Stellungnahme Referentenentwurf für VerpackV-Novelle . BSVV kritisiert Gedankenlosigkeit und Flickschusterei

Der inzwischen veröffentlichte Referentenentwurf für eine Novellierung der VerpackV enttäuscht, abgesehen von der beabsichtigten Eindämmung der Trittbrettfahrer, auf ganzer Linie. Der innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmte Entwurf legt umweltpolitisch den Rückwärtsgang ein, weil er für geringere Verwertungsstandards und für weniger Wettbewerb steht. Viele Klauseln scheinen mit „heißer Nadel gestrickt“ zu sein und fordern Ausweichreaktionen und Manipulationen heraus. Der Entwurf ist zudem wettbewerbsverzerrend und innovationsfeindlich. Und das alles nur, um seit Jahren unbeanstandete Selbstentsorgerlösungen, deren Tätigkeit vom Verordnungsgeber erst mit der letzten Novelle Anfang 2006 bestätigt wurde, kurzerhand vom Markt für die Verpackungsentsorgung der privaten Endverbraucher zu werfen, damit duale Systeme vor preiswirksamem Wettbewerb geschützt werden.
Der Bundesverband der Selbstentsorger von Verkaufsverpackungen e.V. (BSVV) bemängelt u.a.:
•Der Entwurf stellt die bisherige VerpackV auf den Kopf. Durch einen Anschlusszwang an duale Systeme für alle an den privaten Endverbraucher vertriebene Verkaufsverpackungen versperrt der Entwurf die Möglichkeit der individuellen Produktverantwortung zugunsten von Zwangs-kollektiven. Dafür gibt es keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.
•Der Entwurf nimmt „Umweltschutz minus“ in Kauf, um letztlich duale Systeme vor Wettbewerb zu schützen. Denn künftig sollen für Verkaufsverpackungen, die an bisher als dem privaten Endverbraucher vergleichbar geltende Anfallstellen wie Krankenhäuser und Kantinen ver-trieben werden, nicht mehr die höherwertigen Verwertungsanforderungen der VerpackV gelten, sondern nur noch die deutlich geringeren Anforderungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes.
•Nach Erkenntnissen selbst des marktbeherrschenden Unternehmens DSD GmbH hat die Trittbrettfahrerei im Jahr 2006 einen mengenmäßigen Anteil von über 30 Prozent gehabt, die Selbstentsorgung hingegen nur von 5,9 Prozent. Die völlig verordnungskonforme Selbstentsorgung, die durch Regelungen und Auslegungen der VerpackV auf nur etwa 15 Prozent begrenzt ist, kann die haushaltsnahe Sammlung der dualen Systeme sicher nicht aus den Fugen bringen, was vor allem die bekannten sehr guten Unternehmenszahlen der dualen Systeme bestätigen. Behauptungen über eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der festgestellten dualen Systeme gehört ins Reich der Fabel. Zahlreiche weitere Unternehmen bemühen sich derzeit um Feststellung als duale Systeme, was kaum dafür sprechen dürfte, das dieser Markt besonders risikobehaftet wäre. Daher erfolgt das vom Entwurf vorgesehene Verbot der Selbstentsorgung für Verkaufsver-packungen an den privaten Endverbraucher ohne Not und ohne Grund und ist darum äußerst fragwürdig.
•Die Tätigkeit von Selbstentsorgern führt auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen. Eine gemeinschaftliche Pflichtenverfüllung findet nämlich auch innerhalb dualer Systeme statt. Der Bundes-gerichtshof erkennt deshalb die gemeinschaftliche Pflichtenverfüllung innerhalb von Selbstentsorgergemeinschaften an. Ansonsten, so das Argument des BGH in einem Urteil vom 29.06.2006, „wären die Selbstentsorgergemeinschaften dem dualen System deutlich unterlegen, das die Verwertungsquote nur für die gesamte Menge der gesammelten Verpackungen erfüllen muss“ (Az. I ZR 171/03).
•Selbstentsorgerlösungen werden im Gegensatz zu dualen Systemen seit Jahren von den Vollzugsbehörden mehrerer Länder sehr intensiv und sorgfältig überprüft. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass Selbstentsorger stärkere Vollzugsprobleme als duale Systeme aufwerfen würden bzw. nicht prüfbar wären.
•Der Entwurf würde den bestehenden preiswirksamen Wettbewerb durch den Marktausschluss von Selbstentsorgern auf ein Oligopol dualer Systeme verengen, die die gleiche Erfassungslogistik nutzen müssen. Wettbewerb unter dualen Systemen kann bestenfalls erst nach der Erfassung in geringem Maße stattfinden. Bei einem Oligopol dualer Systeme drohen Preiserhöhungen zu Lasten der von der VerpackV verpflichteten Wirtschaft und der Verbraucher, wie dies bereits aus dem Energie- und Benzinmarkt bekannt ist.
•Die im Entwurf vorgesehene Übergangsfrist von 3 Monaten wird den marktüblichen Vertragslaufzeiten nicht gerecht und greift in die grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit ein. Außerdem berücksichtigt der Entwurf in keiner Weise den erheblichen Zeitbedarf zum Aufbau einer ordentlichen Selbstentsorgung im gewerblichen Bereich. Allein diese sehr kurze Übergangsfrist muss damit zur Verfassungswidrigkeit der Verordnung führen.
•Ferner gefährdet das geplante Verbot der Selbstentsorgung die Ausübung des eingerichteten Gewerbebetriebes. Den Dienstleistern der Selbstentsorgung droht ein enteignungsgleicher Eingriff. Dieser wirft die Frage von Entschädigungsansprüchen auf. Auch das Grundrecht der Be-rufsausübungsfreiheit wird verletzt.
Der BSVV ist zuversichtlich, dass der Verordnungsgeber angesichts dieser gravierenden Mängel den Entwurf im laufenden Verfahren in eine rechtsstaatlich unbedenkliche Form bringen wird, die sowohl den Umweltschutz- als auch den Wettbewerbs- und Innovationsanforderungen tatsächlich gerecht wird.

07.03.2007:

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