Almabtriebe in Tirol sind ein farbenprächtiges Spektakel: Die Herbstprozession für Mensch und Tier

– für die einen bedeutet sie den Marsch in den Winterstall und für die anderen den ausgelassenen Festakt

Jedes Jahr im Herbst sind sie ein wiederkehrendes farbenprächtiges Spektakel mit Volksfestcharakter: die Almabtriebe in Tirol. Im Bundesland Tirol/Österreich und in Südtirol/Italien feiert man anlässlich der Rückkehr der Weidetiere ins Tal ab September bis in den Oktober hinein zahlreiche Feste, zu denen Tausende von Besuchern erwartet werden. Bauern und Hirten und manchmal auch schon der Nachwuchs auf dem Hof in traditionellen Trachten treiben das geschmückte Vieh von den Almen (Bergweiden) hinab ins Tal zu den Höfen. Doch bevor die Tiere ihren Heimatstall erreichen, bietet sich Einheimischen wie Touristen ein farbenfrohes Spektakel mit Volksfestcharakter.
Regionale Schmankerl, Volksmusik, traditionelles Handwerk, Bauernmärkte, Selbstgebranntes und allerlei nützliches Zubehör für die Landwirtschaft und die Touristen wird dann im Tal auf den Viehsammelplätzen angeboten.

Im Zillertal finden vom 6. bis 27. September mehrere Almabtriebe statt. Den Reigen der Almabtriebe eröffnet Gerlos mit der so genannten Schaflschoade wo ca. 200 Schafe von den Bergweiden ins Dorf geführt und anschließend geschoren werden.
Almabtriebe können unter anderem auch in Fügenberg, Fügen, Uderns, Stumm, Mayrhofen, Hippach und Zell bestaunt werden.

Wenn alljährlich z.B. im Zillertal oder in Südtirol Zehntausende von Rindern, Kälbern, Milchkühen und Schafen von den saftigen Bergalmen ins Tal zurückkehren, dann werden sie von Menschenmassen sowohl von Einheimische als auch vielen Gästen schon freudig erwartet. Wer auf den zu Festplätzen umfunktionierten Weiden noch wegen des in Strömen fließenden Gerstensaftes und allerlei Hochprozentigen einigermaßen standfest ist, der horcht auf das vom Berg her tönende Glockengeläut, dass den Einzug der festlich geschmückten Tiere ankündigt.

+++Rund 15.000 Gäste besuchen das Almabtriebsfest in Mayrhofen+++

Ich bin einer von bis zu 15.000 Besuchern in Fügenberg, Fügen, Mayrhofen, Uderns und Stumm, der das Spektakel hautnah miterleben möchte. Traditionell sind die Almabtriebe mit entsprechend großen Krämermärkten, Verkaufs- und Fahrgeschäften verbunden und u. a. in Fügenberg wird noch traditionelles Brauchtum gepflegt, in dem man den Besuchern „altes und dennoch lebendiges Handwerk“ veranschaulicht. Schön zu wissen, dass Brauchtumspflege an solch „hohen Feststagen“ an Kinder und Kindeskinder weitergegeben wird . Das verbindet die Menschen in der kleinbäuerlichen Gegend des Zillertaler und schweißt sie enger zusammen.

+++Zur Geschichte des „Hoamfahrer Festls“ – dem touristischen Highlight der Herbstsaison+++

In der Regel im Mai wird das Vieh der Bauern von Sennern und Hirten auf die Hoch- und Niederalmen gebracht, wo sich der Mensch mit den Tieren einen langen Sommer lang in Gottes freier Natur aufhält, das Vieh hütet und -je nach Höhenlage- die Milch zu würzigem Bergkäse verarbeitet oder der Molkerei zuführt. Der Almabtrieb im Herbst selbst ist, wenn das Vieh wieder gesund von der Alm zum Stall zurückkommt und im Bauernhaus selbst kein Todesfall zu verzeichnen war ,das Dankfest der Bauern, Senner und Hirten. Die einzelnen Abtriebe finden regional von Ort zu Ort zu unterschiedlichen Zeiten statt. Das ist zum einen wetterabhängig und letztlich ist der Brauch willkommene Gelegenheit, um den Touristen, die in Scharen per Bus und Fahrzeug anreisen, ein nicht alltägliches Spektakel zu bieten; ja in einigen Fremdenverkehrsorten ist der Almabtrieb das absolute touristische Highlight der Herbstsaison und nicht selten sind alle Betten ausgebucht.

