Interview mit Josh Angulo

Der 35-jährige PWA Wave-Champion Josh Angulo spricht über seine Wahlheimat Kapverden, seine Sportlerkollegen und die Zukunft des Windsurfens, wie er sie sich erträumt.

Das Ende naht noch lange nicht!

Lieber Josh, viele von uns hoffen noch, dass wir Dich auch in diesem Jahr wieder bei Wettkämpfen sehen werden. Oder hast Du tatsächlich aufgehört?

Nein, ich plane, bei der PWA Slalom Tour mitzufahren. Das steht noch nicht zu 100% fest, aber in jedem Fall werde ich bei ein paar nationalen Events in verschiedenen Ländern dabei sein. Was die PWA Wave Tour angeht, so will ich bei Events wie Kapverden und Hawaii mitmachen. Das sind die Orte, an denen ich noch immer die Motivation habe, zu fahren, zu trainieren und der Beste zu sein!

Warum hast Du die Wettkämpfe aufgegeben? Und wo sehen wir Dich von nun an?

Ich fürchte, Ihr habt auf Eurer Website nicht genug Platz, alle Gründe aufzuführen. In der Kurzversion: Ich windsurfe einfach schon sehr lange und hatte das Glück, viele der Ziele zu erreichen, die ich als professioneller Athlet hatte. Obwohl ich weiterhin Profisportler bleiben werde, gibt es nun einfach neue Gebiete, die ich erforschen möchte. Und weder die Zeit noch die Energie reichen aus, um beides mit vollem Herzblut zu tun. Es ist also eigentlich eine Frage von Zeitmanagement und Prioritäten.

Was hat es Dir bedeutet, den Titel letztes Jahr zu gewinnen?

Der Titel war wieder eine Erfüllung meiner Träume. Ich hatte immer die Vision, einen Titel für Kapverden zu gewinnen und nun habe ich es geschafft. Es war ein wahnsinniges Rennen und empfinde es als großen Segen, diese Geschichte zu so zu leben – in den Ländern und mit den Leuten, die ich überall auf der Welt kennen lernen darf.

Heimat und Familie

Du hast zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Wie steht es um ihre Windsurf-Kenntnisse?

Mein Sohn wurde im Alter von vier Jahren mit seinem .5-Segel aufs Meer rausgetragen. Ich konnte ihn glücklicherweise auf dem SUP wieder einfangen. Das war ziemlich unverantwortlich von mir, er konnte damals nicht gut schwimmen und trug keine Schwimmweste. Er hatte einen ganz schönen Schock und ich hatte einen noch größeren Schock und vor allem ziemliche Angst, es meiner Frau zu erzählen – doch sie nahm es recht locker. Jetzt, mit fünf, schwimmt er glücklicherweise hervorragend und geht jeden Tag zum Bodyboarden und Surfen. Vom Windsurfen ist er immer noch ein wenig traumatisiert, aber er macht am Strand und im Simulator täglich Tricks mit seinem Segel – ich denke also, dass sich das ganz natürlich entwickeln wird. Meine Tochter ist im Schwimmteam und surft ein bisschen, aber bislang war sie noch nicht Windsurfen.

Man sagt, dass Du Dich sehr für deine neue Heimat, Kapverden, einsetzt. Kannst Du unseren Lesern bitte ein wenig über das Leben auf dieser Insel erzählen?

Auf Kapverden fühle ich mich frei. Es ist natürlich ein Land mit stabiler Demokratie (dafür hat es schon verschiedene „Good Governance Awards“ gewonnen), aber trotzdem ist es noch recht entspannt und locker. Deswegen fühle ich mich frei. Auf der anderen Seite weiß ich natürlich die gute Organisation und Infrastruktur von Ländern wie Deutschland zu schätzen. Da ich oft durch unterschiedliche Länder reise, habe ich gelernt, die Vorzüge eines Landes in den Vordergrund zu stellen und mich nicht an den Nachteilen aufzuhängen. In Kapverden sind die Menschen toll: “Kreole e cool, Kreole e sab”!

