Erdstrahlen messen mit der Wünschelrute, die Lizenz zum Abzocken

Manchmal ist es echt zum heulen, wie einfach es ist Menschen mit alten Legenden um ihr schwer verdientes Geld zu bringen. Durch die Veränderung der Medien in den letzten 10 Jahren, braucht man nun nicht mehr Kunden an Haustüren anzubetteln, sondern lauert sie irgendwo im Internet auf. Dort versucht man dann mit dubiosen Fakten, fragwürdigen Behauptungen und vermeintlich wissenschaftlichen Erklärungen die Leute zu überzeugen.
Dies trifft ganz besonders auf die Branche der Wünschelrutengeher zu. Es grenzt schon nahezu an Comedy, was sich da für Erklärungen um den Begriff Erdstrahlung auf den einschlägigen Webseiten rumwimmeln darf. Fast alle verweisen dabei auf die Ausführungen des Herrn Kopschina, der in seinen Büchern über Erdstrahlen und Wünschelrutengehen Beweise anführt, die jedem halbwegs Bewanderten die Lachtränen in die Augen treiben. So behauptet er doch felsenfest das die ach ja so gefährliche Erdstrahlung, eine Neutronen oder Wellenstrahlung ist. Soweit so gut, doch wenn das so ist, könnte man diese Strahlung auch mit speziellen Messgeräten nachweisen. Das stimmt auch, Kopschina schreibt sogar, dass man Erdstrahlung mit einem Magnetometer, Infrarotmesser, einer Radonmessung nach Herbst oder einem UKW-Feldstärkemeßgerät feststellen kann. Die Frequenz spielt laut seiner Meinung gar keine Rolle. Sicherlich schindet er mit dieser Erklärung bei jedem Laien Eindruck, denn der merkt ja nicht, dass gerade ein angeblich gebildeter Mensch behauptet, dass Erdstrahlung nicht nur magnetisch, sondern gleichzeitig auch radioaktiv ist und aus Licht besteht. Um das vereinfacht darzulegen, stellen wir uns eine Schüssel mit Wasser vor. Das Wasser ist für uns jetzt mal die Erdstrahlung. Nach der Erklärung von Kopschina müsste das Wasser jetzt ein gasförmiger Eiswürfel sein, der gerade kocht. Um die Temperatur des unsichtbaren vor Hitze dampfenden Eiswürfels zu messen braucht man gar kein Thermometer, sondern man kann auch ein Lineal oder ein Voltmesser nehmen, denn die Temperatur spielt bei einem kochenden Eiswürfel ja keine Rolle. Am besten man misst die Temperatur gleich mit der Wünschelrute. Im Prinzip behauptet der Herr Kopschina das Radioaktivität, Mikrowellenstrahlung, Erdmagnetismus und Licht ein und dasselbe ist. Gerne würde ich dabei zusehen wie Herr Kopschina mit einem Geigerzähler Handystrahlung messen will. Wenn in der Realität Erdstrahlung all diese Eigenschaften gleichzeitig besitzen würde, wäre das eine Sensation, dann müsste es sich um eine neue unbekannte Materie handeln. Kopschina hätte den Nobelpreis für Physik sicher. Doch kein Wissenschaftler konnte je eine solche Strahlung nachweisen, weil der Ansatz einfach nur lächerlich ist. Gut dass es aber Leute gibt, die mit Hilfe einer Wünschelrute trotzdem solche schrecklichen nichtvorhandenen Strahlungen aufspüren können.
Das Wirkungsprinzip von Wünschelruten liegt in einem Reflex des Körpers, der im Prinzip als Antenne fungiert. Daher ist es egal was man für eine Wünschelrute wählt und aus welchem Material sie besteht. Sie ist nur der Anzeiger der Körperreaktion. Doch woher weiß denn der Rutengänger auf was der Körper da so reagiert? Dazu tritt dieser in eine Art Konversation mit der Wünschelrute und befragt diese. Das ist kein Witz, sondern absolute Realität. Fragt Herrn Kopschina! Somit betritt die Wünschelrute den Bereich der Parawissenschaften.
