Zwingt das Euro-Debakel, das scheinbar Unmögliche in Angriff zu nehmen?

Obwohl sich die Bundesregierung bemüht, die auf Deutschland für die Sanierung der Pleiteländer der Währungsunion zukommenden Belastungen bis nach der Bundestagswahl 2013 zu verschleiern, werden wir auf die nächsten Hiobsbotschaften nicht lange warten müssen. Die verantwortlichen Politiker werden schon lange von der Entwicklung der Verhältnisse nur noch getrieben, längst sogar über alle legalen Möglichkeiten der Krisenbewältigung hinaus. Die Geschäftsgrundlage der Verträge über die europäische Währungsunion wurde längst verlassen; für die Rettung der Banken und der von ihnen ruinierten staatlichen Haushalte scheint inzwischen jedes Mittel recht.

Der Kapitalismus, die bisher erfolgreichste Gesellschaftsverfassung, die Menschen erfunden haben, hat den Europäern nach dem II. Weltkrieg nie gekannten Wohlstand beschert. Der wirtschaftliche Aufschwung hat den meisten Menschen, beginnend in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, sichere Arbeitsplätze, gute Einkommen und optimistische Perspektiven gegeben.

Wohlstand für alle war keine Utopie. Das ist inzwischen vollkommen anders geworden. Aus den USA über Großbritannien nach Europa eingedrungene neoliberalistische Ideen haben den sozialen Kapitalismus in einen Beutekapitalismus transferiert, in dem die Menschen zunehmend vom Zweck zum Mittel des Wirtschaftens geworden sind. Alleiniges Kriterium guten Wirtschaftens ist seitdem der Profit, und zwar der kurzfristige Profit. Folge sind Millionen Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Millionen Arme, die ohne Aussicht auf bessere Zeiten von der Hand in den Mund leben müssen, Millionen, die im Alter ein leben in Armut erwartet.

Die stark lobbygesteuerte Reformstümperei der vergangenen Jahre hat Deutsch¬land trotz aller Beteuerungen der Politiker nicht zukunftstüchtiger gemacht. Die Stärkung der Wirtschaftskraft durch eine beträchtliche Steigerung der Arbeitsproduktivität ist nur einer Minderheit zugute gekommen; Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger mußten dafür einen hohen Preis bezahlen und weitere Millionen werden, wenn der poli¬tische Kurs nicht radikal geändert wird, dafür noch teuer zahlen müssen. Die „Reformen“ aller Regierungen waren nichts anderes als eine gigantische Umverteilung von unten nach oben. Deutschland nimmt dadurch zu¬se¬¬hend die Sozialstruktur eines Schwellenlandes an.

Während die geringen und mittleren Einkommen in den letzten 20 Jahren real so gut wie gar nicht gestiegen sind, haben sich die hohen und höchsten Einkommen in diesem Zeitraum beträchtlich erhöht, nicht selten vervielfacht. Selbst der Unfähigste, den der Zufall in den Vorstand eines DAX-Unternehmens spült, hat für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Der 55jährige Akademiker aber, der sein Leben lang erfolgreich gearbeitet hat und dann arbeitslos wird, verliert mit seiner Verhartzung alles. Wenn der diesen Staat und seine überversorgten, klientelverhafteten Politiker zum Teufel wünscht, wird man nicht überrascht sein.

Zu allem Überfluß wurden die Steuern auf hohe Einkommen auch noch gesenkt und die Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte erfreut Einkommensmillionäre mit 20 Prozentpunkten Steuerrabatt. Kleinanleger mit geringen Kapitaleinkünften müssen dagegen ihren vollen Steuersatz zahlen. Mit Hilfe eines Steuerabkommens mit der Schweiz wollte die CDU/CSU-FDP-Regierung Steuerhinterzieher auch noch anonym amnestieren. Diese Verhöhnung aller ehrlichen Steuerzahler ist im Bundesrat mit SPD-Mehrheit glücklicherweise gescheitet. Der Klientelpolitik wurde damit eine erste Grenze gesetzt.

Wer wie die FDP und Teile der CDU/CSU die umlagefinanzierte am liebsten durch eine kapitalgedeckte Altersversorgung ersetzen würde, sollte sich doch vor allem um die Belange der „kleinen“ Anleger kümmern. Die haben nämlich nichts zu lachen und werden es in Zukunft auch nicht haben. Die derzeitige Situation der Staatsfinanzen und die Geldpolitik gefährdet deren Vermögen in höchstem Maße. Wer heute vermeintlich sichere Anleihen mit 2,5% Verzinsung kauft, verliert schon bei einem durchaus moderaten Zinsanstieg auf 5% die Hälfte seines Geldes. Mit einem solchen Anstieg der Realzinsen ist im Hinblick auf steigende Inflationsraten infolge ausufernder Staatsschulden und „Rettungs“-Aktionen für insolvente Staaten zu rechnen. Alternative Aktienanlagen sind wegen der kontraktiven Wirkungen der Maßnahmen zur Senkung der Arbeitskosten in den überschuldeten Staaten ebenfalls riskant. Und Anlagen in Edelmetallen sind für Kleinanleger sehr teuer und die Märkte sind anfällig für Manipulationen. Das kurze Fazit ist: für die große Mehrheit der Bevölkerung muß der Staat die auskömmliche Altersversorgung garantieren, und zwar unbedingt.

