Das Reich der Pilze ist

EUROPATICKER Umweltruf: Die meisten Menschen stehen den Pilzen – mal abgesehen von den essbaren Ständerpilzen und anderen nützlichen Helferchen wie der Hefe – eher skeptisch gegenüber, leben sie doch von Abfall und Moder, von dem, was andere übrig gelassen haben. Verzichten kann die Biosphäre aber gerade deswegen auf sie nicht. Pilze sind – zumindest an Land – die Putzkolonnen, die Müllmänner. Schwedische Forscher haben jüngst eine ganz besondere Spezies gefunden, die nicht nur aus Abfällen Ethanol produzieren kann, sondern dabei auch noch einen feinen Spezialrohstoff zurücklässt.

Das Reich der Pilze ist ungeheuer vielfältig. Manche Schätzungen gehen von bis zu anderthalb Millionen Arten aus. Da gehört neben unermüdlichem Forschergeist auch ein bisschen Glück dazu, einen Pilz zu finden, den man sich dienstbar machen kann. Wissenschaftler vom schwedischen Borås University College wurden beim Stamm der Jochpilze, den Zygomycota, fündig. Sie haben dort einen saprotrophen Pilz entdeckt, also einen der sich mit unstillbarem Recyclingeifer über abgestorbene Pflanzen und Tierreste hermacht, und äußerst interessante Eigenschaften und ein enormes Potenzial aufweist.

Ziel war es, mit Hilfe des Zygomycetes aus Abfällen Ethanol zu gewinnen. Die Wissenschaftler probierten es mit verschiedenen Abfällen – so etwa mit Resten aus der Forstwirtschaft, mit Grünschnitt und Obstschalen – auf allen gedieh der Pilz prächtig, und wandelte die Biomasse effektiv in Ethanol um. Am interessantesten aber erwiesen sich die Tests mit einem Rückstand aus der Papier- und Kartonproduktion – der Sulfitlauge. Zum einen, weil es sich bei der Sulfitlauge um ein Abfallprodukt handelt, mit dem man bisher wenig anzufangen wusste; zum anderen, weil sich nach der Ethanolgewinnung in den Reststoffen der Biomasse ein ganz unerwartetes Geschenk einfand: Ein Zellmaterial mit „eingebautem“ antibakteriellem Schutz und hochsaugfähig – ein hervorragender Ausgangsstoff für die Verwendung in Vliesstoffen für den medizinischen und hygienischen Bereich.

Einwegwindeln beispielsweise müssen hygienisch einwandfrei sein und das bis zu zehnfache ihres Gewichts an Flüssigkeit aufnehmen können. Diese hohe Absorptionsfähigkeit erreichte man bisher nur durch die Behandlung mit Polyacrylaten, einem Produkt aus der Erdölchemie. Deshalb können Einwegwindeln auch nicht kompostiert sondern müssen verbrannt werden.

Dank dem Materiewandler und Hygiene-Ingenieur Zygomycetes dürfte sich das ändern. Das durch ihn gewonnene Zellmaterial verleiht Vliesen nicht nur die gewünschte Saugkraft und tötet Bakterien ab, sondern die Windeln können dann auch kompostiert, verrottet und zur Biogas-Herstellung verwendet werden. Für den Restmüll würde das eine deutliche Entlastung bedeuten, denn mit geschätzten 600.000 Tonnen im Jahr machen die Einwegwindeln einen nicht unbedeutenden Teil von Deutschlands Hausmüll aus. Und da sehr viele Gemeinden aus hygienischen Gründen bereits Windelsäcke zur Getrennt-Sammlung ausgeben, stünde einer effektiven Verwertung nichts mehr im Wege.


Den ausführlichen Bericht finden Sie im Magazin Umweltruf

09.04.2007:

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