Urheberrechtsverstoß durch Übernahme von Loriot-Zitaten

Das Landgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 16.01.2013, Az: 9 O 1144/12, einer entsprechenden Urheberrechtsklage teilweise stattgegeben.

Sachverhalt

Dem Urteil des Landgerichts Braunschweig ging ein Rechtsstreit voraus, in dem eine Tochter und Erbin des deutschen Humoristen Vicco von Bülow, alias Loriot, gegen eine Verlagsgruppe prozessierte, die über 60 Zitate des verstorbenen Humoristen für eine Biographie, die Anfang September 2011 von dem Verlag der Beklagten herausgegeben worden war, verwendet hatte. Da dies ohne Genehmigung der Erben von Loriot geschehen war, machte nun eine Tochter des Humoristen Urheberrechtsverletzungen aufgrund der Übernahme dieser Zitate, die aus verschiedenen Quellen, darunter auch Interviews und anderen, von Loriot selbst herausgegebenen Werken, entnommen waren, geltend.

Die Klägerin berief sich darauf, dass die Zitate ohne Genehmigung der Erben übernommen worden seien und die Voraussetzungen der gesetzlichen Zitatfreiheit gemäß § 51 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in diesem Falle nicht anwendbar seien.

Die Beklagte argumentierte dagegen, dass ein Großteil der übernommenen Zitate nicht als Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes geschützt seien beziehungsweise für den Fall, dass das Gericht die Schutzfähigkeit bejahe, die Übernahme von der Zitatfreiheit gemäß § 51 Urheberrechtsgesetz und von der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützt sei.

Urteil

Das Landgericht Braunschweig bejahte Urheberrechtsverletzungen im Hinblick auf 35 übernommene Zitate und untersagte damit den Weiterverkauf des von der Beklagten vertriebenen Buches in der aktuellen Form. Hinsichtlich weiterer 33 beanstandeter Zitate verneinte das Gericht Urheberrechtsverletzungen, da die Übernahme und Veröffentlichung dieser Zitate von den Voraussetzungen der im Urheberrecht geltenden Zitatfreiheit gem. § 51 Urheberrechtsgesetz (UrhG) gedeckt seien.

Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass 35 der insgesamt 68 streitgegenständlichen Zitate als Sprachwerke gemäß § 2 UrhG geschützt seien. Die Übernahme dieser Zitate in die Biografie sei auch von der Zitatfreiheit gemäß § 51 UrhG umfasst.

Die übrigen übernommenen 33 Zitate waren nach Ansicht des Gerichts teilweise bereits nicht schutzfähig im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Dabei handelte es sich um Zitate, die lediglich eine bloße Beschreibung von Geschehnissen zum Inhalt hatten.

Die anderen der ebenfalls geltend gemachten Zitate wurden vom Gericht als urheberrechtlich geschützte Werke angesehen. Deren Übernahme und Veröffentlichung entspreche jedoch den Voraussetzungen der Zitatfreiheit und sei daher nicht rechtswidrig. Diesbezüglich habe nämlich eine eigene inhaltliche Auseinandersetzung des Schriftstellers mit den Zitaten des Humoristen vorgelegen und die Zitate seien als Beleg für diese Meinung des Schriftstellers angeführt worden. Zudem sei die Übernahme einiger Zitate für die Anfertigung einer Biografie über den Humoristen von den Voraussetzungen der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

Voraussetzungen der Zitatfreiheit

Nicht jede Textzitierung ist zulässig. Es sind vielmehr folgende Voraussetzungen zu beachten:

1. Belegfunktion:

Wenn der Autor eines Artikels ein Zitat verwenden möchte, muss zuvor eine eigenständige geistige Auseinandersetzung des Autors mit dem jeweils relevanten Thema stattgefunden haben, so dass das Zitat lediglich als Beleg für die dargestellte eigene Ansicht dient. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt (BGH, Urteil vom 30.11.2011, Az: I ZR 212/10), dass ein Zitat nicht lediglich um seiner selbst willen oder völlig zusammenhanglos oder zur rein informierenden Berichterstattung verwendet werden darf. Es muss eigene Ansichten belegen!

2. Zitatlänge:

Ein zitierter Text muss so kurz wie möglich gefasst sein, in etwa 1/4-1/3 des übernommenen Texts. Es darf nur so viel zitiert werden, wie erforderlich ist, um die eigenen Ansichten zu belegen.

3. Keine Textveränderung:

Der zitierte Text darf nicht verändert werden. Kürzungen oder Auslassungen des zitierten Textes sind möglich, müssen aber entsprechend gekennzeichnet sein, zum Beispiel durch eckige Klammern ( […] ).

4. Zitat hervorheben:Der zitierte Text ist als Zitat darzustellen und entsprechend kenntlich zu machen. Dies kann durch Markierungen oder zum Beispiel auch die Verwendung von Anführungszeichen geschehen.

5. Quellenangabe:

Erforderlich ist auch, dass die entsprechenden Quellen so genau wie möglich, zum Beispiel durch Benennung des Autors und der exakten Fundstelle, offen gelegt werden.

Fazit

Die vorliegende Entscheidung zeigt, dass die Zitierung von Textinhalten - sofern sie nur als Zitat gekennzeichnet sind, wie oftmals angenommen wird - nicht ohne weiteres zulässig ist. Bei jeder Zitierung muss vorher geprüft werden, ob es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt und dieses, wenn keine Genehmigung mittels Urheberrechtsinhabers vorliegt, durch die Voraussetzungen der Zitatfreiheit geschützt ist. Ansonsten können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen drohen.


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