Sprung ins Glück oder Reit- und Therapiezentrum wegen Flughafenausbau vor dem Aus?

Traditionell am 1. Januar wird auf dem Wiesenhof, dem Gelände des Reit- und Therapiezentrums RSG Eddersheim, auf dem Pferderücken ins neue Jahr gesprungen. Bei einem Glas Sekt trafen sich auch in diesem Jahr wieder einige Vereinsmitglieder und –freunde – denn die Tradition soll Glück bringen. Bleibt zu hoffen, dass dieses Glück nicht nur die Reiter, sondern den gesamten Verein erfasst.

An einem eisigen Tag im Dezember unterzeichnete der Hessische Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens. Am gleichen Tag pries sich die Fraport AG in einer Pressemeldung anlässlich des Besuchs von Bundesministerin von der Leyen bei den betrieblichen Betreuungseinrichtungen für Kinder, „Fluggi-Land“ und „Kinder-Arche“, als eines der familienfreundlichsten Unternehmen Deutschlands.

Pure Ironie, wie es scheint. Denn während die Betreuungseinrichtung „Fluggi-Land“ schon seit Jahren Ferien-Reitkurse bei der RSG Eddersheim bucht und auch für das Jahr 2008 wieder fünf einwöchige Kurse gebucht hat, bei denen 50 – 60 Kinder die Grundlagen des Reitens auf dem Wiesenhof erlernen, steht der Verein, dessen 300 Mitglieder und ca. 150 Nutzer vornehmlich Kinder und Jugendliche sind, wegen des Flughafenausbaus möglicherweise vor dem Aus.

Der Wiesenhof, erst im Jahr 2001 vom Verein mit hohen Kosten modernisiert und ausgebaut, liegt genau gegenüber der Ticona auf der Eddersheimer Main-Seite – und bei Bau der neuen Landebahn nur 108m unter den einfliegenden Flugzeugen. Das Gelände, schon vor dem Aus- und Umbau auf einen Wert von 1,3 Millionen Euro geschätzt, ist noch mit Krediten in Höhe von ca. 900.000 Euro belastet. Um einen auslaufenden Kredit bei günstigerer Zinsbindung wieder neu anzulegen, hat der Verein in den vergangenen Monaten bei verschiedenen regionalen Banken um Angebote gebeten – und nur Absagen erhalten.

Nach dem Flughafenausbau würde der Wiesenhof zum „Sperrgrundstück“, ein Weiterbetrieb der Reitanlage sei dort nicht möglich – die Banken werteten das Gelände in internen Schätzungen plötzlich bis zum Nullwert ab. Die Kredite seien somit nicht mehr gedeckt, eine Neuanlage des Kredits unmöglich. Das Geld, die Kredite abzulösen, hat der Verein nicht.

Schon länger plant der Verein im Falle des Flughafenausbaus eine Umsiedlung innerhalb der näheren Umgebung – das neue Gelände soll für die Vereinsmitglieder ebenso gut erreichbar sein wie die jetzigen Stallungen, nur die Lärmbelastung sollte geringer ausfallen. Bitten um Unterstützung an Politik und Wirtschaft führten zu ersten Hilfsangeboten, aber bislang keiner endgültigen Lösung. Ob die Klage gegen das Ausbauvorhaben die geeignete Lösung darstellt, wird sich zeigen.

Nach einer Protest-Brief-Aktion der Vereinsmitglieder hat sich auch die Fraport AG nach mehreren vergeblichen Anfragen seitens des Vereins mit dem ehrenamtlichen Vorstand in Verbindung gesetzt. Hilfe bietet die Fraport AG an – irgendwann in nächster Zeit, nach einigen weiteren Verhandlungen und Gesprächsterminen. Eine Umsiedlung kommt für das Unternehmen jedoch nicht in Frage – trotz der wesentlich niedrigeren Überflughöhe der Flugzeuge ist man der Meinung, der Lärmpegel auf dem Wiesenhof würde eher fallen denn steigen.

Den Mitgliedern und den Tieren zumuten möchte der Verein, der 19 eigene Schulpferde besitzt und Reitunterricht, Voltigieren und Therapieangebote für jede Altersgruppe anbietet, dies allerdings nicht. Die Gespräche und Verhandlungen, wie die erfolgreiche Arbeit besonders mit Kindern und Behinderten fortgesetzt werden kann, laufen weiterhin. Bleibt zu hoffen, dass der Sprung ins neue Jahr dem Verein so viel Glück bringt, dass eine Lösung schnell gefunden ist – bevor die fällige Kreditrückzahlung den Verein dazu zwingt, Insolvenz anzumelden.

Im Verein ist man vorsichtig zuversichtlich: Die tägliche Arbeit läuft sehr erfolgreich, die umfangreiche Kursplanung für das Jahr 2008 ist ebenfalls abgeschlossen und die ersten Kurse sind sogar schon ausgebucht – nicht zuletzt die fünf Ferienkurse, an denen die Betreuungseinrichtung der Fraport, das „Fluggi-Land“, teilnehmen möchte. „Wir werden unsere Arbeit wie geplant weiterführen. Die Arbeit hier im Verein macht uns Spaß, und es ist immer wieder schön zu sehen, wie sehr sich unsere Vereinsmitglieder und Nutzer an ihrem Sport erfreuen“, sagt Katrin Förster, im Verein für die Kommunikation zuständig. „Wir hoffen nicht nur darauf, sondern wir gehen davon aus, dass sich in Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Politik eine Lösung finden lässt, wie der Verein sein Angebot nicht nur weiterführen, sondern sogar verbessern kann.“

„Wie kann es sein, dass sich die Größen um den Flughafenausbau in Presse und Fernsehen bei der Unterschrift für die Planfeststellung gemeinsam ablichten lassen, die Damen und Herren fast eine Milliarde für die Umsiedlung der Ticona und über 300 Millionen für die Bereinigung des ‚amerikanischen Teils’ auf dem Flughafen aufwenden und ein sozial engagierter, gemeinnütziger Verein kann darauf vertrauen, dass nach Aussage der Fraport alles ruhiger und besser wird! Das können wir so nicht stehen lassen!“ berichtet Gerd Gröhl, stellvertretender Vorsitzender des Reit- und Therapiezentrums Eddersheim. „Für uns hat die Abstimmung mit den Füssen längst angefangen“ erklärt Peter Freund, Vorsitzender in der RSG. „Pferdebesitzer, die Boxen mieten möchten, sind vorsichtig und entscheiden sich lieber für Mitbewerber in weniger exponierter Lage.“

02.01.2008: |

Über Wiesenhof

Vorname
Katrin

Nachname
Förster

Adresse

Schillerring 44b
65795 Hattersheim

Homepage
http://www.rsg-eddersheim.de

Branche
Reitsport, Gesundheit, Therapie, Vereine