Mythos Erotik - Eine Lebenskraft tritt aus dem Schatten

Ein Lebensprinzip sein – ist das nicht ein wenig zu viel der Ehre für eine Nebenfigur im griechischen Götterhimmel? Eine Gestalt, die im Laufe der Jahrhunderte zu einem dicklichen Engelchen abwirtschaftete, das mit Spielzeugpfeilen auf putzige rote Herzen zielt? Ich meine nein. Es ist überhaupt nicht zu viel der Ehre, denn Eros ist wahrhaftig ein Lebensprinzip.
Wir haben heute die einzigartige Chance, das schönste Thema der Welt wieder so anzugehen, dass es den ihm einst zugedachten Platz in unserem Leben einnehmen kann, und es noch schöner zu machen, als es ohnehin schon ist. Es ist die richtige Zeit dafür, auch wenn es manchmal gar nicht so aussehen mag.

Mythos Erotik
Eine Lebenskraft tritt aus dem Schatten
Ruediger Dahlke
Verlag: Scorpio Verlag

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Eros ist kein verschleißfester Kämpfer, der mit harten Ellbogen arbeitet, aber er besitzt ein zähes Durchhaltevermögen und hat sich jahrtausendelang gegen seine zahlreichen Feinde behauptet. Er ist ein hartnäckiger Begleiter des Menschen, der seinen Fuß (lebens-)prinzipiell in jede Tür zu stellen vermag, und sollte sie nur einen kleinen Spalt geöffnet sein. Eros’ Stimme ist nicht laut, aber sein Wirken nachhaltig. Um sich in der Welt der Menschen auf das Schönste zu verwirklichen, will er jedoch eingeladen sein.
Lange Zeit waren die gewöhnlichen Lebensverhältnisse wenig einladend für Eros. Als unsere Vorfahren noch in Schmutz, Kälte und Nässe ihr Dasein fristeten, als nicht nur mangelnde, sondern jegliche Abwesenheit von Hygiene die Regel war, dürfte Eros kaum eine Heimstatt unter ihnen gefunden haben. Hinzu kamen schwerste Arbeit, die den Körper erschöpfte, und der enorme Stress, den die ständige Sorge um das Überleben mit sich brachte. Somit wird von vornherein klar: Eros ist nicht nur ein Kind der Natur, sondern vor allem der Kultur. Vielleicht kam Eros sogar zur selben Zeit in das menschliche Dasein wie das Spiel. Dürften nicht sogar erotische Spiele die erste urmenschliche Äußerung des natürlichen Spieltriebs, der so vielen Kreaturen innewohnt, gewesen sein? Niemand weiß es genau, aber es wäre plausibel.
Für sehr lange Zeit konnten nur wenige Menschen es sich leisten, Eros mit gebührender Muße spielerisch zu begegnen. Erotische Kultur war ein reines Oberschichtenthema, wie wir es heute nennen würden. Sie entwickelte sich als ein Privileg der Herrschenden, Reichen und Gebildeten. Von jeher sind es die begüterten Kreise gewesen, und hier insbesondere die Männer, die über genügend Gelegenheit verfügten, überhaupt nennenswerte erotische Erfahrungen zu sammeln. Berühmt war Venedig für seine schönen und gebildeten Kurtisanen – bis die Kirche anlässlich einer Pestepidemie die Gelegenheit beim Schopfe packte und die gerade wieder einmal aufblühende Kultur des Eros erneut zerschlug. Und dies ist nur eines von vielen Beispielen aus einer nicht allzu fernen Epoche. Wenn wir heute drastisch formulieren, dass unsere Gesellschaft oversexed sei, so beschreibt dies auch den ungeheuer großen Unterschied an Lebensressourcen im Vergleich zu dem weit überwiegenden Teil der Vergangenheit.

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