Streit um Piperonal – Stiftung Warentest verliert gegen Ritter Sport

In einem aufsehenerregenden Rechtsstreit wegen unrichtiger Aussagen und Bewertungen hat die Stiftung Warentest gegen Ritter Sport verloren. Stiftung Warentest darf die Schokolade „Voll Nuss“ nicht mehr als „mangelhaft“ bezeichnen (LG München I, Urt. v. 13.01.2014, Az. 9 O 25477/13).

Testberichte und Produktbewertungen sind heute zu einem wichtigen Aspekt bei der Kaufentscheidung geworden. Besonders Produktbewertungen von renommierten Stellen wie der Stiftung Warentest sind besonders in der Lage, sich auf den Absatz eines Produktes auszuwirken. Nicht umsonst werden Produkte als „Testsieger“ beworben.

Wird ein Produkt jedoch als „mangelhaft“ bewertet, so sind Unternehmen in der Regel nicht damit einverstanden und vielleicht sogar verärgert – schließlich wird die Leistung und das Produkt eines Unternehmens herabgesetzt.

Die entscheidende Frage für ein Unternehmen in dieser Situation ist in der Regel die, ob und wie ein solches vernichtendes Testurteil aus der Welt geschafft werden kann.

Die Voraussetzungen dafür sind indes recht hoch. Die vom Grundgesetz gewährleistete Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 S.1 GG schützt nahezu jede Äußerung bis zur Grenze der Unwahrheit oder bis zur herabsetzenden Schmähkritik.

In Bezug auf Testurteile hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1975 die Kriterien herausgearbeitet, die für eine rechtmäßige Beurteilung eines Produkts erforderlich sind. Voraussetzung ist, dass die Untersuchung von Produkten und deren Darstellung neutral, objektiv, sachkundig und sorgfältig angelegt und durchgeführt werden muss.

Wer sich also im Hass gegen ein Produkt verliert, dessen Testurteil hat vor den Gerichten keinen Bestand und kann leicht im Wege der einstweiligen Verfügung angegriffen werden.

Die Stiftung Warentest erfüllt die Kriterien der Rechtsprechung des BGH aber in der Regel und geht bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zumeist als Gewinner aus dem Gerichtssaal.

In diesem Fall gewann Ritter Sport jedoch die gerichtliche Auseinandersetzung. Die Stiftung Warentest hatte folgendes behauptet: Der in der Schokolade verwendete Stoff Piperonal sei ein künstliches Aroma, wobei Ritter Sport jedoch damit werbe, keine künstlichen Aromastoffe zu verwenden. Diese Täuschung des Verbrauchers war dann ausschlaggebend für das vernichtende Testergebnis.

Rechtlich betrachtet handelt es sich hier um eine Tatsachenbehauptung. Tatsachen sind sämtliche Geschehnisse oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, über deren Bestehen oder Nichtbestehen Beweis erhoben werden kann. Es handelt sich somit um Aussagen, deren Inhalt also objektiv klärbar und nicht nur vom Dafür- oder Dagegenhalten einer Person geprägt ist. Die sich äußernde Person muss solche Tatsachen also beweisen können. Des Weiteren sind Tatsachen nur dann rechtlich geschützt, wenn sie wahr sind.

Problematisch war, dass Piperonal eigentlich kein künstlicher Aromastoff ist. Seine Gewinnung ist jedoch derart aufwändig, dass bei der in Ritter Sport vorkommenden Konzentration nur eine künstliche Herstellung des Stoffes in Betracht komme, so schlussfolgerte die Stiftung Warentest. Es handelte sich also um eine Unterstellung, auf der dann die Note „mangelhaft“ für die Schokoladensorte fußte. Einen naturwissenschaftlichen Test bezüglich der Natur von Piperonal hatte die Stiftung Warentest aber nicht durchgeführt.

Tatsächlich arbeitet Ritter Sport mit einem Unternehmen zusammen, das in der Lage sein soll, Piperonal in einem neuartigen Verfahren auf natürlichem Wege zu gewinnen. Wie das Verfahren nun genau funktioniert, mit dem Piperonal extrahiert wird, unterliegt jedoch einem Geschäftsgeheimnis. Unter Vorlage einer Garantieerklärung dieses Unternehmens versuchte Ritter Sport den Beweis anzutreten, dass es sich bei dem Stoff um einen natürlichen Stoff handelte.

Darauf angekommen ist es aber im Endeffekt nicht. Maßgebend war für das Gericht, dass die Stiftung Warentest ihre nicht bewiesene Unterstellung als unumstößliche Tatsache präsentiert hatte. Der entscheidende rechtliche Fehler war, dass die Leser von der Stiftung Warentest nicht über diese Unklarheiten informiert worden waren. Die Gründe für die Erwägungen waren nicht offen gelegt worden, weswegen die Berichterstattung für eine Aufklärung der Verbraucher schlicht zu unscharf war.

Ein weiterer maßgebender Faktor war laut des Landgerichts der, dass niemals eine Gefährdung der Verbraucher bestanden habe. Daher sei es nicht zu rechtfertigen, dass aufgrund der verbraucherpolitischen Frage der natürlichen Gewinnung oder künstlichen Herstellung eines natürlichen Aromastoffes eine derart untransparente Berichterstattung stattgefunden hat.

Es konnte nicht von einem fairen Warentest gesprochen werden, urteilten die bayerischen Richter, weswegen die Verbreitung des Testergebnisses untersagt wurde.

Fazit

Presseberichte und Testergebnisse sind von entscheidender Bedeutung für die Außendarstellung eines Unternehmens. Beachten Autoren die presserechtlichen Regeln nicht, machen sie ihre Artikel angreifbar. Das ist indes häufig der Fall und eine rechtliche Prüfung von Artikeln ist grundsätzlich sinnvoll. Die Identität eines Unternehmens will gepflegt werden. Juristische Schritte können dabei ein probates Mittel sein.

Autor: Sebastian Maria Schmitt


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