Fintech-Unternehmen erobern den Markt für innovative Finanzdienstleistungen durch digitale Technik - von Dr. jur. Horst Werner

Der Begriff "FinTech" steht für Unternehmen, die innovative, technologiebasierte und mit dem Thema „Finanzen“ in Zusammenhang stehende Anwendungssysteme anbieten, so Dr. jur. Horst Werner ( www.finanzierung-ohne-bank.de ). Der Markt für sogenannte innovative FinTechs erfordert, technische Innovationen im Finanzdienstleistungsbereich einerseits nicht durch zu bürokratische Eingriffe im Keim zu ersticken, gleichzeitig aber zu verhindern, dass diese Innovationen Finanzmarkt-Aufsichtsgrundsätze verletzen. Aufsichtsrechtliche Relevanz hat ein Fintech-Unternehmen stets dann, wenn es – unabhängig von der verwendeten Technologie – erlaubnispflichtige KWG-Geschäfte betreibt. Erlaubnispflichtige Geschäfte sind Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1 KWG, Finanzdienstleistungsgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1a KWG sowie Zahlungsdienste gemäß § 1 Abs. 2 ZAG bzw. das E-Geld-Geschäft nach § 1a Abs. 2 ZAG. Fintechs sollten die Aufsichtsbehörden kontaktieren, um vor Geschäftsaufnahme die Genehmigungspflichtigkeit ihrer Tätigkeit mit dem Erfordernis einer Antragstellung bei der BaFin abzuklären. Das Betreiben erlaubnispflichtiger Geschäfte ohne eine entsprechende Erlaubnis wird gem. § 54 KWG strafrechtlich verfolgt.

Beim Handel an den Kapitalmärkten erleichtern innovative elektronische Handelsplattformen ( z.B. Crowdinvesting-Portale oder Fintech-Factoring-Unternehmen oder Online-Wertpapierportale oder ETF-Vermögensverwalter ) den Online-Handel und oft auch die Echtzeit-Abwicklung von Finanzgeschäften. Über soziale Handelsnetzwerke können Anleger das Handelsverhalten ihrer Kollegen und erfahrener Händler beobachten und ihre Investmentstrategien an Devisen- und Kapitalmärkten verfolgen. Die Plattformen erfordern wenig oder kein Wissen über die Finanzmärkte und wurden vom World Economic Forum als Störer beschrieben, die „eine kostengünstige, hoch entwickelte Alternative zu traditionellen Vermögensverwaltern oder Wertpapierhändlern“ darstellen.

Dazu die BaFin: "Denn FinTechs arbeiten nicht im luftleeren Raum. Auch ihre Geschäftsmodelle müssen im Einklang mit regulatorischen Anforderungen und dem Verbraucherschutz stehen. Stellt sich heraus, dass ein FinTech im erlaubnispflichtigen Bereich agiert, hat es die gleichen aufsichtlichen Vorgaben einzuhalten wie die etablierten Institute. Diese klare Regel schafft Vertrauen – beim Verbraucher ebenso wie bei den anderen Marktteilnehmern.

Allerdings ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, ob bestimmte FinTechs für ihre Tätigkeit eine Erlaubnis der BaFin benötigen oder ob sie der Gewerbeaufsicht unterliegen. Ähnlich erscheinende Geschäftsmodelle weichen bei näherer Betrachtung im Detail voneinander ab, was sich direkt darauf auswirkt, welche Pflichten die Unternehmen einzuhalten haben. Gleichzeitig können sich Fragen zum kollektiven Verbraucherschutz ergeben, denen die BaFin im Rahmen ihres neuen Mandats aus § 4 Absatz 1a FinDAG (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) nachgeht.

Darüber hinaus hat die Digitalisierung, die die FinTechs vorantreiben, auch deutlichen Einfluss auf die etablierten Finanzdienstleister, die unter der Aufsicht der BaFin stehen. Viele Banken, Versicherer und Wertpapierdienstleister widmen sich dem Thema bereits aktiv. Sie gehen Kooperationen mit FinTechs ein, lassen sich von deren Modellen inspirieren oder entwickeln eigene Ideen. Dies kann sich direkt auf Vertriebswege, Kommunikationskanäle oder interne Prozesse der etablierten Finanzdienstleister auswirken und muss seitens der BaFin aktiv begleitet werden.

Somit ergeben sich aus dieser Entwicklung einige komplexe Fragestellungen für die BaFin. Die Projektgruppe beschäftigt sich bereits unter anderem mit der Frage, wie den jungen Unternehmen das weitreichende Feld der Aufsicht nahegebracht werden kann. Im Fokus der BaFin steht dabei eine verlässliche und zeitgemäße Aufsicht, die an den aktuellen Stand der Digitalisierung anzupassen ist. Ziel ist es, mit der notwendigen Gründlichkeit auch den Bedürfnissen der FinTechs gerecht zu werden. Um dies umzusetzen, steht die BaFin bereits im Dialog mit den Unternehmen.