Müllaufkommen innerhalb der EU steigt ungebremst

Zwischen 1995 und 2003 wurde bei festem Siedlungsabfall ein Anstieg von 19 Prozent verzeichnet. Das entsprach dem BIP-Zuwachs im gleichen Zeitraum. Jeder Europäer hinterlässt jährlich im Schnitt 530 Kilogramm Siedlungsmüll - vor 20 Jahren waren es noch rund 200 Kilogramm weniger (Deutschland 2004: ca. 580 Kilogramm pro Kopf), meldet das Magazin EUROPATICKER Umweltruf.

Ende August hat das Bundesumweltministerium seine Vorschläge zur Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie an die anderen EU-Mitgliedstaaten übersandt. Noch ist für das Bundesumweltministerium die Haltung zum Verwerterstatus von Müllverbrennungsanlagen (MVA) offen. Die EU-Kommission hatte angeregt, MVA als Verwertungsanlagen nur bei besonders hoher Energieeffizienz anzuerkennen - in Deutschland haben die Länder jedoch fast allen mittlerweile ca. 70 vorhandenen Anlagen diesen Status erteilt. Diese verbrennen 16 Millionen Tonnen Müll - jährlich. Tendenz steigend.

Als Leitgedanke einer hierarchischen Abfallwirtschaft in Deutschland galt bisher, zumindest auf dem Papier (sowohl nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImschG) als auch nach Kreislaufwirtschafts-und Abfallgesetz (KrW-/AbfG): "Vermeiden vor Verwerten vor Beseitigen". Dabei sollte die stoffliche der thermischen Verwertung vorzuziehen sein. Doch gibt es Bestrebungen innerhalb der Europäischen Union, die Vorrangstellung der stofflichen vor der thermischen Verwertung abzuschaffen. Interessenten für diese Änderung sind unter Landwirten, Kraftwerks- und MVA-Betreibern, Stromerzeugern und in der Zementindustrie zu finden.

Über die Definition biogener Anteile im Brenngut ist eine Subventionierung denkbar, zum Beispiel aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG. Dagegen sprach sich vor der parlamentarischen Sommerpause der abfallpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gerd Bollmann aus. Er wies darauf hin, dass bei einer weiteren Zunahme der thermischen Verwertung die theoretisch angestrebte Ressourcenschonung noch weniger berücksichtigt würde. Ein Einsatz von Abfall als Ersatzbrennstoff (EBS) hätte unweigerlich zur Folge, dass wieder mehr Abfall produziert würde. Kritisch beurteilte Bollmann außerdem zweifelhafte Bilanzierungs-Zauberkünste hinsichtlich des Kohlendioxid-Ausstoßes. Die Befürworter der Müllverbrennung argumentieren, dass die thermische Verwertung den CO2-Ausstoß verringern würde. Wie sich auf dem Workshop des Umweltbundesamtes "Energie aus Abfall - ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz" vom 6.-7.November 2006 zeigte, eine mittlerweile durchaus salonfähige Rhetorik.

Prominente MVA-Befürworter finden sich auch in Bollmanns eigener Partei, beispielsweise Reinhard Schultz, nach eigenem Bekenntnis "industriepolitisch und marktwirtschaftlich orientierter SPD-Bundestagsabgeordneter", für den eine Vorrangsstellung der stofflichen Verwertung nicht mehr zu vertreten ist.

Ersatzbrennstoff aus Müll als Energiequelle

Ersatzbrennstoffe oder Brennstoffe aus Abfall wie Trockenstabilat nach dem Herhof-Patent sollen eine stoffstromspezifische Abfallentsorgung ermöglichen, bei der jeder Müllbestandteil seiner günstigsten Verwertungsform zugeführt wird. Materialien mit besserer Eignung für stoffliche Verwertung werden hier vor der Verbrennung abgetrennt.


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09.01.2007:

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