EuGH: Nachträgliche Gehaltsforderungen wegen verlängerter Kündigungsfristen – Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfristen

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 19. Januar 2010 (Az.: C?555/07) entschieden, dass die Beschäftigungszeiten, die vor Vollendigung des 25. Lebensjahrs liegen, entgegen der bisherigen Rechtslage zu berücksichtigen sind.

Dies hat zur Folge, dass Kündigungsfristen nicht richtig berechnet wurden. Hiervon betroffene Arbeitnehmer können, soweit Verjährung oder Ausschlussfristen nicht eingetreten sind, nachträglich Gehaltsnachzahlungsforderungen für die verlängerten Kündigungsfristen beanspruchen.

Nach den Vorschriften des BGB hängt die Dauer der gesetzlichen Kündigungsfristen von der jeweiligen Dauer der Beschäftigung ab. Allerdings sind nach der seit Jahrzehnten bestehenden Gesetzeslage diejenigen Beschäftigungszeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht zu berücksichtigen, § 622 Abs. 2 S. 2 BGB.

Aufgrund der EU-Richtlinie „Verbot der Diskriminierung wegen des Alters – Richtlinie 2000/78/EG – ist diese nationale Kündigungsschutzregelung europarechtswidrig und nicht anzuwenden, denn sie verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Entsprechendes gilt für tarifliche und einzelvertragliche Regelungen.

Betroffen hiervon sind all diejenigen Arbeitnehmer, denen nach dem 31. Dezember 2006 die Kündigung erteilt wurde und die Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahr aufweisen können.

Wir empfehlen daher die Kündigung und die Kündigungsfrist zu überprüfen, ob eine dem § 622 Abs. 2 S. 2 BGB entsprechende Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr eine längere Kündigungsfrist ergeben könnte.

Für diesen Fall könnten sich noch Lohn- und Gehaltsnachforderungen und ggf. Abfindungsnachforderungen ergeben, da die zugrundeliegende Berechnung auf einer falschen Grundlage basiert.

05.03.2010: |

Über RA Marcus Kreuzinger