Schlacht um den Verpackungsmüll: Wettbewerb kommt in Gang

EUROPATICKER Umweltruf: Den Verpackungsmüll wollte der frühere Umweltminister Töpfer eindämmen. Doch die Wirtschaft mochte nicht schon wieder ein neues Gesetz. Die Akteure haben sich auf eine Selbstverpflichtung geeinigt. Herausgekommen ist das Duale System Deutschland (DSD), besser bekannt als der „Grüne Punkt“. Vielen Verbrauchern wurde nie bewusst, dass es sich bei dem „Grünen Punkt“ nicht um ein Qualitätszeichen handelte, sondern um ein Lizenzzeichen. So zu sagen, die Quittung auf der Verpackung, dass für deren Entsorgung schon bezahlt wurde.

Für die Verpackungsmüllproduzenten boten sich zwei Möglichkeiten. Entweder sie reduzierten die vielen nutzlosen Umverpackungen und sparten dafür die Lizenzgebühr oder sie kauften sich den „Grünen Punkt“ bei dem Kölner Abfallkonzern. Und dann gab es da noch die Möglichkeit der so genannten Selbstentsorgung. Nur damit hatten die damaligen Verordnungsschreiber wohl doch ein bisschen zu viel erwartet. Die Selbstentsorgung erwartet, dass der Endverbraucher seinen Verpackungsmüll zurück in den Laden brachte, in dem man ihm diesen mit auf den Weg gegeben hatte.

In den Anfangsjahren, erinnern wir uns, lag die Cornflakes Verpackung mit den lustigen Gesellschaftsspielen auf der Rückseite aufgedruckt, meist unbeachtet in den gossen „Sammelkartons“ bei ALDI und Co. Von den Verbraucherschützern gegeißelt, dienen sie doch nicht selten dem Vortäuschen einer größeren Inhaltsmenge. Die Zahnpastaindustrie hingegen war zu knauserig, die Lizenzgebühr für ihre Verpackung der Verpackung zu bezahlen. Die verzichteten kurzerhand auf diesen Müll. Probleme hatte nur noch der Barde Mike Krüger, dem es nicht gelang, den Nippel durch die Lasche zu ziehen, um seine Tube aufzubekommen. Der normale zähneputzende brave deutsche Konsument hatte die Schachtel nie vermisst. Die Töpfersche Idee, Müll zu vermeiden, hatten ihren Siegeszug angetreten.

Unterdessen verloren die Sammelkartons in den Läden ihre Bedeutung. Die Lizenzierer in der Kölner DSD Zentrale bauten nach und nach ein funktionierendes Sammelsystem auf. Den gelben Sack, der auch häufig eine Tonne ist und in dem heute ganz selbstverständig die Verpackungen landen. So gründlich, dass Medien uns Deutsche schon mal als Weltmeister der Mülltrennung küren. Doch „Weltmeister“ sind nicht immer fair. Ganz besonders nicht, wenn es ums Geld geht. Um viel Geld. Die alte Verpackungsordnung lässt auch weiterhin die Selbstentsorgung zu. Und das machen, meinen die Lizenzierer, sich die „Spielverderber“ Selbstentsorger schamlos zu Nutze. Sie zahlten keine Lizenzgebühren in den gossen Topf der Solidargemeinschaft, die den Müll in den Kreislauf der Wiederverwendung bringt, sondern würden auf deren System als „Trittbrettfahrer“ mitfahren. Schlechte Beispiele, so ist zu hören, sollen sich besonders schnell herumgesprochen haben. Immer mehr „Trittbrettfahrer“ werden ausgemacht. Das System würde zusammenbrechen, wenn kein Geld in die Kassen kommt.

Und dann seien da auch noch die vielen unbekannten „Schmarotzer“, die ungeniert den „Grünen Punkt“ auf ihre Verpackung drucken, ohne sich ihn gekauft zu haben. Zwar kann der Kölner Müllkonzern dagegen vorgehen. Der „Grüne Punkt“ ist als Markenzeichen eingetragen. Aber die müssen erst einmal den „falschen Punkt“ finden. Ein bisschen Unterstützung findet das einstige Non-Profit Unternehmen bei seinen Partnern, da achtet schon mal der eine oder andere Lebensmittelkonzern bei seinen Lieferanten drauf, dass der auch die Lizenzgebühr bezahlt. Nur ist deren Bemühen eben nicht gerade flächendeckend. Das hat einen Grund. Das Kartellamt könnte hier Wettbewerbsabsprachen wittern.

Mit dem Kartellamt hat der Konzern mit seinen 300 Mitarbeitern ohnehin nicht so erfreuliche Erfahrungen. Die klopften dem einstigen Non-Profit Unternehmen gehörig auf die Finger. Der Konzern war undurchsichtig geworden. Im Aufsichtsrat des Konzerns hatten die Mächtigen des deutschen Handels und die Entsorger gemütlich Platz genommen. Das roch den Kartellwächtern dann doch zu viel nach „Kungelei“. Die Bonner Behörde sorgte zunächst dafür, dass die Entsorger aus dem Gremium flogen. Sie meinten, die würden sich die lukrativen Entsorgungsgebiete unter den „Nagel“ reißen können und ungeliebte regionale Wettbewerber ausschalten und aus dem Non-Profit Unternehmen würde ein ganz schnödes Verteilinstitut für die Lizenzgebühren, ohne das dort so richtig einer hineinsehen konnte. Eine monopolistische Struktur, die durch ein Gesetz geschützt sei. Als „Feigenblatt“ freilich waren die Selbstentsorger zwar ärgerlich. Aber immerhin konnten sie als Beweis eines funktionierenden Wettbewerbs herhalten. Und solange sie nicht zu groß wurden, war das zu verschmerzen.

Doch vor gut zwei Jahren kam dann alles ganz anders. Den Wettbewerbshütern waren mit dem Pseudowettbewerb ganz und gar nicht mehr einverstanden. Ein richtiger Wettbewerb sollte her. Wettbewerber, die neben den Kölnern die Lizenzen verkaufen und für die Entsorgung des Verpackungsmülls gerade stehen. In der Kölner Zentrale des DSD läuteten die Alarmglocken. Das könnte das Ende des gemächlichen vor sich hin lizenzierenden Non-Profit Unternehmen bedeuten, dem schon der Umsatzeinbruch durch das Trittinsche Dosenpfand drohte.


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24.01.2007:

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