Rechtsprechungsänderung: Soldatenrecht: „Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer“, BVerwG 6 C 11.11

Soldatenrecht: „Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer“, BVerwG 6 C 11.11

Änderung der Rechtsprechung!

Leitsatz aus der Pressemitteilung:

Aktive Berufs- und Zeitsoldaten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr haben ebenso wie Wehrpflichti-ge und alle anderen Soldaten der Bundeswehr einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt für Fami-lie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (früher: Bundesamt für den Zivildienst) ein Anerkennungsver-fahren durchführt, wenn sie einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellen.

Bei der am 22.02.2012 getroffenen Entscheidung handelt es sich um eine grundlegende Rechtspre-chungsänderung. Bis zum genannten Entscheidungszeitraum war es insbesondere Sanitätsoffizie-ren verwehrt, sich vorbehaltlos auf das Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG zu berufen. Demnach konn-ten nur diejenigen Wehrpflichtigen den vollen Schutz des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG für sich in Anspruch nehmen, deren Berechtigung in den gesetzlich vorgesehenen Anerkennungsver-fahren förmlich festgestellt worden ist. Eingeschlossen in diese Berechtigung war unter Berücksich-tigung der Regelung des Art. 12a Abs. 2 Satz 3 GG das Recht zur Verweigerung auch des waffenlosen Dienstes in der Bundeswehr. Demgegenüber ließ sich aus dem lediglich geltendgemachten, aber noch nicht förmlich festgestellten Grundrecht nur eine vorläufige Sicherung seines Kernbereichs in dem Sinne ableiten, dass zwar eine Heranziehung zum Kriegsdienst mit der Waffe, nicht aber zum waffenlosen Dienst ausgeschlossen ist. Waffenlos war - so die damalige Rechtsprechungspraxis - derjenige Dienst, der keine Tätigkeiten umfasste, die in einem nach dem Stand der jeweiligen Waf-fentechnik mittelbaren Zusammenhang zum Einsatz von Kriegswaffen steht. Zu dem waffenlosen Dienst in diesem Sinne zählte auch der Sanitätsdienst. Deshalb bestand für Soldaten im Sanitäts-dienst, die sich als Berufs- oder Zeitsoldaten freiwillig zum Dienst in der Bundeswehr verpflichtet haben, kein Rechtsschutzbedürfnis zur Stellung des Antrags auf Anerkennung als Kriegdienstver-weigerer, weil und solange sie Sanitätsdienst zu leisten haben, denn ihr Dienst war kein Kriegsdienst mit der Waffe.

Die Sanitätsoffiziere mussten vielmehr einen auf § 55 Abs. 3 SG gestützten Antrag auf vorzeitige Ent-lassung aus dem Soldatenverhältnis stellen,

vgl.BVerwG, Urteile vom 28. August 1996 - 6 C 2.95 - NVwZ-RR 1997, 364, vom 22. August 1994 - 6 C 14.93 - Buchholz 448.6 § 13 KDVG Nr. 17, vom 17. August 1988 - 6 C 36.86 -BVerwGE 80, 62 und vom 27. November 1985 - 6 C 5.85 - BVerwGE 72, 241, Beschlüsse vom 20. November 2009 - 6 B 24.09 - NVwZ-RR 2010, 156 und vom 3. Juli 1996 - 2 B 80.96 - NZWEHRR 1996, 217; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2005 - 10 A 11919/04 - Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 1996 - 4 S 1485.95 - VGH BW-LS 1996, Beilage 6, W 7).

Formale Fehlentscheidungen im Soldatenrecht können einen erheblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung der beruflichen Karriere haben. Aber: Berufssoldatentum ist kein rechtsfreier Raum. Der Druck auf die Bundeswehr wächst; insbesondere nach Abschaffung der Wehrpflicht. Die Um-setzung dieses Prozesses hat nicht nur zu einer Straffung der Bundeswehrsstrukturen geführt son-dern auch rechtlich erhebliche Folgeprobleme aufgeworfen. Wir beraten und vertreten Zeit- und Berufssoldaten bei allen rechtlichen Schwierigkeiten im Bereich der Bundeswehr und helfen Ihnen, Lösungen zu finden.


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