Good ol' sixties never die

JOE HODGKINS – Heimweh nach Weymouth

1964 ging der Zug in die andere Richtung, JOE HODGKINS schickte sich an, mit seiner jungen Rock-a-billy/Skiffle/Beatgruppe Deutschland zu erobern. 2006 war es wieder ein Van mit Instrumenten und JOE am Lenkrad, nur diesmal ging es zurück nach Südengland zu einer Reunion der erfolgreichen Bandformation THE CRESCENDOES. Hier wie damals gespannte Erwartung, was die nächsten Tage bringen würden.

Die Anfahrt war bei weitem nicht mehr so geruhsam, wie vor über 40 Jahren in einer kalten November-Nacht. Immerhin war im August auf dem Kontinent Ferienzeit und auch in den Badeorten der englischen Südküste herrschte Hochsaison. Und man war doch gewissermaßen in Zeitdruck, denn abends wollte man sich mit Bandkollegen treffen, die man teilweise über vierzig Jahre nicht gesehen hatte und von denen man gar nicht sicher sein konnte, ob sie Songs und Riffs der damali-gen Hits noch „draufhatten“. Das „warm-up“ fand in einem gewölbeartigen Keller statt, der nicht zuletzt in stiller Nostal-gie an den berühmten „Cavern-Club“ erinnerte, in dem einst die Beatles begonnen hatten, und zufälligerweise Ex-Bandmitglied Maurice Purnell gehörte. JOE HODGKINS war aber nicht allein mit einem langen Anmarschweg gestraft. Die Gitarristen der erfolgreichen 65er-Besetzung, Harry G. und Ross Grant, hatten sich von Wales bzw. Nordengland auf den Weg gemacht und Tony Luboff kam von Portsmith. So war es kein Wunder, daß die Plätze bei der Jam-Session sich erst nach und nach füllten. Aber die alten Hasen holen die Gitarre raus, fragen nach den Akkorden und ab geht die Post. Das verlernt man scheinbar nicht, genau so wenig wie das Fahrradfahren. Der rare Schnappschuß zeigt sehr eindrucksvoll, daß die „reifen“ Herren genau so konzentriert zur Sache gehen, wie ihre jungen Kollegen heute.

Am nächsten Tag, einem Samstag, versank Weymouth im Verkehrschaos. Die Badesaison und der vom „Dorset Echo“ groß angekündigte Reunion-Gig der Lokalheroen überforderten den altehrwürdigen Badeort doch merklich. Dazu beigetragen hatte auch noch ein Lapsus der örtlichen Presse, die den WYKE’s SOCIAL Club statt des WYKE’s REGIS WM Club angegeben hatte. Aber die Routiniers lösten das geschickt durch „Scouts“, die Busse und PKWs auf den richtigen Weg lotsten.

Der WYKE’s REGIS WM Club war mit 600 Gästen hoffnungslos überfüllt. Das Publikum, zwischen 15 und 75, außer Rand und Band. Eine weißhaarige Lady in den 70er erzählte aufgeregt, sie wäre extra noch im Fitneßstudio gewesen, damit sie mal so richtig „abrocken“ könnte. Und das konnte sie wirklich! Das Publikum war sehr aufgeschlossen und begeiste-rungsfähig. Kein Wunder, Rock-a-billy und Skiffle war in den Sixties die Countrymusik der armen Leute! Da werden keine Genre-Unterschiede gemacht. Da sieht man den Cowboyhut neben der schon erwähnten Lady feiern.

Und insofern hatte JOE HODGKINS bei seiner lautstark geforderten Solo-Einlage mit den Liedern über seine Heimat, die wir hierzulande alle von Countryfestivals kennen, einen gewaltigen Erfolg. „Portland (sunrise)“; „Little sea“; „Two hearts in the wind“; „Weymouth“ von der aktuellen ZYX-CD „Stories“, seine Landsleute konnten gar nicht genug bekommen und schlossen den „lost son“ fest in ihre Arme. Mit Tochter Janine zeigte der Entertainer bei dem Bob Seeger-Song „We’ve got tonight“ im Duett, daß Musikalität in der Familie Hodgkins vererbt wird. Die nur in England vertriebene Maxi „homesick“ mit eben diesen Liedern, wurde JOE nach dem Konzert förmlich aus den Händen gerissen.

Sicherlich das Highlight in einem insgesamt sehr mitreißenden Reunion-Programm. Mitglieder der verschiedenen Beset-zungen der CRESCENDOES wechselten sich auf der Bühne ab. Songs von Elvis, Ricky Nelson und Roy Orbison, die ja alle irgendwann mal mit Country angefangen haben, gaben für alle genug Gelegenheit, ihren Spaß an der Musik zum Aus-druck zu bringen. Diese Songs wurden vom Trend zu Oldies deklariert, aber sie haben ihre Wurzeln in der Countrymusik, der Musik der armen Leute! Spaß, Freude und Engagement, für all das steht auch das Foto vom furiosen Finale, das noch einmal alle Mitwirkende auf der kleinen Bühne versammelte. Und natürlich ist diese Show für 2007 schon wieder gebucht. Bis dahin werden dann wohl noch mehr rüstige Damen die Fitneßstudios aufsuchen...... Und JOE HODGKINS wird sein Heimweh hoffentlich so lange unterdrücken können, denn dieser Entertainer wird auf Deutschlands Bühnen gebraucht, wie zahlreiche Vorausbuchungen für 2007 beweisen.

© mike marasch / Oktober 06 Bilder: Joe Hodgkins

AnhangGröße
Crescendoes today web.jpg28.19 KB
13.10.2006: