Entwurf der Europäischen Kommission zum Schutz von Betriebsgeheimnissen

Aufgrund eines neuen Richtlinienentwurfs der Europäischen Kommission sollen künftig Betriebsgeheimnisse und Interna einheitlich geschützt werden.

Hinter dem Entwurf der sog. „Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Gescha?ftsinformationen (Gescha?ftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“, steht ein simples Konzept.

Bisherige Situation

Viele Innovationen können rechtlich nicht geschützt werden. Das beginnt bei einem Rezept für eine Suppe, einer Gewürzmischung und endet bei einem Managementkonzept, welches Unternehmensabläufe revolutioniert. Damit ist der Entwurf der Kommission als Ergänzung zu den geistigen Eigentumsrechten, wie Patenten, Designs und Urheberrechten zu sehen.

Im Vorfeld einer Patentanmeldung darf beispielsweise die Erfindung nicht offen gelegt werden – mit anderen Worten sie muss noch geheim bleiben, da sie sonst nicht mehr neu ist. Erheblicher Schaden entsteht, wenn einem Unternehmen das Patent wegen einer vorherigen Offenlegung nicht zugesprochen werden kann. Das bedeutet, dass der Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) maßgebend davon geprägt ist, wie Geschäftsgeheimnisse (rechtlich) geschützt sind.

Es kann aber auch ein Interesse bestehen, bestimmte Firmengeheimnisse gar nicht registerrechtlich schützen zu lassen. Ein populäres Beispiel ist das weltweit erfolgreiche Schmiermittel WD-40, dessen Rezeptur streng geheim ist. Das hat einen einfachen Grund: Mit einer Patentanmeldung müsste die Rezeptur offen gelegt werden und wäre nach Ablauf des Patents für jedermann zugänglich. Die Geheimhaltung ist damit auch eine Alternative zu den eingetragenen Schutzrechten des geistigen Eigentums.

Gleich wie die Motivlage eines Unternehmens in Bezug auf seine Innovationen ist, bietet sich oft nur die Geheimhaltung an. Geheimnisse und Daten müssen dann allerdings auch geschützt werden.

Die meisten Personen werden dabei an große Investitionen im Bereich IT-Security denken, vor allem, nachdem die deutsche Wirtschaftspresse mehrfach von der Gefahr des Innovationsdiebstahls aus Fernost mittels Computer und Hacking berichtet hatte.

Die größte Schwachstelle bei der Wahrung eines Geheimnisses ist jedoch der Mensch selbst. Die meisten Betriebsgeheimnisse werden unmittelbar von ihren Trägern verraten. Oft geschieht dies bei inszenierten Bewerbungsgesprächen, bei denen der Kandidat stolz seine (erfinderischen) Leistungen preisgibt.

Das deutsche Recht sanktioniert mit den §§ 17-18 UWG bereits den Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder deren Verwertung.

Was würde dieses EU-Gesetzgebungsvorhaben also neues für die deutsche Rechtslage bringen?

Eine Richtlinie der europäischen Union verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen in nationales Recht, damit EU-weit einheitliches Recht gilt. Derzeit sind Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht einheitlich im europäischen Binnenmarkt geschützt, was den freien Warenverkehr und die Zusammenarbeit zwischen europäischen Unternehmen behindert. Die Harmonisierung des Wettbewerbsrechts, wie etwa durch die Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken (EG 29/2005, UGP-Richtlinie), erstreckte sich nicht auf Geschäftsgeheimnisse.

Wenn ein deutsches Unternehmen sich beispielsweise nicht sicher sein kann, dass in Spanien die für den Erfolg des Unternehmens maßgebenden Geheimnisse nicht ausreichend geschützt werden, so wird es sich scheuen, dort tätig zu werden.

Die Folge ist, dass nur bestimmte Teile des europäischen Marktes interessant für Innovationsunternehmen sind und wirtschaftliches Ungleichgewicht innerhalb der Union stärker wird.

Auch durch TRIPs, einem weltweiten, völkerrechtlichen Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, konnte bisher keine einheitliche Regelung zu diesem Thema gefunden werden.

Die Art und Weise der Sanktionierung und Rechtsdurchsetzung im Fall des Verrates und Diebstahls von Geschäftsgeheimnissen ist zu unterschiedlich. Sogar die Frage, was eigentlich als Geschäftsgeheimnis anzusehen ist, ist europaweit nicht einheitlich geklärt. Daher sieht der Entwurf der Richtlinie die folgende Begriffsbestimmung für ein Geschäftsgeheimnis vor:

„Gescha?ftsgeheimnis“ sind Informationen, die alle nachstehenden Kriterien erfüllen:

a) sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der
genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personenkreisen,
die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt
oder ohne weiteres zuga?nglich sind;

b) sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind;

c) sie sind Gegenstand von den Umsta?nden entsprechenden angemessenen
Geheimhaltungsmaßnahmen der Person, die die rechtma?ßige Kontrolle über die
Informationen besitzt.

Geschützt werden sollen die Unternehmen vor dem Erwerb von Geschäftsgeheimnissen durch unbefugten Zugang zu oder Kopie von Dokumenten, Gegensta?nden, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der rechtma?ßigen Kontrolle durch den Inhaber des Gescha?ftsgeheimnisses unterliegen und die das Gescha?ftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Gescha?ftsgeheimnis ableiten la?sst, entweder durch Diebstahl, durch Bestechung, durch Betrug, durch Verletzung einer Vertraulichkeitsvereinbarung oder Anstiftung zur Verletzung einer Vertraulichkeitsvereinbarung oder einer anderen Verpflichtung zur Geheimhaltung, oder durch jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umsta?nden als mit einer serio?sen Gescha?ftspraxis nicht vereinbar gilt.

Zudem wird die Richtlinie das Prozessrecht der einzelnen EU-Staaten verändern müssen. Denn in einem öffentlichen Gerichtsverfahren über ein Geheimnis zu prozessieren, erscheint der Sache wenig förderlich. Daher fordert die Richtlinie – vorbehaltlich geeigneter Schutzmaßnahmen, die das Recht auf ein faires Verfahren garantieren – spezifische Anforderungen, die darauf abstellen, die Vertraulichkeit eines Gescha?ftsgeheimnisses, das Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ist, auch im Verlauf und nach Abschluss des Verfahrens zu wahren.

Der Bundesrat und die Deutsche Vereinigung fu?r gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) haben das Vorhaben grundsätzlich begrüßt, jedoch einige Klarstellungen gefordert, da einige Generalklauseln erst durch die nationalen Gerichte konkretisiert werden müssten und daher erhebliche Rechtsunsicherheit verursachen würden. Dies wäre gerade in diesem Bereich wenig förderlich, da Unternehmen somit nicht animiert werden, die Scheu zur gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte zu überwinden.

Das bedeutet, dass vorbehaltlich etwaiger Korrekturen die Richtlinie auf einem guten Weg ist, einen verbindlichen Rechtsstandard für Geschäftsgeheimnisse in Europa zu setzen.

Fazit

Mit ihrer Initiative, eine Richtlinie zum einheitlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu entwickeln, geht die Kommission einen wichtigen Schritt, um europaweite Forschungs- und Entwicklungarbeit zu ermöglichen und Europa als Innovationsstandort zu sichern. Mit einer klaren gesetzlichen Regelung könnten die Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen erfolgreich sanktioniert werden, denn derzeit schrecken Unternehmen noch davor zurück, sich gegen den Diebstahl von Innovationen zur Wehr zur setzen.

Autor: Sebastian Maria Schmitt


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