Bürgertum

Moral und Sitte in der Donaumonarchie um 1900

Die Moralvorstellungen des städtischen Proletariats waren wiederum auf Grund der Lebensumstände gezwungener Maßen frei. Die Wohnverhältnisse innerhalb der Stadt, die das enge Beisammenwohnen mehrerer Generationen in einem Raum erzwangen, ergaben für die Kinder nicht nur freiwillig einen frühen Zugang zur Sexualität. Zum einen blieb nichts verborgen, zum anderen kam es oft zu sexuellen Übergriffen durch Erwachsene auf die Kinder, teils durch die eigenen Väter, teils durch die sogenannten Bettgeher, die gegen Geld einen Schlafplatz für die Nacht mieteten. Die bürgerliche Welt musste also gegen den hemmungslosen Adel auf der einen Seite und das Proletariat, das roh und unbekümmert war, auf der anderen Seite abgegrenzt, Triebe und Leidenschaften daher möglichst im Verborgenen ausgelebt werden. »In diesem Zwiespalt erfand nun jene Zeit einen sonderbaren Kompromiss. Sie beschränkte ihre Moral darauf, dem jungen Menschen zwar nicht zu verbieten,...

Puppenhaus und Zinnsoldat - Kindheit in der Kaiserzeit

Stefan Zweig beschrieb in seinen Erinnerungen »Die Welt von Gestern« klar die Ziele der Kindererziehung im 19. Jahrhundert. Selbstzucht, Mäßigung, Bescheidenheit und absoluter Gehorsam waren die Tugenden, die es den Kindern zu vermitteln galt, um sie für ihre Rolle in der Gesellschaft vorzubereiten. Um dieses Ziel zu erreichen, war man bei den Mitteln nicht zimperlich und scheute auch vor körperlicher Züchtigung nicht zurück. Puppenhaus und Zinnsoldat Kindheit in der Kaiserzeit Katrin Unterreiner Verlag: Amalthea Signum Verlag http://www.new-ebooks.de/ebooks/18929 Selbst Kindsein bei Hof bedeutete keineswegs ein Leben im »Schlaraffenland«, sondern vielmehr einen von Geburt an exakt vorbestimmten Lebensweg und ab den frühesten Kindertagen die Vorbereitung auf ein diszipliniertes Erwachsenenleben voller Verpflichtungen. Die Eltern bestimmten dabei ausschließlich aus politisch-dynastischen Gründen über das Leben ihrer Kinder....

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