Briefe und Reportagen aus Irland während der Hungersnot 1847

Alexander Somerville schrieb seine Briefe und Reportagen im Frühjahr 1847 für die Redaktion des Manchester Examiner. Die seither vergangenen 149 Jahre sind eine lange Zeit, bedenkt man, wie kurzlebig besonders journalistische Prosa dieser Tage geworden ist.
Und doch ist Irland wegen der Präsenz der Geschichte im kollektiven Gedächtnis seiner Menschen und damit auch der Themen in der Literatur in aller Munde: Durch die Verleihung des Nobelpreises an den in Nordirland geborenen Dichter Seamus Heaney im Dezember 1995 wurde das Interesse an irischer Literatur und Kultur hierzulande gewiß noch einmal verstärkt. Zudem wird die Frankfurter Buchmesse 1996 mit ihrem Schwerpunktthema ‘Irland und seine Diaspora’ dazu beitragen, daß auch im deutschsprachigen Raum mehr über Irlands wechselhafte Geschichte bekannt wird, als Rundfunk und Fernsehen bislang in bezug auf den Nordirlandkonflikt verbreitet haben.

Irlands großer Hunger
Briefe und Reportagen aus Irland während der Hungersnot 1847
Alexander Somerville
Unrast Verlag

http://www.new-ebooks.de/ebooks/18939

Mit Somervilles Briefen wenden wir uns einem Irland zu, das noch unter britischer Herrschaft steht, einer bei uns unbekannten Größe. Dieses zeitlich entrückte Irland stellt Georg Grote, ein mittlerweile in der Republik Irland lebender deutscher Historiker, in seiner Einführung vor. Dabei zeichnet er nicht nur (s)ein Bild der Hungersnot selbst und ihrer Ursachen, sondern vermittelt ebenfalls einen Eindruck von den Auswirkungen, die auf politischer Ebene bis in die heutige Zeit reichen. Zugleich betont er, daß mit Somervilles Briefen ein lange vergessenes Dokument wieder entdeckt wurde, genau zur rechten Zeit, um die vor allem nationalistische Sicht der Großen Hungersnot einmal aus anderem Blickwinkel zu betrachten.
Doch sind Somervilles Schriften nicht nur als Dokumente für die Geschichtswissenschaft von Interesse, sondern auch als journalistische Texte, die von zeitgemäßer Rhetorik und Bildersprache geprägt sind und bei denen Landschafts- und Naturbeschreibung bisweilen sogar lyrische Züge annehmen. Insofern gehört Alexander Somerville (1811-1885) durchaus in die Tradition der Reiseschriftsteller und Kriegsberichterstatter à la Daniel Defoe (1660-1731) mit seinen Memoiren eines Kavaliers (1720) zum Dreißigjährigen Krieg auf dem europäischen Festland und dem Bürgerkrieg in England sowie den Reisebriefen in A Tour Through the Whole Island of Great Britain (1724-1726). Auch an Somervilles deutsche und englische Zeitgenossen Heinrich Heine (1797-1856), Charles Dickens (1812-1870) und Theodor Fontane (1819-1898) und ihre Mischung aus Ironie und Anteilnahme mag man sich bei der Lektüre zuweilen erinnern.
Da nun die Große Hungersnot, wie Georg Grote ausführt, zum Ausgangspunkt für die (literarische) Erfindung und (politische) Emanzipation der irischen Nation geworden ist, soll auch die literarische und persönliche Wirkung der Texte Somervilles in diesem Band beleuchtet werden. Dieser Aufgabe hat sich Alex Mulcahy, ein in Münster lebender Ire, in seinem Nachwort angenommen.

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