Klientelpolitik und Lobbyeinfluß haben in den letzten drei Jahrzehnten überhandgenommen. Abgeordnete erhalten ihre Privilegien, weil sie dem Volk dienen sollen. Wenn sie auch gemäß Grundgesetz nur ihrem Gewissen verantwortlich sein sollen – was in unserer faktischen Parteienoligarchie ohnehin in vielen Fällen eher Wunschdenken als Realität ist – so sollten sie doch dem allgemeinen Wohl verpflichtet sein und nicht etwa Sonderinteressen. Leider gibt es kein Qualitätsmanagement der Politik und damit auch keine transparenten Maßstäbe, an denen die Qualität politischer Maßnahmen – ihre Wirkung auf das allgemeine Wohl – gemessen werden kann. Ein solches Qualitätsmanagement einzuführen wäre sicherlich eine ebenso interessante wie wichtige Aufgabe.

Offensichtlich wird politisches Handeln erheblich durch Lobbyvereine beeinflußt, die alles daransetzen, Politiker vor den Karren ihrer Sonderinteressen zu spannen. Das kann bis zur „Hilfe“ bei der Formulierung von Gesetzen gehen. Wer viel Geld investieren kann, ist dabei klar im Vorteil, weshalb der Aphoristiker und Satiriker Prof. Querulix bissig definiert: „Arm ist, wer sich keine Politiker kaufen kann.“ (Am Abgrund hat man den besten Überblick, eBook, 124 S., ISBN 978-3-943788-16-7)

Unter diesen Umständen darf es gar keine Frage sein, daß die Nebeneinkünfte der Parlamentsabgeordneten, die in gar nicht wenigen Fällen betragsmäßig die Haupteinkünfte darstellen, veröffentlicht werden müssen, und zwar unter genauer Angabe der Zahlungsgründe, der Beträge und der Geldquellen. Wir Bürger haben ein Recht zu wissen, von wem unsere Abgeordneten bezahlt werden und wofür. Wem das nicht paßt, der hat im Parlament nichts zu suchen. Es scheint derzeit so, als solle die überfällige Reform der einschlägigen Vorschriften klammheimlich unter den Tisch fallen.

Die beutekapitalistische Lobbydemokratur, als die unser Staatswesen treffend charakterisiert ist, läßt einerseits die Zahl der Reichen kräftig steigen und andererseits auch die der Armen und Perspektivlosen. Die Mittelschicht dagegen schrumpft kontinuierlich, wodurch das Fundament der gesellschaftlichen Stabilität langsam aber sicher erodiert. Wir nähern uns damit allmählich einem Punkt, an dem sozialer Friede und Freiheit in Gefahr geraten.

Die untauglichen Versuche, Griechenland mit hunderten Milliarden Euro vor der Pleite zu retten, lassen das Schlimmste befürchten. Um die Belastungen vor der Bundestagswahl 2013 vom Etat fernzuhalten und die Bevölkerung über die Kosten der Griechenlandhilfe zu täuschen, wird von den Euro-Finanzministern eine aberwitzige Rettungsaktion beschlossen. Man kann sie nur als Konkursverschleppung bezeichnen. Nachdem es inzwischen so aussieht, als ob Deutschland schließlich die gesamte Euro-Rettung allein finanzieren muß, weil alle anderen Staaten in die Rezession abgleiten, fragt sich, welchen Plan die Politiker eigentlich haben – wenn sie überhaupt einen haben.

Politiker begnügen sich seit Jahrzehnten damit, die drängendsten Probleme vor sich herzuschieben und die proaktive zukunftsweisende Gestaltung der Gesellschaften und ihrer wirtschaftlichen Strukturen zu vernachlässigen. Ideologische Engstirnigkeit, Klienteldenken und parteipolitisches Kindergartengezänk haben bisher fast alle vernünftigen Lösungen verhindert. Hinzu kommt, daß die bestehenden unübersichtlichen Verhältnisse der Sozialbürokratie Macht und Pfründen der politischen Klasse sichern.

Wie lange kann das noch gutgehen? Die Banken- und Staatsschuldenkrise kann schneller als gedacht Verhältnisse schaffen, die unbeherrschbar werden. Dadurch entsteht vielleicht ein Katalysator, der tiefgreifende zukunftsweisende Reformen erzwingt.

Der Abhandlung „Unbedingtes individuelles Grundeinkommen in Gestalt einer negativen Einkom¬men¬steuer – Kernstück einer unvermeidlichen Radikalreform unserer Gesellschaft“ liegt eine Vorstellung von einem weniger als heute üblich bürokratisch bevormundeten Staatsbürger zugrunde, einem Staatsbürger, der nicht mehr Mittel der herrschenden polit-ökonomischen Klasse ist, sondern deren gleichberechtigter Partner. Die Studie zeigt Mittel und Wege auf, wie durch Kombination einer mittels lebenslanger Einkommenssicherung aller Staatsbürger stabilisierten Sozialstruktur unserer Gesellschaft und der ökonomischen Leistungsfähigkeit und kreativen Dynamik der kapitalistischen Gesellschaftsverfassung Wohlstand für alle auch in Zukunft gesichert werden können.

Die Abhandlung „Unbedingtes individuelles Grundeinkommen in Gestalt einer negativen Einkommensteuer - Kernstück einer unvermeidlichen Radikalreform unserer Gesellschaft (ISBN 978-3-943788-18-1, eBook, 79 S.) ist über jede gute (Internet-)Buchhandlung oder direkt beim Verlag READ – Rüdenauer Edition Autor Digital (www.read.ruedenauer.de) erhältlich.

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