Statt Aufschwung: Einstellen auf die neue Armut

Alle Jahre wieder bietet das Weihnachtsgeschäft den Gerüchten vom Aufschwung willkommene Nahrung. Aber immer seltener finden sich Journalisten, die bereit sind, dem mehr als ein paar Zeilen zu gönnen. Wen wundert’s, gehören doch die freien Journalisten laut ARD-Magazin „Monitor“ selbst zu einer Berufsgruppe, deren Einkommen inzwischen oft unter dem Existenz-Minimum liegt. Gleiches gilt für Architekten, Anwälte, Ärzte, Schriftsteller und andere Berufsgruppen, in denen viel Geld und Zeit in die akademische Ausbildung gesteckt worden ist.

Tatsächlich können viele Menschen froh sein, wenn sie auf dem Arbeitsmarkt überhaupt die Chance haben, zu „Multijobbern“ zu werden, neben ihrem „Mindesteinkommen“ beim Kellnern, im Einzelhandel oder Call Center hinzuverdienen zu können. Gleiches gilt natürlich für die selbstständigen Einzelhändler, Handwerker, Marktverkäufer und, und, und. Wer ist noch auf Dauer bereit, die fast unüberwindbaren Hürden der Bürokratie und die mit der Selbstständigkeit verbundenen Kosten auf sich zu nehmen, wenn kaum etwas übrig bleibt?

Aber wir haben ja den Aufschwung – gerechtfertigt durch Exportzahlen und Dienstleistungen von der einen in die andere Tasche. Grund genug, Steuern (und Diäten, versteht sich) versteckt oder offen zu erhöhen und die Preisschraube weiter anzuziehen. Aber natürlich ist Deutschland ein Wohlstandsland. Was nichts anderes heißt als dass hier so schnell keiner auf die Barrikaden gehen wird – dafür geht es auch denen zu „gut“, denen es immer schlechter geht.

Der fehlende Widerstand ändert aber nichts daran, dass es – wenn an den Grundgegebenheiten wie Einkommen und Steuern für den kleinen Mann schon nichts zu ändern ist – so im Privaten nicht weitergehen kann. Die Folge: Immer mehr Journalisten, denen es selbst ganz genau so ergeht, haben das „Sparen“ als Thema entdeckt. So auch Mik Berger mit seinem Buch „99 Möglichkeiten, so richtig viel Geld zu sparen“ (Sonrrie Verlag, 9,90 Euro). Wir erinnern uns: Auch Schriftsteller gehören zu der Berufsgruppe, die unter dem Existenzminimum agieren muss.

Aus erster Hand also finden sich in diesem Büchlein in komprimierter Form viele wertvolle Tipps, mit denen sich in jedem Haushalt ohne großen Aufwand sehr viel Geld sparen lässt. Tatsächlich ist der eine oder andere Tipp schon bekannt: Eben aus dem Fernsehen, aus Zeitschriften oder aus der alltäglichen direkten Umgebung. Aber dieses Spar-Buch hilft nicht nur dabei, sich alle bekannten und auch viele weniger bekannte Möglichkeiten wirklich bewusst zu machen, es verändert – nicht ohne Humor – beim Leser Zeile für Zeile, Stück für Stück eben dieses Sparbewusstsein. Weg von der Selbstverständlichkeit des Konsumenten, hin zum Detail und zum ökonomischen Prinzip im Haushalt. Und anders als beim Etat des Bundeswirtschaftsministers kann es dort sogar funktionieren!

Realität 2008 wird sein, dass sich – vom „Aufschwung“ unberücksichtigt und von der Politik ignoriert – eine neue Armut breit macht. Und während auf den Titelseiten der Boulevardpresse noch ein Dieter Bohlen (wenn auch aus ganz anderen Gründen) Sparsamkeit auf hohem Niveau repräsentiert, vergeht für immer mehr Deutsche kein Tag, an dem nicht wenigstens einer von 99 Spar-Tipps in der Praxis Anwendung findet. Mit dem Ergebnis, dass so manche unbedachte Privatinsolvenz nicht nötig sein wird. Und wir in Ruhe abwarten können, dass der Staat zahlungsunfähig ist ...

99 Möglichkeiten, so richtig viel Geld zu sparen
Mik Berger
Sonrrie Verlag
ISBN: 978-3-936968-11-8
80 Seiten, 9,90 Euro (D)

23.12.2007: |