Sportwetten: Verwaltungsgericht Mainz bremst Land und Kommunen aus

Mainz/Düsseldorf - Das Dickicht im deutschen Sportwettenmarkt wird immer undurchdringlicher. Allein in Bayern, das sich neben Sachsen besonders bei der Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils vom März auszeichnet, sind nach Berichten der Kommunalpolitischen Blätter http://www.kopo.de in den vergangenen Wochen über 50 Wettbüros privater Anbieter geschlossen worden, knapp 400 Verfahren seien noch nicht entschieden. "Für großes Aufsehen sorgte dabei kürzlich das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die Altherrenmannschaft des FT Starnberg, die wie rund 20.000 Amateurmannschaften mit 'Bwin'-Trikots ausgestattet sind." Dass die Starnberger Altherrenmannschaft kein Einzelfall bleiben könnte und die Monopoldiskussion weitere Blüten treibt, lassen Pläne der Landes-Sportminister befürchten. Mittlerweile gebe es nämlich Bestrebungen, "Sportvereine, -verbände und -veranstalter unter Druck zu setzen, die mit diesen Firmen zusammenarbeiten", berichtet der Spiegel http://www.spiegel.de . Demnach beabsichtigen die Landesminister, "die finanzielle Förderung der betreffenden Sportorganisationen 'zu überprüfen und gegebenenfalls zu reduzieren oder zu beenden'. Von einem solchen Schritt betroffen wären wohl unter anderem die Sportarten Handball und Basketball, die derzeit massiv vom privaten Wettanbieter Bwin unterstützt werden."

Und während mittlerweile Hunderte von Verfahren noch nicht entschieden sind, in denen private Anbieter gegen eine Schließung ihres Geschäfts klagen, hat das Verwaltungsgericht Mainz www.vgmz.justiz.rlp.de der unendlichen Geschichte Sportwetten eine weitere Episode hinzugefügt und für Rheinland-Pfalz die Schließung von privaten Wettannahmestellen für rechtswidrig erklärt. Das berichtet die Rhein-Zeitung http://www.rhein-zeitung.de . "Wettbüros von Anbietern aus Malta und Österreich dürfen vorerst in Mainz, Alzey, Bingen und Ingelheim nicht per Sofortvollzug dicht gemacht werden", so die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz unter dem Aktenzeichen 6 L 654/06 im einstweiligen Rechtschutzverfahren. Die Mainzer Richter hätten größte Bedenken, ob das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes überhaupt in Rheinland-Pfalz greift, weil es hier gar kein staatliches Wettmonopol gebe, sondern nur "ein Monopol zu Gunsten der - staatlich konzessionierten - privaten Lotto Rheinland-Pfalz GmbH, die den drei Sportbünden gehört." Ein Monopol eines privaten Anbieters würde nach Ansicht der Mainzer Richter in Karlsruhe ohnehin als verfassungswidrig angesehen.
Das ließe sich aber erst auf dem Klageweg klären. "Hinzu komme, dass die Nachteile für die Annahmestellenbetreiber im Falle einer sofortigen Schließung ihrer Annahmestellen kaum auszugleichen wären, wenn sich nach Abschluss der Klageverfahren die Untersagungsverfügungen endgültig als rechtswidrig erweisen sollten", so das Gericht. Schließlich spreche auch gegen einen Sofortvollzug, dass die untersagten Tätigkeiten über Jahre hingenommen worden seien und in dieser Zeit auch die Monopol-Wettveranstalter intensiv geworben hätten.

Es sei nahezu grotesk und unverantwortlich, dass die Politik dem derzeitigen Irrsinn nicht Einhalt gebiete, meint der Präsident der Europäischen Wettanbieter, Markus Maul http://www.vewu.com . Inzwischen wandern Sportwettenanbieter aufgrund der unklaren Rechtslage ins Ausland ab, setzen auf vielversprechende Märkte in Osteuropa, heißt es in einer Erklärung des Verbandes. "Während in Osteuropa derzeit erst 88 Mio. Dollar mit Sportwetten umgesetzt werden, sollen sich die Bruttoerträge bis 2012 auf 265,8 Mio. Dollar (+202 Prozent) erhöhen", berichtet die österreichische Tageszeitung Der Standard http://www.standard.at . Der Dschungel aus Lobbyinteressen und juristischen, straf- und ordnungsrechtlichen Barrieren in Deutschland sei volkswirtschaftlich sehr schädlich, kritisiert Helmut Sürtenich, Vorstand des Düsseldorfer Sportwettenanbieters Stratega-Ost Beteiligungen AG http://www.stratega-ost.de . Für ihn steht fest: "Die deutsche Politik verkennt, welche positiven Arbeitsplatzeffekte mit ihrer Entscheidung verspielt werden, denn die Wettbranche rechnet infolge einer Liberalisierung in Deutschland mit 30.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen." Wie andere Anbieter will Stratega-Ost diese jetzt durch den Aufbau eines Filialnetzes in Osteuropa schaffen.

20.09.2006: