Verdeckte Online-Durchsuchung unzulässig
Pressetext verfasst von EUROPATICKER am Mo, 2007-02-05 16:00. Forderung von Bundesinnenminister Schäuble nach zeitnaher Anpassung der Strafprozessordnung
EUROPATICKER Umweltruf: Die heimliche Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Dateien mit Hilfe eines Programms, das ohne Wissen des Betroffenen aufgespielt wurde (verdeckte Online-Durchsuchung), ist nach der Strafprozessordnung unzulässig. Es fehlt an der für einen solchen Eingriff erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Das hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf die Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen einen Beschluss entschieden, mit dem der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Antrag auf eine verdeckte Online-Durchsuchung abgelehnt hatte.
Nach der Entscheidung ist die verdeckte Online-Durchsuchung insbesondere nicht durch § 102 StPO (Durchsuchung beim Verdächtigen) gedeckt, weil die Durchsuchung in der Strafprozessordnung als eine offen durchzuführende Ermittlungsmaßnahme geregelt ist. Dies ergibt sich zum einen aus mehreren Vorschriften des Durchsuchungsrechts zu Gunsten des Beschuldigten - Anwesenheitsrecht (§ 106 Abs. 1 Satz 1 StPO) und Zuziehung von Zeugen (§ 105 Abs. 2, § 106 Abs. 1 Satz 2 StPO) -, deren Befolgung als zwingendes Recht nicht zur Disposition der Ermittlungsorgane steht. Zum anderen folgt dies aus einem Vergleich mit den Ermittlungsmaßnahmen, die - wie die Überwachung der Telekommunikation (§§ 100 a, b StPO) oder die Wohnraumüberwachung (§§ 100 c, d StPO) - ohne Wissen des Betroffenen durchgeführt werden können, für die aber deutlich höhere formelle und materielle Anforderungen an die Anordnung und Durchführung bestehen. Auch andere Befugnisnormen der Strafprozessordnung gestatten die verdeckte Online-Durchsuchung nicht.
Forderung von Bundesinnenminister Schäuble nach zeitnaher Anpassung der Strafprozessordnung
Nachdem der Bundesgerichtshof mit heute bekanntgegebenem Beschluss die verdeckte Online-Durchsuchung für unzulässig erklärt hat, begrüßt Innenminister Dr. Günther Beckstein die Forderung von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble nach einer zeitnahen Anpassung der Strafprozessordnung: "Für die Sicherheitsbehörden ist es zwingend erforderlich, bei ihrer Arbeit mit dem schnellen Fortschritt in der Informationstechnologie Schritt zu halten. Über Computer verbreiten islamistische Extremisten ihre Propaganda, werden Terroranschläge und Amokläufe angedroht und detaillierte Bombenbauanleitungen versandt. Einschlägige Foren bieten einen Tummelplatz für Pädophile, wobei das Internet wohl zum häufigst genutzten Verbreitungsmedium krimineller kinderpornografischer Darstellungen geworden ist.
Das Internet darf nicht den Kriminellen überlassen werden. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die Forderung von Bundesinnenminister Schäuble nach einer raschen Änderung der Strafprozessordnung". Die Auswirkungen der Entscheidung auf die präventive Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz kann erst nach Vorliegen der kompletten Entscheidung abschließend beurteilt werden. "Dann wird zu entscheiden sein, ob auch landesrechtliche Vorschriften zu ändern sind", so Beckstein.
Beschluss vom 31. Januar 2007 - StB 18/06
Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs - 1 BGs 184/06 - Entscheidung vom 25. November 2006
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