In der Wildschönau hat ein Hotelier im Jahr 2008 erkannt, dass der Almabtriebsbrauch sich bestens vermarkten lässt und nachdem er einen Landwirt gefunden hat, der gegen den entsprechenden „Obolus“ die Tiere täglich mit dem Traktor ein Stück des Berges hinauf fährt , um sie dann reichlich geschmückt wieder den Berg hinunterzutreiben , da stehen die Touristen mit den „Fotoapparaten Schlange“ , weil es ja ach „so rührselig schön“ ist. Aber das ist die große Ausnahme, wenn gleich auch inzwischen bekannt sein dürfte, dass die meisten Bauern für die „Hoamfahrt des Weideviehs“ eine finanzielle Belohnung von den Veranstaltern der Almabtriebe erhalten und in Orten, wo kein Brauchtumsgeld fließt, soll der eine oder andere Landwirt das Vieh auch nicht über die menschengesäumten Hauptstraßen sondern schnell und quasi „unsichtbar für die Masse“ über Seitenwege dem heimischen Stall zuführen. Ja so ist das heute, und das Wort „bauernschlau“ kommt nicht von ungefähr.

+++Von „Aufkranzen“, Dämonen, Masken, böse Geistern Glocken und dem erbetenen Himmelsschutz+++

Der Kopfschmuck des Weideviehs besteht aus Tannengrün, Latschenkiefer und Alpen- sowie Seidenblumen, verziert mit bunten Bändern, ein Kreuz (es wird um den Schutz des Himmels gefleht), Flitter, eingearbeiteten Spiegeln und vielfach sind Spruchweisheiten wie z.B. „auf der Alm da ist es schön“ eingewirkt, damit die „heile Bergwelt“ auch nach außen für alle sichtbar ist. Man nennt das „Aufkranzen“. Zusätzlich tragen die Tiere kleine bzw. mittlere bis überdimensionale Glocken ( die größte ist für die Kranz- oder Leitkuh bestimmt, die die Herde anführt) an prächtig verzierten Lederschlaufen, wobei die Größe des verschieden klingenden Geläuts die Rangordnung der Tiere wiederspiegelt. Der Brauch des Schmückens der Tiere dürfte sicherlich bis ins Mittelalter zurückzuverfolgen sein. Das Geläut wird so gedeutet, dass dadurch die Dämonen vom Almabtriebsweg vertrieben worden sind.
Auch die mit christlichen Motiven versehenen Almbilder oder die gebrochenen Spiegel waren in früheren Zeiten die „Waffen gegen alle bösen Geister“. Die „Masken“, die man heute noch den Türen über den Kopf nach vorne stülpt waren früher dafür vorgesehen, dass man die Tiere quasi „unkenntlich“ machte, damit sie nicht den Unholden schutzlos ausgeliefert waren. Aus der ursprünglichen „Maske“ heraus hat sich heutzutage der Almschmuck entwickelt, wobei Silberdisteln, Almrausch oder Palmenzweige künstlichen Plastikblumen gewichen sind.
Dahoam angekommen werden die Tiere dreimal um den Stall geführt bevor sie auf den beim Hof gelegenen Weiden beim Fressen, Saufen und Verweilen die notwendige Ruhe finden. Offenbar wissen das die Kühe und genießen es auch, wenn sie mit ihrem prächtig anzuschauenden Kopfschmuck letztmalig von den Gästen bewundert werden, bevor ihnen der Kopfschmuck bzw. die Glocken an den Trageriemen -oftmals von den Tieren als widerwillig empfunden- abgenommen werden.

Wenn die Tiere im Dorf angekommen sind, dann feierten ursprünglich die Bauern, Senner, Melker und Hirten mit ihren Familien ein „rauschendes Fest“. Bei kleinen Hoamfahrerfestln ist das heute noch zu beobachten, wenn die „großen Bauernfamilien“ an langen Tischen vom Frühschoppen bis Abendessen gemütlich zusammen sitzen und feiern. Heute ist vielfach zu beobachten, dass die Gäste bei reichlich Alkoholkonsum und regionalen Spezialitäten ausgelassener Feiern als diejenigen für die der Brauch bestimmt war.

+++Lebendige Brauchtumsdemonstration in Fügenberg – Almwirtschaft ist Landschaftspflege – Melchermuas und Zillertaler Krapfen am Almkirtag+++

In Fügenberg bemüht man sich, den Besuchern noch traditionelles Handwerk zu demonstrieren. Da werden Sensen gedengelt, Holzteller gedrechselt, Flachs zu Fäden gesponnen, Schnaps gebrannt, Spezialitäten gebacken und Säfte gemostet.
Natürlich darf eine zünftige Musi ebenso wenig fehlen wie die Schuhplattlerburschen, welche vielfach „derbe Tänze“ (hohe Luftsprünge, gegenseitige Watschen oder Schenkel- und Hosenbodenklatschen) zur Freude der Festbesucher zum Besten geben. Stände, an denen allerlei für die Landwirtschaft nützliches und unnützes sowie Spielzeug und Süßigkeiten für die Kleinen verkauft werden, schließen sich an und alle kommen dabei auf ihre Kosten. Da wird ausgelassen gegessen und getrunken und für viele Besucher ist es das Kommunikationsfest schlechthin.

