XML-Tage in Berlin 2006: Teilnehmerrekord schafft neue Allianzen

Mit einer Rekordzahl an Besuchern und Ausstellern gehen heute die XML-Tage in Berlin zu Ende. Insgesamt zählte die Kongressmesse mehr als 700 Tagesbesucher aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Dazu kamen 26 Sponsoren, die im Rahmen des XML-Wirtschaftsforums ihre Dienstleistungen und IT-Lösungen dem Fachpublikum vorstellten. Die vorläufige Bilanz: Gründung eines neuen Netzwerks E-Learning, ein neuer Themenschwerpunkt E-Justice etabliert und die Rolle als führende wissenschaftliche Kongressmesse im deutschsprachigen Raum bestätigt.

Rainer Thiem, Vorstand des xmlcity:berlin e. V.: "Die Anzahl von über 700 Tagesbesuchern haben unsere Erwartungen als Veranstalter mehr als übertroffen. Hier zeigt sich erneut, dass die XML-Tage als Business-Plattform den Dialog von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik befördern. Das beweist auch die Initiative für ein neues Netzwerk E-Learning in Berlin, das ausdrücklich die Unterstützung der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen gefunden hat."

Die Konferenz:

Entsprechend umfangreich war das wissenschaftliche Programm mit 24 Beiträgen zu den Schwerpunkten Semantic Web, Web Services und XML und Datenbanken. Im Fokus stand der Austausch wissenschaftlicher Ergebnisse, die bei der Umsetzung laufender Projekte und Anwendungen gesammelt wurden. Renommierte Wissenschaftler auf dem Gebiet der XML-Technologien eröffneten jeden Konferenztag, darunter Ivan Herman vom World Wide Web Consortium (W3C), der sich allgemeinen Fragen zum Semantic Web widmete und dabei auf die wichtigsten Problemfelder und Anwendungsgebiete fokussierte. An vielen Beispielen zeigte er die Relevanz von Semantic-Web-Technologien für die Datenintegration auf.

Zusätzlich zum Konferenzprogramm bot sich allen Teilnehmenden die Möglichkeit, ihr Wissen in themenspezifischen Veranstaltungen zu erweitern. Besonders der Web 2.0 Infotag fand großes Interesse. Web 2.0 ist als Oberbegriff für neuartige Web-Anwendungen in aller Munde. Die Veranstaltung gab eine Einführung in das Thema und stellte den praktischen Nutzen sowie die technischen Hintergründe dar. Praxisorientiert ging es auch in den Tutorials zu verschiedenen XML-Sprachen zu, die praktische Übungen am Computer miteinschlossen. Der diesjährige W3C-Tag widmete sich dem Thema Web Services in der Praxis. Die Veranstaltung des Deutsch-Österreichischen W3C-Büros informierte über aktuelle Entwicklungen und die Web-Service-Standards des World Wide Web Consortiums (W3C), das internationale Gremium für Standards im Web.

"Die beeindruckend große Teilnehmerzahl zeigt uns, dass die Ausrichtung der XML-Tage auf anwendungsorientierten Transfer von Forschungsergebnissen funktioniert. Die XML-Tage schaffen neue Kooperationen und Allianzen und ziehen immer weitere Anwendungsfelder und hochkarätige Teilnehmer an. Ich freue mich jetzt schon auf erfolgreiche XML-Tage in Berlin vom 24. bis 26. September 2007", sagt Prof. Dr.-Ing. Robert Tolksdorf, Freie Universität Berlin, der zusammen mit Dr. Rainer Eckstein von der Humboldt-Universität zu Berlin den Konferenzvorsitz inne hatte.

