Zukunftskongress 2009: Märkte des Umbruchs

Das Zukunftsinstitut hat am 16. Juni in der Deutschen Nationalbibliothek den 13. Zukunftskongress unter dem Motto „Märkte des Umbruchs“ veranstaltet. 270 Zukunftsinteressierte aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sind der Einladung gefolgt. Die hochkarätigen Referenten haben die derzeitige Umbruchsituation genauer unter die Lupe genommen – und dabei eine optimistische Betrachtungsweise kultiviert.

“Neue Ordnungen entstehen immer durch Krisen, denn ohne Krisen gäbe es keinen Grund für einen Wandel. Und was zunächst negativ erscheint, erzeugt in der Folge - das haben alle großen Wirtschaftskrisen der letzten Jahrhunderte gezeigt - neue Wertschöpfungssprünge”, so Matthias Horx, Gründer des Zukunftsinstituts. Für Horx bedeutet wirtschaftliche Zukunft nicht nur Rezession, sondern das Aufkeimen neuer Produktivitätsformen, die angetrieben werden von intelligenten Netzwerken, neuen Kooperationsformen zwischen Unternehmen und einer neuen Kultur des Vertrauens. Horx gab einen Ausblick darauf, wie sich die Wirtschaft in den nächsten zehn bis 20 Jahren verändern könnte: „Eine These wäre hier, dass die postfossilen Energien eine gewaltige neue Nachfrage und Infrastruktur abbilden. Wir können heute nicht mehr mit den alten Formen der Energieerzeugung weitermachen, wir brauchen ein neues Energiesystem. Was wir aber auch wissen oder ahnen ist, dass es nicht nur eine Energiewelle sein wird, die auf uns zukommt, sondern dass die sog. immateriellen Faktoren eine viel größere Rolle spielen werden als früher.“

Was das für das Management bedeutet, illustrierte Paul J. Kohtes (Identity Foundation, Gründer PLEON Kohtes Klewes) mit seinem Vortrag zum “Abschied vom Spezialistentum”. Gerade in der Krise, so Kohtes, gehe es mehr denn je darum, zu Abstand zu gelangen und „die Dinge aus einer Perspektive zu sehen, in die ich nicht verwickelt, sondern wo ich entwickelt bin“. Die Fixierung unserer Hirnstruktur müsse bewusst für einen Moment aufgelöst werden, um den Überblick zu behalten und überhaupt neue Ideen und Innovationen zu hervorzubringen.

Für mehr Nähe beim Kunden plädierte Jens Bode (Henkel, Global Strategic Insight Manager) nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Einflussnahme des Konsumenten auf die Wertschöpfung selbst. „Persönlich glaube ich, dass wir 2020 noch deutlich informiertere Konsumenten in stärker fragmentierteren Zielgruppen haben werden. Intuitive Technik unterstützt einen noch stärkeren, interaktiven Austausch und Konsumenten werden proaktiv Einfluss nehmen auf die Produktgestaltung und Konzepte. Unternehmen, die keine auf die individuellen Lebensumstände ausgerichtete Innovationen anbieten, werden es schwer haben.“

Jeanette Huber (Zukunftsinstitut, Referentin und Zukunftskonsultant) warb für neue Ansätze, um in der Krise Kunden zu gewinnen. Dafür müsse man zunächst verstehen, warum mehr Menschen Discount kaufen, als in finanziell engen Verhältnissen leben. Huber sieht dafür verschiedene Gründe: „Notwendigkeit, so etwas wie sportliche Schnäppchenjagd, der Wunsch nach Luxus, den man sich leisten kann, aber auch so etwas wie Misstrauen, Überforderung und die Suche nach Erdung.“ Es sei deshalb im Moment für Unternehmen wichtig, diese Bedürfnisse zu beantworten und mehr zu bieten, mehr Ästhetik, mehr Fairness, mehr Transparenz, mehr Einfachheit und einen guten, aber nicht notwendigerweise den billigsten Preis.

Wie intelligente Netzwerke Unternehmen weiter bringen können, damit setze sich Andreas Haderlein (Leiter der Zukunftsakademie) auseinander und forderte die Einführung eines neuen Berufsstandes, den „Community Manager“. Ähnlich wie einem Imker sei es für diesen notwendig, die Gemeinschaft zusammenzuhalten, sich regelmäßig und gründlich um die Mitglieder zu kümmern und vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch zu profitieren. „Unternehmen stellen fest, dass nun eine größere Nähe zum Verbraucher hergestellt ist. Diese Nähe muss allerdings auch ausgehalten werden. Im Idealfall wird sie gewinnbringend in Geschäftsprozesse integriert. Der Community Manager wird deshalb in Unternehmen künftig eine Schlüsselrolle einnehmen.“

Als wichtigsten Schlüsseltrend des jetzigen Jahrhunderts erklärte Christopher Schläffer (Group Produkt & Innovation Officer, Deutsche Telekom) das mobile Internet. Während die Zahl der Festnetzkunden bereits seit Jahren bei 1,4 Mrd. stagniere, habe der Mobilfunk bereits die 4 Mrd.-Grenze überschritten und soll, so Schläffer, bis 2012 auf 5,3 Mrd. Kunden anwachsen. Die mobilen Medien würden daher künftig grundlegend Geschäftsmodelle verändern, nicht zuletzt sei es so auch bei der Telekom selbst gewesen: „Als sich 1998 in Deutschland der Festnetzmarkt geöffnet hat, waren wir ein Unternehmen, das 90% seines Umsatzes mit Festnetztelefonie in Deutschland gemacht hat. Wir sind heute, nur zehn Jahre später ein Unternehmen, das fast 60% seines Umsatzes im Ausland macht und zwei Drittel des Umsatzes aus dem Mobilfunk kommen.“

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