Deutschland darf kein besetztes Land bleiben: Wir brauchen eine Bürgerrechtsbewegung!

Von Helga Zepp-LaRouche

Der in der Geschichte beispiellose, kolossale, globale Lauschangriff auf die amerikanischen Bürger ebenso wie auf die Bürger fremder Staaten, deren Regierungen, Institutionen und Unternehmen repräsentiert eine eklatante Verletzung der Menschenrechte all derer, die ausspioniert werden, und hat faktisch das Völkerrecht ausgehebelt. Dabei werden durch die Überwachungsprogramme „Prism“ und „Tempora“ sämtliche Telefongespräche, Faxe, E-Mails, Briefe, Chats, Video- und Audioübertragungen, Fotos, Datenübertragungen, Videokonferenzen und sehr viele persönliche Gespräche gespeichert, Kommunikationen können direkt von den Servern von Microsoft, Google, Yahoo, Facebook, Paltalk, YouTube, Skype, AOL und Apple abgegriffen werden. Das heißt, auch Kongreß- und Bundestagsabgeordnete, Wissenschaftler, Ingenieure, Unternehmer, Richter, Anwälte, deren Klienten, Ärzte, Priester usw. werden abgehört. Daß diese Informationen nur in Archiven aufbewahrt werden, glaubt wohl nur Dornröschen.

Unglücklicherweise haben wir in Deutschland eine zweifache Erfahrung mit Überwachungsstaaten. Die Gestapo hatte am Ende des Dritten Reichs rund 31.000 Mitarbeiter und zudem ein perfides System von Denunzianten etabliert, das mit dazu beigetragen hat, der Bevölkerung den „deutschen Blick“ anzutrainieren. Das System der Stasi hat ebenfalls die Privatsphäre der Menschen mißachtet nach Mielkes Motto: „Genossen, wir müssen alles wissen!“. Aber trotz der Unbarmherzigkeit, mit der Gegner des DDR-Systems verfolgt wurden: Wer einmal das Stasi-Museum in der Normannenstraße besichtigt hat, wird zustimmen, daß die in Vogelhäuschen versteckten Kameras der Stasi geradezu niedlich waren im Vergleich zu dem globalen Informationsstaubsauger der NSA.

Deshalb hat Edward Snowden der Menschheit einen sehr, sehr großen Dienst erwiesen. Edward Snowden erklärte in seinem Interview gegenüber dem Guardian das Motiv für seine Enthüllungen: „Wir sind in Wirklichkeit dabei, die Öffentlichkeit zu täuschen, und zwar nicht nur die amerikanische Öffentlichkeit, sondern alle Öffentlichkeiten, um eine gewisse Geisteshaltung im globalen Bewußtsein zu schaffen, und ich war selber ein Opfer davon.“ Er habe gehofft, daß diesbezüglich Exzesse unter Kontrolle gebracht würden, aber: „Ich mußte feststellen, daß dies nicht geschah, sondern daß wir im Gegenteil die Exzesse früherer Regierungen multiplizierten, und wir alles noch schlimmer und noch durchdringender machten. Und niemand steht dagegen auf, um es zu stoppen... Die NSA hat bezüglich der Existenz dieses Instruments den Kongreß und bestimmte Kongreßabgeordnete belogen als Antwort in Bezug auf frühere Untersuchungen ihrer Überwachungsaktivitäten.“

Damit hat Snowden den Finger auf den wunden Punkt gelegt: Spätestens seit der Regierung von Bush Sr., vor allem aber den zwei Administrationen von Bush Jr. und noch massiver unter der Administration Obama haben sich die USA von einer Republik in ein Imperium verwandelt, das versucht, die Welt auf der Basis der angloamerikanischen Sonderbeziehung zu kontrollieren. Oder wie Daniel Ellsberg konstatiert hat, der vor 40 Jahren die Pentagon-Papiere veröffentlichte und damit den Skandal auslöste, der zum Rücktritt Richard Nixons führte: „Das Land in dem ich blieb, (um sich der Justiz zu stellen, die Verf.) war ein anderes Amerika, vor einer sehr langen Zeit“, und deshalb habe Snowden den Amerikanern jetzt die Chance gegeben, sich vor der „United Stasi of Amerika“ zu retten.

Genau aus diesem Grund geht es bei dieser Totalüberwachung, die dank Snowden jetzt ans Tageslicht gekommen ist, auch nicht darum, daß „Amerika unser treuester Verbündeter in all den Jahren war und ist“, wie Frau Merkel meint, sondern es geht um die Frage: Akzeptieren wir es, als Vasallen unter einem Empire zu leben, oder stehen wir zu unserer republikanischen Verfassung?

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