Das XML-Wirtschaftsforum:

Ganz im Zeichen neuer Allianzen stand das XML-Wirtschaftsforum. Schwerpunkte waren E-Learning, E-Justice und Unternehmensportale. Bewusst wurde bereits im Vorfeld des Forums E-Learning ein Open-Space-Forum auf der Internetseite der XML-Tage eingerichtet. Die Teilnehmenden konnten sich darin schon vor Beginn der Veranstaltung über ihre Interessen austauschen und sich gegenseitig kennenlernen. Am Veranstaltungstag selbst standen Projektpräsentation im Bereich der betrieblichen Weiterbildung im Vordergrund. Unter anderem wurden laufende E-Learning-Projekte des Forschungsprojekts "Berlin - Stadt des Wissens" vorgestellt. Es wurde erörtert, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit E-Learning auch für kleine und mittlere Unternehmen attraktiv sein kann.

Letzter Programmpunkt war das Open-Space-Forum, in dem sich die Teilnehmenden zum lockeren Ideenaustausch trafen. Am Ende konnte als Ergebnis festgehalten werden, dass es eine große Übereinstimmung gibt, in Berlin ein neues Netzwerk E-Learning ins Leben zu rufen, das über das Projekt "Berlin - Stadt des Wissens" hinausgeht. Dazu wurde bereits vier Wochen im Anschluss an die Veranstaltung ein "Gründertreffen" vereinbart, an dem auch Eva Emenlauer-Blömers von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen teilnehmen wird. Ausdrücklich unterstützt sie eine Initiative im Bereich E-Learning. Sie stützt sich dabei vor allem auf Studien aus den USA. Dort sei E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung bereits weit verbreitet. Zugleich sähe man aber auch in einer Studie zu den wirtschaftlichen Potenzialen von E-Learning im internationalen Vergleich Deutschland an dritter Stelle. Vor diesem Hintergrund wünscht sie sich für Berlin eine nachhaltige Initiative, um diese Potenziale in der Zukunft auszuschöpfen.

Hohe Resonanz in der Politik fand auch das Forum E-Justice. Zur Eröffnung sprach Staatssekretär Lutz Diwell vom Bundesjustizministerium. Er zeigte sich erfreut, dass die 4. XML-Tage in Berlin dieses Jahr dem Thema E-Justice gewidmet sind. Im Vordergrund seiner Rede stand ein klares Bekenntnis zum elektronischen Rechtsverkehr, dem sich die Justiz in Zeiten moderner Informations- und Kommunikationstechnik öffnen müsse. Demnach gebe es für eine sichere und vertrauliche Justizkommunikation mit der Einführung einer qualifizierten elektronischen Signatur keine wirklichen Hindernisse mehr. Widerstände seien vor allem deshalb noch vorhanden, weil das Signieren elektronischer Dokumente eine Umstellung der gewohnten Organisationsabläufe in der Justiz erfordere. Der Staatssekretär äußerte jedoch die Hoffnung, dass sich diese Widerstände überwinden ließen. Dazu müsse das Signaturverfahren insbesondere durch Einbindung in geeignete Softwarelösungen für Fachanwendungen vereinfacht und leichter handhabbar gemacht werden. Der Bund sei dabei in zweierlei Hinsicht gefordert: zum einen die Bundesgerichte mit moderner IT- und Kommunikationstechnik auszustatten und zum anderen als Gesetzgeber die rechtlichen Voraussetzungen für einen elektronischen Rechtsverkehr zu schaffen und dabei etwaige Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Vor diesem Hintergrund bekannte er sich klar zum Standard EGVP, dem "Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach", um die Vertraulichkeit der Justizkommunikation auf elektronischem Wege zu sichern.

