Heuchelei: Diakonie Präsident Johannes Stockmeier fordert Kampf gegen Altersarmut

„’Die gesetzliche Rente schützt absehbar nicht mehr vor Armut. Wer lange Jahre Beiträge zahlt, aber nur ein geringes Einkommen hat, kann heute kaum mehr als die Grundsicherung im Alter erwarten’, sagte Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier am Dienstag in Berlin ...“
http://www.domradio.de/news/artikel_84570.html
„In besondere Not gerieten vor allem Frauen, die aufgrund von Erziehungs- oder Pflegezeiten keine ausreichenden Rentenanwartschaften aufbauen könnten.“, so laut „domradio.de“. „Daher setzt sich die Diakonie für eine gesetzliche Mindestrente ein, die Erwerbstätige, Pflegende und Erziehende vor drückender Armut schützt“, erklärte Stockmeier laut domradio.de

Meine Meinung:

Die Tränen schießen aus den Drüsen ob des tapferen Einsatzes unseres Diakonie Präsidenten an der vordersten sozialen Front. Er will der Macht der Politiker und den Ausbeutern in den Betrieben die Stirn bieten. Im Folgenden kritisiert er unerschrocken und wahrscheinlich mit treuem Dackelblick, der dann sichtbar wird, wenn er sich für die Entrechteten und Geknechteten einsetzt. Das letzte Mal legte er übrigens diesen Blick auf, als er am evangelisch-diakonischen Busstag, 11. September 2011 in der Friedrichstadtkirche in Berlin, „gegenüber den ehemaligen Heimkindern um Verzeihung bitten“ wollte. Wir erinnern uns des Bildes: EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider und Bruder Johannes nahmen eine Heimopfervertreterin (die gar keine Vertreterin sein wollte) in die Klammer milder, gütiger Mitleid bezeugender Augen. Das Bild produzierte ebenfalls reichlich Tränensaft; aber das ist eine andere Geschichte:
http://helmutjacob.over-blog.de/article-das-war-wirklich-spitze-ekd-bat-...
http://helmutjacob.over-blog.de/article-evangelische-kirche-will-gegenub...

Nun zur vermutlichten Gesichtskosmetik unseres diakonischen Bruders in diesem Falle: Er kritisierte unsere Bundes-Uschi, - die bereits vor Installation des „Runden Tisches Heimerziehung“ ihre Giftspritzen zur Lähmung der Arbeit des Gremiums (Kürzung der Mittel um die Hälfte) gesetzt hatte (Suchanfrage „von der Leyen + RTH“) - laut domradio.de: „Die geplante Zuschussrente von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen ist unzureichend.“

Donnerwetter! Der Mann hat Mumm! Aber die Tränen der Rührung gefrieren sofort zu Kristall, wenn man betrachtet, wie die Diakonie ihre Mitarbeiter über den Tisch zieht. Ich nehme es vorweg: Sie hat einen Berg voller Leichen im Keller.

