras für den „Polizeiruf 110“ stand, arbeitet heute als freier Autor.

35 Anträge auf Familienzusammenführung hatte Heidemarie Häcker nach dem Mauerbau gestellt, um zu ihren pflegebedürftigen Schwiegereltern nach West-Berlin übersiedeln zu dürfen. Deshalb verlor sie ihre Arbeit, schlug sich als Köchin und Verkäuferin durchs Leben, bis ihr 1988 endlich die Ausreise genehmigt wurde. In „Die Trennung“, einem der Beiträge, die nicht prämiert aber dennoch in der Anthologie veröffentlicht wurden, beschreibt die gelernte Erzieherin sehr eindringlich die Lebenssituation um den 12. und 13. August 1961 und die letzten Begegnungen der Menschen an der Mauer, die jeden Tag weiter wächst.

Johann-Friedrich Huffmann (Hrsg.): Petticoat und Kalter Krieg – Berliner und Brandenburger erinnern sich an die Jahre von 1950 bis 1965; 248 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 10,00, ISBN 978-3-8280-2516-5.

Ingrid Taegner: Leben mit der Mauer

Deutschlands Teilung wurde durch die Mauer zementiert. Für Ingrid Taegner war sie allgegenwärtig. Täglich. Denn die Lehrerin wohnte direkt an der Grenze zwischen Treptow in Ost- und Kreuzberg in West-Berlin. So hatte sie auf ihrem Balkon einen fragwürdigen Logenplatz, von dem aus sie am 13. August 1961 die Soldaten mit ihren Maschinengewehren beobachten konnte, die den Bau der Mauer bewachten. Fotos in ihrem Buch dokumentieren das Geschehen.

Für Ingrid Taegner wäre es leicht gewesen, in diesen Tagen zu fliehen. Doch sie blieb. Im Gegensatz zu ihren Eltern. Die Tochter wurde fortan von der Stasi bespitzelt. Wegen ihrer Kritik am Mauerbau, weil sie den Staatschef Walter Ulbricht „Spitzbart“ titulierte und das DDR-Banner „Spalterfahne“ nannte, erhielt sie Berufsverbot. Ihr Mann, eigentlich ein treuer SED-Genosse, kam wenig später ins Gefängnis – wegen angeblicher Beihilfe zur Republikflucht.

Ingrid Taegner erinnert in ihrem Buch an die Repressalien, denen sie im Schatten der Mauer ausgesetzt war. Ihre Lebensgeschichte zeugt zugleich von der Kraft und dem aufrechten Freiheitswillen, der stärker war als alle Bespitzelungen und Sanktionen.

Ingrid Taegner: Leben mit der Mauer; 124 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 9,50, ISBN 978-3-8280-2665-0.

Dieter Rendschmidt: Fluchtpunkt Wilmersdorf

Der 13. August 1961 ist im Leben von Dieter Rendschmidt nicht allein wegen des Mauerbaus ein besonderer Tag. Es ist der Tag, an dem der Student über sich selbst hinauswächst. Einst selbst aus Ostdeutschland geflohen, muss er erkennen, dass ihn der Bau der Mauer für immer von seiner Verlobten in Ostberlin trennen würde. Mit einem geborgten Auto und dem Pass einer Bekannten macht er sich noch einmal auf den Weg in den Ostsektor, um der Liebe seines Lebens zur Flucht in die Freiheit zu verhelfen. Rendschmidts Lebensgeschichte lässt erkennen, warum Menschen in größter Bedrängnis Dinge tun, die unter anderen Umständen unvorstellbar sind.

Dieter Rendschmidt: Fluchtpunkt Wilmersdorf; 188 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 11,80, ISBN 978-3-8280-2599-8.

Günter Mielke: Bei den bewaffneten Organen der DDR

Wenn über den Mauerbau berichtet wird, geschieht dies häufig aus der Perspektive des Westens oder von Ostdeutschen, die sich plötzlich um ihre Freiheit gebracht fühlten. Aus der Sicht eines Soldaten, der den Mauerbau hautnah miterlebt hat, wird die deutsche Teilung nur sehr selten beschrieben.

Günter Mielke vermittelt genau diesen Einblick in die Welt der Kasernierten Volkspolizei, aus der später die Nationale Volksarmee der DDR wurde. Mielke, einst im West-Berliner Arbeiterbezirk Wedding geboren, ging freiwillig zu den Ost-Streitkräften. Für ihn war es eine Flucht vor dem familiären Unfrieden. Als Oberfeldwebel, mit einer Extra-Ration Apfelsinen, Bananen und Tabak im Marschgepäck, sicherte er den Bau der Mauer in Berlin.

Günter Mielke: Bei den bewaffneten Organen der DDR; 160 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 8,80, ISBN 978-3-8280-1858-0.

Axel Lutze: Man kann auch ohne Tränen weinen

Der Autor dieses Romans ist eine schillernde Person: Er hat Maschinen konstruiert, für Zeitungen geschrieben, war geheimer Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und Pressesprecher einer Partei, ohne deren Mitglied zu sein. Nach der Wende leitete er in Berlin einen von der Treuhandgesellschaft übernommenen Betrieb.

Teile des Lebens von Axel Lutze finden sich auch in der Romanfigur des Ralph Lambert wieder, der als kleiner Junge erleben muss, wie die Sowjets die Existenz seiner Eltern vernichten. Als er später vom DDR-Regime der Sabotage bezichtigt wird, flieht Lambert in den Westen. Aber auch hier lassen ihn die Probleme des Alltags nicht los. – Dieser Roman ist ein interessantes Stück Lebensgeschichte aus Ost- und Westperspektiven vor weltpolitischer Kulisse.

Axel Lutze: Man kann auch ohne Tränen weinen; Roman; 336 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 20,90, ISBN 978-3-8280-2824-1.

Ursula Rumin: Ins Leben zurück

Das Leben hat Ursula Rumin schwere Prüfungen auferlegt: Sowjetisches Straflager und Zwangsarbeit nach dem Krieg, Amnestie, Neuanfang. Dann der Mauerbau. Und erneut die Angst, in Unfreiheit leben zu müssen.

Rumin, die als Journalistin bei einer Tageszeitung in Berlin arbeitet, glaubt schon Wochen zuvor, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Sie fürchtet, dass einer Teilung der Stadt bald die völlige Isolation von West-Berlin folgen könnte – bis hin zur Sperrung der Luftkorridore. Rumin kündigt bei der Zeitung. Kollegen raten ihr, auch West-Berlin zu verlassen. Sie geht nach Köln. Und wieder steht sie vor einem Neuanfang.

Ursula Rumin schildert beeindruckend, wie sie immer wieder vor neuen Herausforderungen stand und diese bewältigt hat. Vor der Fülle dieser schwerwiegenden Lebensentscheidungen erscheinen die Ereignisse um den 13. August 1961 in einem anderen, beinahe milden Licht.

Ursula Rumin: Ins Leben zurück; 384 Seiten, Taschenbuch (Paperback), EUR 15,90, ISBN 978-3-8280-2637-7.

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