Die weiteren Fachvorträge spannten den Bogen zwischen technischen und rechtlichen Voraussetzungen für den elektronischen Rechtsverkehr und seiner Anwendung in der Praxis. Der abschließende Höhepunkt des Programms war eine Podiumsdiskussion zum Thema "Elektronischer Rechtsverkehr im Spannungsfeld von Effizienz und Akzeptanz". Kontrovers diskutiert wurde vor allem, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Verbreitung des elektronischen Rechtsverkehrs in Deutschland flächendeckend zu beschleunigen. Helmut Becker, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Ausschusses Informatik und Kommunikation der Bundesrechtsanwaltskammer betonte, dass eine Akzeptanz bei den Anwälten und Notaren erst dann erreicht werden könne, wenn nicht nur auf Teilgebieten eine Kommunikation mit den Gerichten möglich sei, sondern der größte Teil aller Verfahren mit den Gerichten elektronisch abgewickelt werden könne. Dr. Wolfram Viefhues, Mitglied der Europäischen EDV-Akademie des Rechts EEAR und des Deutschen EDV-Gerichtstags e.V., wies auf verfahrensrechtliche Probleme hin, die die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs immer wieder erschweren würden. Verfahrensvorschriften sollten in Zukunft daher nicht nur elektronisch abgebildet, sondern entlang den technischen Möglichkeiten entwickelt werden, damit E-Justice einen echten Beitrag zur Verwaltungsmodernisierung leisten kann.

Demgegenüber stellte Staatssekretär Günter Reitz vom Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg klar, dass es trotz aller noch bestehenden Hürden notwendig sei, jetzt umzusetzen, was technisch und rechtlich möglich sei. Die Einführung des elektronischen Gerichtsbriefkastens in Brandenburg sei ein erster Schritt dazu auf dem Weg zu einer modernen Justizverwaltung, die den elektronischen Rechtsverkehr in eine elektronische Aktenverwaltung integriert. Diesen Ausführungen schloss sich Staatssekretär Christoph Flügge von der Senatverwaltung für Justiz Berlin prinzipiell an, räumte jedoch ein, dass das Land Berlin in Sachen elektronischer Rechtsverkehr noch nicht soweit fortgeschritten sei. Im Vordergrund der Verwaltungsmodernisierung hätten in den letzten fünf Jahren zunächst die Ausstattung der Justiz mit PC-Arbeitsplätzen gestanden. Jetzt sei man aber vorbereitet, um in einem nächsten Schritt am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen. Er betonte dabei vor allem die Notwendigkeit, sich vor der Einführung entsprechender Informationstechnologien an Berliner Gerichten länderübergreifend auf einen Standard zu einigen. Vor diesem Hintergrund betreibe er mit seinem Kollegen Staatsekretär Reitz einen intensiven Erfahrungsaustausch und plane, sich in Zukunft im Bereich elektronischer Rechtsverkehr eng mit dem Land Brandenburg abzustimmen.

Parallel zum Forum E-Justice fand am zweiten Veranstaltungstag das Forum Portale statt. Dort berichteten renommierte Experten über neue Möglichkeiten personalisierter Internetanwendungen. Die Beiträge machten deutlich, wie bereits heute mit innovativen Portaltechnologien neue wirtschaftliche Potenziale erschlossen werden können und welche Entwicklungen für die nähere Zukunft zu erwarten sind. In der einfachsten Ausbaustufe stellen Portale, wie zum Beispiel die neuen kundenorientierten Fachportale des Landes Berlin, ein umfangreiches Informationsangebot zur Verfügung. Zunehmend werden aber auch Interaktionen und Prozesse in Portale integriert, was zu einer signifikanten Optimierung der Geschäftsprozesse führen kann.

Dazu Joachim Quantz, Geschäftsführer xmlcity:berlin e. V.: "Zwei Trends waren unübersehbar: zum einen integrieren Portale immer mehr Funktionalität, die bisher noch in unterschiedlichsten Einzelanwendungen verteilt war. Zum anderen verringert der Einsatz semantischer Technologien den Entwicklungsaufwand und damit auch die Kosten für die Erstellung und Wartung von Portalen."

Der Termin für die XML-Tage in Berlin 2007 steht bereits fest. Die Veranstaltung findet vom 24. bis 26. September wieder im Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin statt.

Kontakt:
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27.09.2006: