Fauxpas des Generalbundesanwalts auch in Niedersachsen

Der nach den laschen Ermittlungen im NSA-Skandal jetzt wegen der Ermittlungen gegen netzpolitik.org in Kritik geratene Generalbundesanwalt Harald Range hat anders als in vielen Medien verlautbart, keinesfalls eine blütenweiße Weste aus seiner Zeit in Niedersachsen. In seine Amtszeit als Generalstaatsanwalt in Celle gerieten die Justizopfer Norman Gilster und Olaf Mertins ins Visier der niedersächsischen Ermittler. Dass die Staatsanwaltschaft dabei eine alles andere als glückliche Figur machte, war u.a. in den Blogbeiträgen „Bombenattentat auf den niedersächsischen Justizminister Teil 1 und Teil 2“ nachzulesen.

In die Amtszeit von Range als Generalstaatsanwalt in Niedersachsen fiel auch die „Bescheidlosstellung“ des Unternehmensberaters Theodor Stahmeyer aus Hannover. Wird ein Bürger Bescheid los gestellt, werden seine Eingaben nicht mehr bearbeitet. Ähnlich ist es Gustl Mollath ergangen. Mit dem Unterschied allerdings, dass Mollath an die 200 Eingaben verfasst haben soll. Ganz bestimmt kein Grund, der auch nur annähernd das Unrecht rechtfertigen könnte, was ihm widerfahren ist. Vielleicht aber und im Rückblick betrachtet zu viel des Guten. Der Unternehmensberater Stahmeyer hat hingegen lediglich darauf gepocht, dass die Strafgesetze angewendet und ihm mit OLG-Urteil 7 U 205/08 vom 18.03.2009 und BGH-Urteil Xa ZR 48/09 vom 25.11.2010 gegenüber seinem tschechischem Vertragspartner zugestandene Auskunftsrechte und Schadenersatzansprüche erfüllt werden. Das zur Auskunft verpflichtete tschechische Unternehmen scherte sich nämlich keinen Deut um die Urteile der höchsten deutschen Gerichte mit der Folge, dass die dem Unternehmensberater zustehenden Schadensersatzansprüche bis zum heutigen Tage nicht durchgesetzt werden konnten. Und das, obwohl in einem weiteren BGH-Urteil (X ZB 2/13 vom 25.02.2014) zugunsten des Unternehmensberaters entschieden worden war!

Stahmeyer stellte Strafantrag wegen Prozessbetruges und arglistiger Täuschung gegen den tschechischen Unternehmer und dessen damaligen Prozessbevollmächtigten Matthias Fontaine. Der in meinem Blog wegen Verharmlosung von Straftaten bereits mehrfach erwähnte hannoversche Staatsanwalt Colin Arnold teilte dem Unternehmensberater unter Bezug auf das Aktenzeichen 2 ZS 1538/10 mit, dass keine Ermittlungen durchgeführt würden. Die frappierende Begründung: Stahmeyer sei auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft in Celle Bescheid los gestellt worden.

Doch damit nicht genug. Der Unternehmensberater wurde von einem der zuständigen Staatsanwälte gegenüber dessen Anwalt als „verrückt“ bezeichnet. Anders als Gustl Mollath wurde Theodor Stahmeyer nicht in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen, aber bedenkliche Parallelen einer Rechtlosstellung tun sich dennoch auf.

Auch Norman Gilster und Olaf Mertins mussten sich mit mehr oder minder versteckten Andeutungen auf psychische Probleme abfinden. Was die aktuellen Ermittlungen gegen netzpolitik.org betrifft, hat Range die Ermittlungen (vorerst) gestoppt und will bis zum Eingang eines externen Sachverständigengutachtens nichts weiter unternehmen. Auch im Fall Stahmeyer gibt es neue Entwicklungen. In einer Verhandlung vor dem Landgericht Hannover im März 2015, bei der ich anwesend war, räumte der neue Prozessbevollmächtigte des tschechischen Vertragspartners implizit ein, seit Jahren in einem entscheidenden Punkt unzutreffende Erklärungen in den Zivilverfahren abgegeben zu haben. Die Bescheidlosstellung durch den Generalstaatsanwalt aus dem Jahre 2010 wurde dennoch bis heute nicht aufgehoben. Und anders als im Fall „Netzpolitik.org“, wo der amtierende Bundesjustizminister Heiko Maas interveniert hat, lässt das zuständige Niedersächsische Justizministerium die Dinge wieder einmal laufen. Ob der Unternehmensberater jemals die vom BGH ausdrücklich bestätigten Schadensersatzforderungen erhält, steht in den Sternen.
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Bettina Raddatz
Sonntag, 2 August 2015
www.bettina-raddatz.de/index.php/blog/item/404-keine-bluetenweisse-weste...
www.bettina-raddatz.de
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Kommentar
TWS Dienstag, 04. August 2015 08:53 Kommentar-Link
Range attackiert Maas / Anzeigeerstatter attackiert Range

Stand: 04.08.2015 10:34 Uhr

Range lässt nicht locker
"Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz", sagte Range vor Journalisten. „Es sei Aufgabe der Justiz, über die Einhaltung der Gesetze zu wachen. Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn sie frei von politischer Einflussnahme ist", sagte Range.

Anzeigeerstatter lässt nicht locker
Range hat in seiner Zeit als Generalstaatsanwalt in Celle den Anzeigeerstatter Bescheidlos gestellt bzw. stellen lassen und keine qualifizierten Ermittlungen geführt, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erschien. In der Folge wurde der Anzeigeerstatter von der niedersächsischen Justiz in großem Stil psychiatrisiert und rechtlos gestellt, bis heute. Der Bundesgerichtshof musste eingreifen.
Range hat in seiner Zeit als Generalstaatsanwalt in Celle gezeigt, dass es ihm nicht um die Einhaltung der Gesetze ging bzw. über die Einhaltung der Gesetze zu wachen.

Mit Blick auf die im Raum stehenden Vorwürfe habe ich mich gehalten gesehen, die Öffentlichkeit hierüber zu informieren.