Neuapostolische Kirche: Lebenserinnerungen des zweiten Kirchenchefs

Vorbemerkung: Die Neuapostolische Kirche ist um 1896 entstanden, sie hat heute in Deutschland rund 340 000 Mitglieder, geleitet wird sie von einem "Stammapostel", darunter gibt es Bezirksapostel und Apostel als weitere hohe Ämter. Weltsitz der Neuapostolischen Kirche ist Zürich. Der zweite Stammapostel hieß Hermann Niehaus, ein kleiner Landwirt aus Steinhagen bei Bielefeld.

So kam Hermann Niehaus zur Neuapostolischen Kirche: 1867 packte der ehemalige Pfarrer Wilhelm Menkhoff, der in Holland den Apostel Schwartz kennengelernt hatte, seine Koffer und zog mit seiner Frau und mit seinen fünf Kindern nach Steinhagen um. Damals war Menkhoff Evangelist. In dem Haus einer Verwandten lud er zu Bibelstunden ein. Die Familie Niehaus, die in der Nähe wohnte, gehörte bald zu den Zuhörern.

Was weiter geschah, wurde in der „Chronik der Neuapostolischen Kirche des Rheinlandes“ so dargestellt: „Die große Weisheit Menkhoffs beeindruckte ihn (= Hermann Niehaus) sehr...In Ansehung der Notwendigkeit, dass der Evangelist Menkhoff einer Stütze bedurfte und eines ausgleichenden Partners in der Arbeit im Werke Gottes, eröffnete der Apostel Schwartz am darauf folgenden Sonntag dem 20-jährigen Hermann Niehaus sein Vorhaben, ihn mit dem Diakonenamte zu betrauen.“

Das war 1868. 1869 wurde Hermann Niehaus Evangelist. „Der Evangelist Niehaus bemühte sich...hochdeutsch zu predigen, doch stets unterliefen ihm große Fehler“, merkte der Chronist aus dem Rheinland an.

In jenen Tagen gab es auch Widerstand gegen Menkhoff. Dazu der Chronist: „Viele traten der Neuapostolischen Kirche Rheinland-Westfalen bei, aber es waren, um mit den Worten des Herrn Jesu zu sprechen, nicht allzu gute Früchte...Falsche und hochmütige Geister traten auf in Erscheinung und Besserwissen machte sich breit...In der Abwehr dieser Angriffe stand der Bischof Hermann Niehaus seinem Apostel treu zur Seite mit dem Erfolge, dass die Angriffe abgeschlagen wurden.“

Am 21. Juli 1896 wurde Hermann Niehaus vom ersten so genannten „Stammapostel“ der Neuapostolischen Kirche Friedrich Krebs zum Apostel ordiniert. Er übernahm die Aufgaben des verstorbenen Menkhoff.

Nach dem Tod von Friedrich Krebs übernahm Hermann Niehaus das höchste Amt in der Neuapostolischen Kirche. Weiterhin tobten Machtkämpfe. Der Chronist aus dem Rheinland merkte an: „Die nachfolgenden Jahre 1921/22 waren mit heißen Kämpfen angefüllt, die jedoch mit herrlichen Siegen beendet wurden.“

Wer wurde so „herrlich besiegt“?

Bereits 1911 der Apostel Niemeyer aus Wolfenbüttel. Als Evangelist wurde er 1883 nach Australien geschickt, er blieb aber nicht – wie verabredet – an der Küste, sondern ging ins Landesinnere und erzielte dort große Missionserfolge, für die er 1886 mit dem Apostelamt belohnt wurde. 1911 wurde Niemeyer aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen. Er gründete eine eigene Glaubensgemeinschaft.
1921 wurden der Bezirksapostel Brückner (Dresden) und der Apostel M. Ecke (Görlitz) ausgeschlossen. Auch sie hatten sich mit Hermann Niehaus überworfen.

Zu den treuen Gefolgsleuten gehörte dagegen meistens der spätere dritte so genannte „Stammapostel“ Johann Gottfried Bischoff, der eine Zeitlang mit Brückner Reformpläne geschmiedet hatte. 1928 schrieb Hermann Niehaus seine Erinnerungen auf, die jetzt unter http://stores.lulu.com/hwilmers als religiöses Zeitdokument veröffentlicht worden sind.


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