Dr. Horst Siegfried Werner zu kapitalmarkt-mächtigen Banken und deren kartellrechtliche Entflechtung

Großbanken haben zuviel Macht am Kapitalmarkt, so Dr. Horst Siegfried Werner, mit finanziellen Risiken für die Staatengemeinschaft angehäuft. Die geplante Bankenunion in Europa und die Bankenkontrolle durch die Europäische Zentralbank bedürfen deshalb der Risikoverminderung durch eine wettbewerbsrechtliche Begrenzug ihrer Macht am Finanzmarkt mit gesetzlichen Regeln zur Entflechtung. Große Banken die als systemrelevante Banken identifiziert worden sind, müssen sich verstärkt eine Diskussion über ihre Entflechtung bzw. Teilung und Zerschlagung in einzelne Geschäftsbereiche gefallen lassen. Der Staat muß sich zu entsprechenden kartellrechtlicher Notmaßnahmen aus Staatsschutzgründen gewzungen sehen, will er mit seinen Steuerbürgern nicht mit unüberschaubaren finanziellen Risiken leben.

Die Diskussion der Finanzökonomen um den den Bankenverbund in EU-Ländern mit öffentlichen Aufrufen und Gegenaufrufen ist eher angstschürend denn als lösungsorientiert. Beide Diskussionsparteien bringen Teilaspekte der Gesamtproblematik zum Ausdruck. Die einen übertreiben etwas, die anderen verharmlosen - aber sie treffen nicht den Kern des Problems ! Die Vereinbarung einer europäischen Bankenunion und einer europaeinheitlichen Bankenaufsicht ist im Sinne der Erhaltung der gemeinsamen Euro-Währung und einer wirtschaftspolitischen Integration Europas ein richtiger Schritt gewesen. Allerdings müssen die Folgen daraus flankierend abgesichert werden. Das Ganze bedarf einer tragfähigen, systemischen Grundlage. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat dies zutreffend erkannt. Die „fünf Wirtschaftsweisen“ veröffentlichten am Freitagabend, den 06. Juli 2012 ein Sondergutachten zur Euro-Krise, in dem sie Europa „in einer systemischen Krise“ sehen, „die den Fortbestand der gemeinsamen EU-Währung und die ökonomische Stabilität Deutschlands gleichermaßen gefährdet.“ Der vom Sachverständigenrat abermals ins Spiel gebrachte "Schuldentilgungsfonds" ist jedoch eine ganz andere Baustelle der staatlichen Schulden und nicht der Banken-Überschuldung. Selbstverständlich muss sich die Politik ( möglichst bald ) auch dieser anderen Baustelle annehmen.

Das System der Bankenunion bedarf nicht nur einheitlichen Aufsichtskontrolle, sondern einer gesetzlichen Marktmacht-Kontrolle durch europäisches Kartellrecht. Eine reine Bankenaufsicht kann – wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen - versagen oder von den Investment-Akteuren getäuscht werden, wie wir dies immer wieder in den letzten Jahren in der Bankenbranche erleben mussten; zuletzt durch den Zinsmanipulationsskandal beim Libor-Zins. Deshalb bedarf es eines zusätzlichen „Schutzwalls“ durch kartellrechtliche Marktmacht-Kontrolle mit einer Entflechtung von systemrelevanten Banken. Dies allein würde den Bürgern, den kritischen Finanz-Professoren und den Steuerzahlern die Angst und Sorge vor weiteren Großbanken-Pleiten mit der Haftung durch den ESM als verkappten „europäischen Bankenrettungsschirm“ nehmen können. Über die kartellrechtliche Marktmachtbegrenzung – wie wir sie aus den USA kennen – muss das Entstehen systemrelevanter Banken verhindert und das Vorhandensein bestehender Systemrelevanz durch Entflechtung und Teilung bzw. behördlich angeordneten „Zwangsverkauf“ beseitigt werden. In Amerika mussten die Großbanken in dieser Woche bereits Entflechtungsvorschläge für ihre eigenen Bankinstitute bei den Aufsichtsbehörden einreichen. Sobald dieser Schritt zur kartellrechtlichen Finanzmachtbegrenzung auch in Europa erfolgt, tun wir einen großen Schritt aus der „systemischen Krise", die die Wirtschaftsweisen beklagen. Das hilft zwar nicht sofort, beseitigt aber die schmerzhaft erkannten Systemfehler wenigstens für die Zukunft und belastet nicht wiederholend unsere Kinder. Dann braucht - was schmerzhaft genug ist - der ESM nur eventuelle "Altfälle" wie z.B. die spanische Bank Bankia abwickeln. Das würde bedeuten: Ein Schrecken, aber ein Schrecken m i t Ende !

Ein anderer Gedanke, zukünftig bei Bankenpleiten eine (Mit-)Haftung von Gläubigern und Investoren ins Spiel zu bringen und über einen Debt-Equity-Swap die Insolvenz zu regulieren, ist nicht hilfreich. Hierfür gibt es rechtssystematisch keinen Ansatzpunkt ( niemand kann im gesetzlichen Zwangswege vom Gläubiger zum Eigentümer bestimmt werden; das wäre verfassungsrechtlich nicht zulässig ) und würde Investoren nur abschrecken. Dann hätten es die Banken noch schwerer die Eigenkaptalrichtlinien von Basel III zu erfüllen. Eine kartellrechtliche Entflechtung per Gesetz hätte dagegen ( auch ) eine Präventionswirkung und wäre nach dem Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet, auch verfassungskonform.