Du bist in Deiner Jugend ja sehr viel gereist. Wo fühlst Du Dich zuhause?

Heute ist Kapverden meine Heimat. Ich habe eine enge Verbindung zu Maui und Oahu sowie Kauai und fühle mich immer noch 100%ig hawaianisch, aber gleichzeitig fühle ich mich voll und ganz kreolisch und sehr europäisch. Also versuche ich immer, das beste daraus zu machen, egal wo ich gerade bin. Aber in dieser Lebensphase ist zuhause dort, wo meine Frau und Kinder sind, wo auch immer das sein mag.

Die anderen

Dein Surfstil ist ziemlich radikal, ebenso wie Deine Sprünge. Was ist der höchste Sprung, den Du je gemacht hast?

Das weiß ich nicht genau. Neulich habe ich gesehen, daß Boujma und Levi in Hawaii gemessen wurden und ihre Sprünge waren 15 bis 18 Meter hoch. Ich denke, dass alle Topsurfer an ihren besten Tagen Riesensprünge gemacht haben, deswegen denke ich, dass auch mein höchster Sprung irgendwo in dieser Größenordnung liegt.

Du und Kauli Sead seid seit Jahren Konkurrenten auf dem Wasser. Wie kommt Ihr zwei auf dem Land miteinander aus?

Kauli ist großartig. Er ist total motiviert, seine Wellen abzureiten und neues auszuprobieren. Ich respektiere seinen Ehrgeiz und seine Einstellung. Er geht seinen eigenen Weg und hat keine Angst – das ist der Schlüssel zu seinem Erfolg. Es ist immer sehr lustig mit ihm und den anderen Brasilianern auf Tour und ihre Einstellung zum Leben fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

Zukünftige Generationen und die Zukunft

Was würdest Du Jugendlichen sagen, die das Surfen lernen wollen? Warum würdest Du ihnen dazu raten?

Surfen oder Windsurfen? Ich weiss, daß Ihr Europäer zum Windsurfen Surfen sagt. Aber egal, ich würde sagen: probiert es beides. Surfen ist im Prinzip der Vorfahr des Windsurfens und hat gerade bei der Jugend eine Vorreiterrolle. Windsurfen ist ein Ritt auf dem Wasser so voller Power, daß man nicht mehr aufhören möchte, wenn man es mal probiert hat – egal wie die Bedingungen, Gewässer oder Fähigkeiten sind. Man muss ein wenig beissen, um die ersten Schritte zu überstehen, aber dafür wird man allemal belohnt.

Wie wird sich das Windsurfen Deiner Meinung nach in der Zukunft verändern?

Ich glaube, dass WOW ein großes Event sponsorn wird, in dem Noah Angulo gewinnt – und zwar auf einem Angulo Board, dem must-have Windsurf Produkt überhaupt...

Josh über sich selbt:
Luxus ist für mich… wenn ich im Erdgeschoß auf dem Stuhl sitze, alle Türen und Fenster offen sind, während Noah auf mir herumklettert und meine Frau kocht. Dazu Sonnenuntergang und entspannte Musik!
Mein Lieblingssurfspot ist… Ponta Preta, little Hookipa
Wenn ich kein Surfer wäre, wäre ich… Windsurfer
Wenn ich in der Zeit zurückreisen könnte, würde ich folgendes anders machen: vermutlich härter trainieren und auf dem Wasser disziplinierter arbeiten... andererseits... was soll’s :)
Ich hatte Glück, weil… Ich glaube nicht an Glück. Aber ich bin von Gott gesegnet!
Die Menschen, die mir in meinem Leben am meisten beigebracht haben: Jesus und Pastor Mark und Pastor BJ und natürlich meine Frau
Am meisten nerven mich… Mein eigener Frust und meine Genervtheit.

Interview erstellt von World of Windsurfing (www.worldofwindsurfing.org)

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