Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aus Sicht der Philosophie: Entwertung durch Unstimmigkeit

Unter dem Titel „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) ist am 18. August 2006 etwas in Kraft getreten, worüber und worum lange Zeit heiße Debatten gefochten wurden. Wesentlicher Antriebsfaktor oder Motor für die nun doch zum Ergebnis gekommene Beschlussfreude war die Notwendigkeit, diesbezüglichen EU-Vorgaben Folge zu leisten. Inwiefern hier über das vorgegebene Ziel hinausgeschossen wurde, ist dabei eine ganz andere Frage.

Was genau will und soll das neue Gesetz aber im Einzelnen? Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen im Arbeitsleben, die aufgrund bestimmter Kriterien und in bestimmten Umständen entstehen, sollen nun intentionaler Weise ausgebremst werden - was für einiges an Aufregung sorgt hinsichtlich so mancher daraus erwachsenden bzw. damit in Zusammenhang zu bringenden rechtlich verbrieften und zugesicherten Ansprüchen für alle Betroffenen.

Ähnlich wie bei Fragen der gesetzlichen Regelung, also der Intervention des gesetzgebenden Staates in Anbetracht unterschiedlicher Arbeitnehmerrechte, wie z.B. des Kündigungsschutzes, wird auch in Debatten anlässlich des AGG der Interessensfokus teilweise von einer grundlegenden Klärung der Eignung des in Frage stehenden Gesetzes weg und hin auf dessen etwaige (negative) Auswirkungen und Folgen für die derzeitige Praxis gesellschaftlichen Miteinanders verlagert.

Das hat allerdings auch seine nicht zu unterschätzende Berechtigung. Denn vor allem die wirtschaftlichen Folgen können hier fatal wirken, weshalb eine genaue Kenntnis der Sachverhalte sinnvollerweise unvermeidlich erscheint. Anhand der Heranziehung von Beispielfallszenarien wird dahingehend vielfach die Aufmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt, dass die Beschließung und Einführung des Gesetzes eine qualitative wie quantitative Zunahme von Unzumutbarkeiten und Undurchführbarkeiten mit sich bringe, letztlich also in der alltäglichen Praxis möglicherweise mehr schade als nütze.

Hier darf kein Widerspruch entstehen. Eine gesetzliche Regelung bedarf aus rechtsphilosophischer Sicht zweierlei: zum einen die kontradiktionsfreie Geltung für alle vom jeweiligen Gesetz in einem Staatsgebilde Betroffenen, ohne selber eine Diskriminierung, Bevor- oder Benachteiligung einzelner Bürger zu bewirken, zum anderen aber auch die grundsätzliche Durchführbarkeit der vom jeweiligen Gesetz geforderten Inhalte, ohne dass in anderen Zusammenhängen Ungleichbehandlungen einzelner unvermeidbar werden. Hier gilt es, die Bestimmungen, Forderungen und Vorgaben des AGG (wie eines jeden anderen Gesetzes auch) genauer zu beleuchten.

Heikel oder problematisch mag aus anderer Perspektive aber auch die Heraushebung bestimmter Gruppen und Merkmale sein, nach denen das neue Gesetz seine Vorgaben spezifiziert, namentlich Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, geistige, körperliche oder seelische Behinderung, Weltanschauung, Religion, ethnische Herkunft und der überaus fragwürdige Begriff der „Rasse“. Überhaupt ist die Forderung nach gesetzlich regulierter Gleichbehandlung in dieser Form fragwürdig, da doch das Grundgesetz bereits eine deutliche Sprache spricht.

Unabhängig davon bietet das neue Gesetz in einschränkender Aufhebung seiner Vorgaben zugleich aber auch einen recht kompliziert anmutenden (und teilweise unbestimmten) Rahmen für Ausnahme- und Sonderregulierungen. Dass hier der interpretatorischen Fantasie im Einzelfall Tür und Tor geöffnet wird, und dass jede gesetzliche Regelung, die an einer solchen strategischen Teilaufhebung krankt, im Grunde in sich widersprüchlich wird, liegt auf der Hand.

Ausnahmen von der Regel kann es in einem schlüssig und präzise durchdachten und formulierten Gesetz nicht geben, will es ein solches bleiben. Jedes (wissenschaftlich als solches zur Definition
gebrachte) Naturgesetz, das aufgrund neuer Beobachtungsdaten brüchig wird, muss überdacht und neu bestimmt werden. Der staatliche Gesetzgeber sieht das bedauerlicherweise oft genug weniger eng.

Anstatt also um der Beschlussnotwendigkeit willen „mal eben“ ein Gesetz in Umlauf zu bringen (gerade unter Bedingungen europarechtlicher Vorgaben), wäre es vielmehr geboten, präzise auszuarbeiten, wie der inhaltliche Rahmen eines solchen Gesetzes schlüssig in eine rechtliche und rechtspraktische Form übersetzt werden kann, ohne am Ende eine unausgegorene Paragraphensammlung in Händen zu halten, die allenfalls als ABM für findige Juristen dienen kann.

Diese und weitere Überlegungen finden sich in der Oktoberausgabe des von dem Bonner Beratungsunternehmen Apeiron herausgegebenen „Philosophiemonatsbriefes“. Auf der Homepage des Unternehmens lässt sich die digitale Publikation zu philosophischen Themen kostenfrei via Email abonnieren. Behandelt wird jeweils ein klassisches philosophisches Thema anhand aktueller Diskussionen aus Politik und Gesellschaft. Die aktuelle Ausgabe kann kostenfrei bestellt werden unter http://www.philosophiemonatsbrief.de - zusätzlich steht auch noch die Ausgabe August unter http://www.philosophieberatung.de/Philosophiemonatsbrief_09-06.pdf zum Download bereit. Alle Vormonate finden sich darüber hinaus im Online-Archiv.

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