„Einfach nur lachhaft“ – Pressemitteilung der Bundesregierung zum Fonds für die Heimopfer in den drei Nachkriegsjahrzehnten

Laut einer Pressemitteilung vom 24. Oktober des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zieht die Bundesregierung eine „erste positive Bilanz aus dem Fonds ‚Heimerziehung West’“.
http://www.bundestag.de/presse/hib/2012_10/2012_469/01.html
Das Ministerium weiter: "Die Entscheidung des Bundestages über die Einsetzung des Fonds aufgrund der Empfehlungen des 'Runden Tischs Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren' habe sich 'sehr bewährt', sagte Staatssekretär Lutz Stroppe vom Familienministerium am Mittwoch vor dem Familienausschuss. Das Modell habe sich 'zum Vorbild' entwickelt, nach dem auch anderen Opfergruppen geholfen werden könnte."
Zu den Fakten: "Bis heute seien 2.086 Vereinbarungen mit Opfern über Rentenersatzleistungen und materielle Hilfen getroffen worden. ... Insgesamt seien bislang 12,1 Millionen Euro an finanziellen und materiellen Leistungen gewährt worden."
Zugleich betonte Stroppe, "dass für viele Opfer die Anerkennung ihres Leids wichtiger sei, als die Hilfeleistung über den Fonds."
Indes brodelt es an der Basis der Heimopfergruppen gewaltig. „Einfach nur lachhaft“ findet ein Opfer unter dem Pseudonym „CheGuevara“ die letzte Äußerung des Staatssekretärs. „So eine verlogene Bande gibt es nirgendwo“, heißt es an anderer Stelle in einem Forum für Opfer von Gewalt und Missbrauch. Lutz Adler, der mit vollem Namen genannt werden will: „Ich kann dazu kaum was sagen .... VOR WUT!“
Die nüchternen Zahlen sehen statistisch berechnet nicht glanzvoll für das Ministerium aus: Von ca. 400.000 noch lebenden Heimkindern und -jugendlichen wurden mit 2.086 „Vereinbarungen ... über Rentenzahlungen und materiellen Hilfen“ getroffen. Dies entspricht 0,5, also ein halbes Prozent. Diese 2.086 Opfer haben insgesamt 12,1 Millionen Euro erhalten. Dies ergibt eine Summe von ca. 5.800 Euro pro Opfer.
Schon zu Beginn des „Runden Tisches Heimerziehung“ (RTH) wünschte die Tischvorsitzende Antje Vollmer, dass die Einmalzahlungen nicht höher sein dürften, als die für jüdische Zwangsarbeiter, um diese Gruppe nicht zu brüskieren.
Allerdings missachtete sie den wiederholten Hinweis des damaligen Anwaltes Michael Witti über seine jüdischen Mandanten: „Meine Mandantschaft erhielt im Zuge des Gesamtkomplexes: DM 15000.– plus nun EURO 10000.– bis 30000.– plus monatliche Rente von 200.– bis 400.– EUR“.

Kommentar:

Der Bericht des Staatssekretärs Stroppe vor dem Familienausschuss ist eine weitere psychische Misshandlung der Heimopfer, die Gewalt und Vergewaltigungen ertragen mussten, weil alle staatlichen Instanzen, bis zu den Ortsjugendämtern, in ihrer Aufsichtspflicht versagten. Außerdem gab es bis 1961 keine wirksamen Gesetze zum Schutze von Jugendlichen und Kindern in den Heimen. Die Landesjugendämter wurden erst dann eingerichtet, haben aber ebenfalls ihre Aufsichtspflicht etliche Jahre nicht wahrgenommen. Zumindest ist von keinem Opfer bekannt, dass es mit einem Vertreter der Landesjugendämter sprechen durfte. Angesichts eines halben Prozentes Antragsteller von etwa 400.000 noch lebenden Heimopfern, wobei die Gruppe der Säuglinge, der in die Psychiatrie eingewiesenen Jugendlichen und der behinderten Heimkinder überhaupt nicht berücksichtigt ist, ist die positive Bilanz der Bundesregierung schlichtweg eine Lachnummer. Aus dieser Zahl gar abzuleiten, dass sich die Einrichtung des Fonds „sehr bewährt“ habe, kann man nur als unanständig bezeichnen. Dass dieser Fonds eine Vorbildfunktion haben soll, ist nur den Forderungen der Ehrenberg-Medaillenträgerin Antje Vollmer zu schulden, die zu Beginn ihres gegen die Opfer gerichteten Vorsitzes des RTH eine Grenzlinie zur Höhe möglicher Entschädigungsleistungen gezogen hat. Die Stellungnahmen zu den Zwischen- und Endergebnissen der Arbeit des RTH reichen von zahlreichen Manipulationen bis hin zum offenen Betrug. Zuletzt haben sich selbst die meisten Vertreter der Opfer am RTH von den Ergebnissen distanziert.
http://www.readers-edition.de/2011/06/28/runder-tisch-vollmer-von-allen-...
All diese Tatsachen verschweigt das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und wirft zudem mit der Blendgranate: „dass für viele Opfer die Anerkennung ihres Leids wichtiger sei, als die Hilfeleistung über den Fonds." Die Belege dazu fehlen völlig und lassen sich selbst aus der peinlich geringen Zahl von angeblichen Opferbefriedungen nicht ableiten.
In zwei Abstimmungen haben Heimopfer übrigens ihre Ablehnung des Ergebnisses des RTH zum Ausdruck gebracht.
http://helmutjacob.over-blog.de/article-zwei-abstimmungen-heimopfer-lehn...
Auch diese Aussagen, wenn auch nicht repräsentativ, werden seit Jahren völlig ignoriert. Man muss der Bundesregierung und dem Ministerium Boshaftigkeit attestieren. Ihr einziges Ziel ist die Beruhigung der Öffentlichkeit.