„Wir haben einen Produktwertverfall und auch einen Markenwertverfall"

Autoexperte Uwe Röhrig (ICC) im Gespräch mit der Tageszeitung Die Welt:

Alle freuen sich über die Abwrackprämie. Dadurch boomt das Autogeschäft. Doch mit fatalen Folgen, wie die Tageszeitung Die Welt http://www.welt.de schreibt. Denn bei 20, 30 oder 40 Prozent Nachlass verlieren die Verbraucher langsam den Blick für den wahren Wert eines Autos. Die Zeche, so die Welt, müssen sie hinterher zahlen: „Denn der Wertverlust ist mit Abstand der größte Posten bei den Unterhaltskosten für den neuen Wagen“.

Eine neue Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule Nürtingen-Geislingen zeige, dass die Kosten für Anschaffung und Unterhalt eines Autos zwischen 1995 und 2007 um 34,3 Prozent zunahmen, während die allgemeinen Lebenshaltungskosten nur um 19,8 Prozent stiegen. Die Neupreise der Autos fielen dabei kaum ins Gewicht, sie stiegen im Mittel jährlich nur um ein Prozent. Das Auseinanderdriften der Auto- und Lebenshaltungskosten, das sich laut IFA-Chef Willi Dietz im ersten Halbjahr 2008 noch beschleunigt hat, werde im Wesentlichen von den laufenden Kosten und hier besonders vom Wertverlust verursacht. Angesichts der 2009 massiv verstärkten Rabattaktionen im Automarkt sei diese Negativentwicklung kaum mehr zu stoppen.

Zwei Drittel aller Neuwagen in Deutschland würden geleast, und immer häufiger stelle sich bei der Rückgabe von Leasingwagen heraus, dass der bei Vertragsbeginn kalkulierte Restwert - nach drei Jahren Laufzeit im Mittel etwa 53 Prozent des Listenpreises - illusorisch und am Markt nicht mehr erzielbar sei, berichtet der ADAC http://www.adac.de. „So sank beispielsweise der Restwert eines BMW 525d in den vergangenen zwei Jahren von 60 auf 51 Prozent, ein Mercedes E 220 CDI stürzte von 59 auf 49 Prozent ab“, schreibt die Welt.
Der Verfall der Preise habe gar nicht so viel mit der Abwrackprämie zu tun, sagt der Autoexperte Uwe Röhrig, früher Daimler-Vertriebschef für Deutschland und heute Chef der Beratungsfirma International Car Concept (ICC) http://www.icconcept.de in Berlin. „Ich finde fast, wir befinden uns in einer Planwirtschaft." In Europa gebe es 25 Prozent Überkapazität in der Autoproduktion. Das aber werde ignoriert, und das gewaltige Überangebot müsse dann um jeden Preis verkauft werden. „Das kann ja nicht gut gehen." Den Firmen brächen die Gewinne weg, und den Kunden fehle am Ende das Gefühl für den Wert des Autos. Jeder Autokäufer frage sich nur, ob er am Ende alles herausgeholt habe. „Wir haben einen Produktwertverfall und auch einen Markenwertverfall", so Autoexperte Röhrig gegenüber der Tageszeitung Die Welt. Das sei dem Kunden aber nicht vorzuwerfen. „Der Kunde will immer alles."

Uwe Röhrig sieht laut Welt einen Ausweg aus der Preiskrise in so genannten Flatrate-Modellen. Der private Kunde wisse heute nicht, ob er einen guten Preis bekommen habe oder nicht. „Aber muss er das wissen?", fragt Röhrig. „Wenn ich ihm ein Rundum-Sorglos-Paket anbiete, dann ist er ja zufrieden." In Zukunft sollten Hersteller und Händler nicht nur das Auto anbieten, sondern auch Wartung und Reparaturen, Winterreifen, was auch immer - Hauptsache, alles ist verpackt in eine monatliche Rate. Man könne in diesem Modell sogar über Formen von Carsharing nachdenken, um den Menschen wieder eine Wertvorstellung vom Auto zu geben. „Im Sommer kann der Kunde ein Cabrio fahren, im Winter einen Allradwagen. Das sind Szenarien, die muss man einmal durchrechnen."