Das Geheimnis von Thor Heyerdahl

Nicht nur Thor Heyerdahls abenteuerliche Reise mit dem Floß „Kontiki“ über den Pazifik bietet Stoff für einen großartigen Kino-Film, auch andere Phasen im Leben des norwegischen Wissenschaftlers würden sich durchaus für etliche spannende Drehbücher eignen. Sei es die Jugendzeit im heimischen Larvik bei Oslo, das Südsee-Abenteuer beim letzten Kannibalen von Fatu Hiva oder der durchaus mysteriöse Aufenthalt bei der sogenannten deutschen „Robinson-Frau“ Margret Wittmer auf der Insel Floreana.

Im Jahr 1953 reiste Heyerdahl (1914 – 2002) mit einem Team von jungen Forschern nach Galapagos, um dort durch Grabungen beweisen zu können, dass der Archipel bereits in vorspanischer Zeit von Osten aus besiedelt worden war. Da die Insel Floreana über eine bekannte Quelle verfügte, bot sich das Areal in deren Umfeld für archäologische Untersuchungen an. Die Quelle befand sich auf dem Grundstück der Familie Wittmer aus Köln, die den Norweger herzlich aufnahm, bewirtete und bei seiner Arbeit unterstützte. Seither kursieren unter den Einwohnern des Eilandes allerlei „wilde Geschichten“, die dem Autor Nicolas Montemolinos bei Recherchen für sein Buch über eine Mordserie auf Floreana zu Ohren kamen. Als Halb-Ecuadorianer mit perfekten Spanisch-Kenntnissen konnte er das Vertrauen einiger Einheimischer gewinnen, das sonst gültige eiserne Gesetz des Schweigens brechen, und es wurden ihm einige erstaunliche Überlieferungen berichtet. So soll Margret Wittmer (1904 – 2000) den Norweger absichtlich an der Stelle graben haben lassen, wo man Jahre zuvor die Leiche der verschwundenen Baronin Eloise von Wagner-Bosquet, einer weitläufigen Verwandten des Komponisten Richard Wagner, vergraben hatte. Tatsächlich habe Thor Heyerdahl das Skelett gefunden und die Knochen mitgenommen. Inwieweit Heyerdahl wusste, wen er da ans Tageslicht beförderte, bleibt unklar. Jedenfalls wären seine Untersuchungen gestoppt worden, hätten die Behörden von dem Fund Nachricht erhalten, zumal der Schädel der Toten eingeschlagen worden war. Margret Wittmer habe den Norweger überzeugen können, die sterblichen Überreste der Baronin verschwinden lassen und Stillschweigen vereinbart. Hatte Thor Heyerdahl also ein Geheimnis? Hat er etwas verschwiegen? Die Gebeine sollen heute, so die Gerüchte auf Floreana, im Keller des anthropologischen Museums von Mexiko City liegen. Da es auf einer kleinen Insel schwierig ist, Geheimnisse zu bewahren und sich einige der Begleiter Heyerdahls mit Alkohol und einheimischen Frauen vergnügten, verbreitete sich diese interessante Saga unter den ortsansässigen Ecuadorianern. Als Dank für die Beseitigung der Leiche habe die Deutsche den Wissenschaftler anschließend zu ihrem Hühnerstall geführt, wo sie vor Jahren auf diverse Tonscherben gestoßen war, die Heyerdahl dann als präkolumbianisch einstufte. Beweise für diese Gerüchte gibt es keine, aber sie haben durchaus Unterhaltungswert und passen stimmig zu den bekannten Tatsachen von Heyerdahls Aufenthalt. Im Buch „Drama auf Floreana“ (ISBN 9783848250653) hat Nicolas Montemolinos das Leben von „Robinson-Frau“ Wittmer aus Köln sowie dem bekannten Auswanderer Dr. Friedrich Ritter aus Berlin 2013 neu recherchiert; für alle am Thema Galapagos Interessierte eine gute Empfehlung.