Und mancher Gast mag sehnsüchtig fragen, warum es im nächsten Frühsommer um Pfingsten kein Almauftriebsfest gibt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, wenn die für Tourismus Verantwortlichen einmal tiefgründiger nachdenken.

Grundsätzlich ist der Besuch eines Almabtriebs sehr zu empfehlen und gäbe es keine Almen, dann würden die Bergweiden verwildern und verkarsten. Insofern kommt den Bauern eine tragende Rolle als Landschaftspfleger im besten Sinne des Wortes zu. In Finkenberg z. B. veranstalten der Schafzuchtverein und der Fußballclub seit 1985 das traditionelle Schaf- und Haflingeralmabtriebsfest, wobei viele hundert Tiroler Bergschaffe und Haflinger rund um das Alm-Festgelände zusammengetrieben werden. Züchter, Senner und Hirten haben zum Teil Anmarschwege von bis zu rund 30 Kilometern von der „Berliner Hütte“ im Zemmgrund bis nach Finkenberg hinter sich. Hier wie auch z.B. in Stumm zeigen Schafscherer ihr Können und bieten Erzeuger auf einem mehr oder minder großen Bauernmarkt ihre Erzeugnisse an.

Der Herbst ist die Zeit der Almkirchtage und der Dankgottesdienste in ganz Tirol – so zum Beispiel auch bei den Zellberg Buam hoch auf dem Almstüberl an der Zillertaler Höhenstraße wo bei guter Witterung hunderte von Fans eine „angenehme Pflichtübung absolvieren“ und wo allerlei Köstlichkeiten wie z.B. Kirchtagskrapfen oder Melchermuas serviert werden.

+++Die Rezepte für "Melchermuas" und "Zillertaler Krapfen"+++

Das Rezept (Zutaten für vier Personen) für Melchermuas, die kalorienreiche Köstlichkeit:
Sie brauchen:
200 g Butter für das Vorkoch, sowie genügend weitere Butter zum Herausbacken
250 g Weizenmehl
3/4 l Milch
1 Prise Salz
Zucker zum Bestreuen
Granten (Preiselbeeren als Kompott oder Marmelade) zum dazu essen.

Zubereitung
In einer Eisenpfanne zirka 200 g Butter schmelzen, mit 250 g Mehl binden und mit 3/4 l Milch und einer Prise Salz ein Vorkoch machen.
In der Muaspfanne reichlich Butter zergehen lassen und darin das Vorkoch dünn hineindrücken und beidseitig knusprig braun backen.
Gegessen wird das Melchermuas aus der Pfanne, mit Zucker bestreut oder in der Mitte mit den Granten belegt. Dazu schmeckt ein Glas frische, gut gekühlte Bio-Almmilch.
Rezept für ca. 30 Zillertaler Krapfen
Zutaten:
150 g Mehl
150 g Roggenmehl
1 Tl. Salz
Milch nach Bedarf
600 g Kartoffeln
200 g Graukäse
100 g Tilsiter
100 g Alpenkäse
1/2 P. Topfen (Quark)
1 Zwiebel
Salz
Schnittlauch
heißes Wasser

Zubereitung:
Aus den Zutaten für den Teig einen glatten Nudelteig kneten, eine 4 cm
dicke Rolle formen und 1 cm dicke Scheiben abschneiden. Diese mit glattem
Mehl dünn und rund ausrollen, mit Mehl bestreut übereinander legen und zudecken,
damit die Teigblätter nicht austrocknen.
Gewaschene Kartoffeln in der Schale weich kochen, noch heiß schälen und
pressen, abkühlen lassen und stampfen. Graukäse, Tilsiter, Alpenkäse und
Zwiebeln reiben, Salz und Schnittlauch beifügen und soviel heißes Wasser
einstampfen, bis eine bindende, zähe Masse entsteht. Die Fülle soll leicht
versalzen schmecken. Sie darf nicht zu weich sein, weil sie sonst beim Backen
ausfließt. Die Teigblätter damit bestreichen und übereinander schlagen. Die
Krapfen in wenig heißer Butter braten oder in der Friteuse backen. Eventuell
flüssige Butter dazureichen.
Dazu trinkt man kühlen Gerstensaft oder Milch und einen „deftigen Obstler“

Eine Übersicht zu den Almabtrieben in Tirol bietet die Website http://www.almabtriebe.tirol.at oder http://www.almabtrieb.net

Tanheimer Tal http://www.tannheimertal.com
Tarrenz/Imst http://www.imst.at
Stubaital http://www.stubai.at
Wildschönau http://www.wildschoenau.com

24.10.2008: