Greitberg

Kinderheim "Rübezahl" in Holzen: Hat ehemaliges Heimkind roten Durchfall mit Blut verwechselt?

„Da war das große Krankenbett mit dem kleinen Jungen Jürgen. Jürgen lag leblos und nackt und mit beiden Händen über dem Kopf ans Bett gefesselt. Sein linkes Bein war ans Fußteil des Bettes gebunden, nur das rechte Bein lag angewinkelt. Ich guckte ihn mir an und dann sah ich das viele Blut, das von seinem Po zu kommen schien. Die Blut-Lache war groß, von seinen Hüften bis zum Knie und auf der Seite des Bettes. Ich war starr vor Schreck.“ Das erzählt auf einer amerikanischen Internetseite immer noch ein ehemaliges Heimkind, das 1956 im Alter von sechs Wochen in das Kinderheim „Rübezahl“ gebracht worden ist und dort bis 1963 blieb. Diese Schilderung schreckte die evangelische Kirche als damalige Trägerin der Einrichtung in Holzen (Landkreis Holzminden) auf, deswegen ermittelte die Hildesheimer Staatsanwalt, die Kripo von Holzminden befragte Zeitzeugen. Doch erhärtet werden konnte der Verdacht nicht, dass im Kinderheim „Rübezahl“...

...und es gab es doch: Das Kinderheim Rübezahl in Holzen (II)

"Später wohnten dort die Letten", erinnert sich der ehemalige Bürgermeister und Chronist Herbert Schlotter. Damit gemeint sind aus Lettland vertriebene Deutsche. 40 waren es vom 1. Mai bis 1. August 1946. Im Mai 1947 wurde das Lager wieder aufgelöst. Plünderer stahlen, was nicht niet- und nagelfest war. Dann übernahm die Innere Mission das Lager und brachte dort 17- bis 24-Jährige unter, die an der so genannten "Zonengrenze" aufgegriffen worden waren. 23 wohnten schließlich auf dem Greitberg, sie brachten die Baracken wieder in Schuss, unterstützt wurden sie von einer Quäkerin mit Kleiderspenden. Der Strom kam von einem Stollen, die Wasserleitung bauten die 17- bis 24-Jährigen selbst. 1955 zogen "gefallene Mädchen" in das Lager ein. Mit ihnen kamen junge Männer auf Motorrädern. "Wir wussten gar nicht, woher die alle waren", denkt Herbert Schlotter an diese Episode zurück. Doch schon bald knatterten keine Motorräder mehr durch...

...und es gab es doch: Das Kinderheim Rübezahl in Holzen

"Ich fände es prima, wenn wir eine Sprache fänden für all das, was wir als Kinder erleben mussten", schreibt ein ehemaliges Heimkind in einem Forum. Der erste Eintrag stammt vom 10. September 2008. Seitdem erfahren immer mehr Ehemalige: "...und es gab es doch, das Heim Rübezahl in Holzen." Holzen ist ein 700-Seelendorf in der Samtgemeinde Eschershausen. Das Ortswappen zieren ein schwarzer, silbern gebördelter Dreiberg mit gekreuztem Hammer und Schlägel, darauf steht eine grüne Buche. Symbolisiert werden so der für Holzen wichtige Asphaltbergbau und die ebenso wichtige Landwirtschaft. In der Landwirtschaft gearbeitet hat auch Herbert Schlotter, bevor er in den Bergbau wechselte. Der in Schlesien geborene 78-Jährige trat 1979 in die SPD ein und war von 1981 bis 2001 Bürgermeister des Ortes. Das kam so: "Man hat mich gefragt, und ich habe es gemacht." Kürzlich ist er wieder gefragt worden. Dieses Mal nicht von seinen Genossinnen und...

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