Es ist mir keine diakonische Einrichtung mehr bekannt, die menschenwürdige Löhne zahlt, die reichen, um das tägliche Leben zu finanzieren UND für die Alterssicherung noch Rücklagen zu bilden. Statt dessen werden „Personalservice-Gesellschaften“ (der Begriff Service klingt nach Wellness und Verwöhnen) oder „Personalleasing-Gesellschaften“ (dieser Begriff offenbart etwas mehr die beabsichtigte Schweinerei) gegründet. Mitarbeiter werden aus dem normalen Arbeitsvertrag, ja auch hinausgemobbt; aber man darf nur „herauskomplimentiert“ schreiben. Über diese neuen Firmen, die überwiegend im Besitz der Einrichtungen sind, dürfen sich die Gequälten, die vor Existenzangst kein Auge mehr zubekommen, wieder einstellen lassen und beim nächsten Blick auf den Gehaltsstreifen folgt die Ernüchterung: Ein Drittel weniger Lohn auf dem Konto. Das führt zur Suche nach Nebenjobs, die die Begeisterung für den Hauptjob zunehmend lähmt und zum Frust führt. Es wird nur noch Dienst nach Vorschrift gemacht und die Gewalt an den Hilflosen, die ihnen anvertraut werden, nimmt zu. Erste hochgerechnete Statistiken, großteils unter Verschluss gehalten, zeigen schon jetzt den Skandal auf. Und, wo Daten unter den Teppich gekehrt werden, sind es Rundfunk und Fernsehen (nicht so sehr die Presse, weil die entweder zu weit „weg vom Schuß“ oder in einer Nachrichten-Abhängigkeit zu diesen Einrichtungen steckt, damit sie ihre Lokalblättchen einigermaßen füllen können), die diese Verbrechen an Alten, Kranken und Behinderten in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Die drei Nachkriegsjahrzehnte lassen grüßen. Die ach so frommen Brüder und Schwestern, die sich so für die Alten mit würdigen Renten einsetzen, haben den Grundstein für die Altenarmut ihrer Beschäftigten gelegt.

Die drei Nachkriegsjahrzehnte lassen auch in anderer Hinsicht grüßen. Heimkinder und Jugendliche wurden unter Schlägen, Fußtritten, Hundebissen und psychischen Bedrohungen zu Zwangsarbeiten im Moor, auf den Feldern, in eigenen Heimen oder als Leiharbeiter und Sklaven in Ausbeuter-Firmen und Schweineställen herangezogen. Zum einen stärkten sie damit ahnungslos die Macht der Einrichtungen und ihre kirchlichen Träger, zum anderen wurden für sie keine Rentenbeiträge abgeführt, so dass die meisten Heimkinder bereits ein jämmerliches Leben in Altersarmut fristen. Zum dritten haben die diakonischen Einrichtungen durch diese Zwangsarbeit Personal eingespart und dabei trotz des erzielten Gewinns nicht einen Gedanken daran verschwendet, qualifiziertes, pädagogisch geschultes Personal einzustellen. Die Folgen sind inzwischen in etlichen Büchern von Historikern (Schmuhl, Winkler), in schriftlichen Biographien von Opfern - die es geschafft haben, die Heimhöllen ohne sichtbare Anzeichen von Wahnsinn, aber bis zum Lebensende traumatisiert und/oder wegen fehlender Sozialisation ausgegrenzt, zu überstehen - und auf hunderten von Internetseiten (so auf der Dokumentationplattform www.gewalt-im-jhh.de, im Blog von Dierk Schäfer, http://dierkschaefer.wordpress.com/ und auf der Homepage des Vereins Ehemalige Heimkinder http://www.veh-ev.eu/ ) nachzulesen. Gerade die evangelische und katholische Kirche hat in den 30er-Jahren Verwüstungen hinterlassen und ist dabei, sich auf dem heutigen Schlachtfeld vorzudrängeln.

Gute Arbeit braucht guten Lohn! Arbeit in Einrichtungen, in denen Alte, Hilflose und Behinderte versorgt werden, braucht doppelten Lohn! Motivation entsteht, nicht nur, aber oft lebensnotwendig, beim Blick auf den Gehaltsstreifen.

Bruder Johannes sollte nicht schwadronieren und Botschaften verkündigen, die lediglich die Öffentlichkeit vom eigenen Versagen ablenken. Er sollte keine Nebelkerzen werfen, sondern in Berlin auf den Tisch hauen - wie es schon vor 70 Jahren die „Innere Mission“ hätte tun müssen - und sagen: „Für dieses Geld können wir in Achtung und Verantwortung vor den uns Anvertrauten nicht arbeiten. Legt nach, sonst karren wir Euch Eure Opfer busweise vor den Reichstag.“ Ziehen Diakonie und Caritas weiterhin feige den Schwanz ein, werden schon bald die nächsten Runden Tische fällig.