Eine Million Dollar warten seit 1964 in Florida bei der James Randi Education Foundation auf den Menschen, der solche Fähigkeiten besitzt und nachweisen kann. Für den der sich traut kann dieser Beweis auch in Deutschland an der Würzburger Uni durchgeführt werden. Doch weder Kopschina noch einer der etwa Zehntausend Wünschelrutengänger im Land sind scharf auf das Geld. Auch im Fernsehen hat man in den Sendungen „Wunderwelt Wissen“ und „Galileo“ die besten Wünschelrutengänger antreten lassen, doch die Ergebnisse waren so niederschmetternd, dass die Testpersonen vor Peinlichkeit fast in den Erdboden versunken wären. Selbst die deutsche Regierung hat vor gut 20 Jahren paar Hunderttausend Mark für die Forschung an der Wünschelrute locker gemacht. Doch alle Tests waren negativ.
Trotzdem machen Wünschelrutengänger gute Geschäfte im Land. Besonders wenn sie dem Bundesverband der Rutengänger angehören und sich somit als „seriös“ verkaufen dürfen. Für gut 300 € finden diese bei jedem Kunden eine Wasserader, dazu meistens sogar noch Elektrosmog ohne dafür ein Messprotokoll oder ähnliche schriftliche nachvollziehbare Berichte zu hinterlassen. Anschließend verkauft man den betroffenen Menschen auch noch Absorber, Heilsteine, Magnetmatrazen oder Korkteppiche, welche den Kunden angeblich wieder gesund machen sollen. Das funktioniert bei den meisten Leuten sogar anfänglich, sie fühlen sich tatsächlich besser dank des berühmten Placeboeffektes. Der funktioniert immer dann besonders gut, wenn man mal locker 600 – 800 € für das ganze Zeugs ausgegeben hat. Wer will sich schon eingestehen auf einen Abzocker hereingefallen zu sein. So wird der Mythos Wünschelrute weitergenährt und fleißig Kasse gemacht. Dieser Mythos ist bereits in den meisten Menschen soweit verankert, dass sie sich lieber einem Wünschelrutengänger anvertrauen, als sich von einem wissenschaftlich geprüften Fachmann aufklären zu lassen. Schon häufig musste ich in meiner Arbeit als Messtechniker und Baubiologe miterleben, wie Menschen geradezu enttäuscht waren, als ich mit einem 3D Geomagnetometer keine Auffälligkeiten im Erdmagnetfeld feststellen konnte. Viele klammern sich geradezu an die Vorstellung Opfer einer Wasserader zu sein, die als Ursache für vermeintliche Beschwerden bei ihnen herhalten muss. Das viele Menschen zum Beispiel in etwa 30 cm Abstand vom Kopf eine Lampe auf dem Nachttisch zu stehen haben, die selbst in ausgeschaltetem Zustand ein niederfrequentes elektrisches Feld von 50 V/m jedem durch den Kopf jagt, ist ihnen häufig völlig unwichtig.
Nun stellt sich natürlich noch die Frage, wenn Wünschelrutengänger alles Scharlatane sind, warum dürfen die in Deutschland „praktizieren“ und warum zeigt die niemand an? Die Frage lässt sich ganz einfach beantworten: Warum dürfen Astrologen, Kartenleger und die ganze esoterische Branche Millionen verdienen? Weil es Menschen gibt die daran glauben! Das ist nicht verboten. Wünschelrutengänger machen keine Haustürgeschäfte, sondern die Kunden bestellen sie sich in ihr Haus. Die Kunden kaufen die Dienstleistung und die unwirksamen überteuerten Produkte freiwillig. Da es für die Messung kein Messprotokoll gibt, kann man auch nichts beweisen. Der Rutengänger ist damit immer auf der richtigen Seite.
So macht man aus alten Legenden Gold. Egal ob diese widerlegt oder entlarvt sind. Konfrontiert man Wünschelrutengeher mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, wehren diese schnell ab und stellen die gesamte Wissenschaft in Frage. Das sie für ihr Vorgehen aber selbst , wenn auch falsche, wissenschaftliche Erklärungen benutzen ist ihnen dabei irgendwie nicht bewusst. So nach den Motto, es spielt doch keine Rolle wie es hilft, Hauptsache ist doch, dass es hilft. Man könnte natürlich auch sagen: die Ehrlichen sind wiedermal die Dummen und du bist selber Schuld wenn du auf der richtigen Seite stehst.

Torsten Struck
Baubiologischer Messtechniker
www.baubiologie-saarlorlux.de