Union Jack und der Erfolg

Alles im Lack in Great Britain. So oder so. Alles supergut in der Stadt des Big Ben. Die Aussicht, das Maisonette Apartment, die eiskalten Getränke, die Autos, die boote und vor allem: die Frauen. Besser konnte es einfach nicht laufen. Ein fantastisches Leben, ein spielerisches Leben ist das. Einfach in den Tag hinein leben, spät aufstehen, immer mit einer neuen Bekanntschaft im Arm, meistens sogar mit zwei oder mehreren. Jede nacht unterwegs sein, mit dem Jaguar durch die Stadt fahren, nein, sich fahren lassen, den Schampus immer offen, die Zigarre immer an. Der Font seines Jaguars war immer voll besetzt. Seit Jahren schon war er nicht mehr alleine gefahren. Warum auch? Es gab ja auch seit Jahren jeden Tag etwas zu feiern. Und wenn man sich mal die Zeit nahm, genau darüber nachzudenken, warum und wie und weshalb und wieso überhaupt das alles genau so passiert war, kam man immer wieder zu einem folgenschweren Entschluss: eigentlich egal, Hauptsache es geht genau so weiter. Das ganze liebe lange und schöne Leben lang! James Hunt, genannt Union Jack, genoss es einfach in vollen Zügen. Frei nach dem Motto: „Lebe jeden Tag als wäre es dein letzter.“ Diese Einstellung machte ihn seit Jahren zu einem der gefragtesten Männer des Londoner Nachtlebens. Mit ihm war es immer einfach ins Gespräch zu kommen, er hatte immer Zeit und für Freunde war er Tag und besonders Nacht stets bereit, alles zu tun. Was auch häufig genug vorkam – denn dort, wo er herkam, wo er seine Wurzeln hatte, waren Streit und Probleme an der Tagesordnung. Aber all das brauchte ihn einfach nicht mehr zu interessieren, genau aus dieser Welt wollte er immer weg, wollte er Zeit seines Lebens raus. Und jetzt hatte er es endgültig geschafft. Er lehnte sich zurück, er war seit Urzeiten noch mal allein in seinem Penthouse mitten im Londoner Finanzdistrikt. Er goss sich einen seiner teuersten Rotweine ein, setzte sich auf seinen Stuhl, der aus reinstem Tropenholz, geschlagen in einer dieser klaren Mondnächte direkt in Ufernähe des Amazonas, zündetet sich ein Zigarre aus der Kiste von Fidel Castro höchstpersönlich an und versank in seinen Gedanken.

1989 London. Das Wetter britisch, das Essen britisch also schlecht, die Laune wie das Essen und das Wetter zusammen. James Hunt ziog wieder einmal alleine durch die Stadt. Der Regen wies ihm den Weg in eines der Casinos, aus denen er eigentlich jedes Mal wie ein geprügelter Straßenköter heraus schlich. Alkoholisiert und desillusioniert zugleich, immer mit weniger Geld in der Tasche als vorher, immer zerstörter und ruinierter. Entweder konnte er einfach nicht Glücks spielen, oder das Glück war ihm einfach nicht wohlgesonnen in seinem Glückspielerleben. Aber es macht Spaß, unglaublichen Spaß und es lenkte ihn ab von seinem langweiligen Alltagsleben als Kundenberater in der Royal Bank of Scotland mitten im Londoner Finanzdistrikt. Dort also, wo die ganz große Kohle gemacht. Wo es so viele Pfundskerle gibt, dass man schon fast die Währung ändern müsste ... Er trat als wieder einmal völlig übernächtigt und durchzecht auf die Straßen Londons, setzte sich auf eine kleine Bank und schob eine ruhige Kugel. Es musste doch einen Weg geben, wie man dieses Roulette richtig spielen könnte. Es konnte einfach nicht sein, dass es ihm kein einziges Mal glückte, System in dieses Spiel zu bringen. Immer stand er auf der Seite der Verlierer, der lachhaften Gestalten, die ohne Frau und Geld die Nacht verbrachten. Über seinem Kopf sah er bereist die Pleitegeier kreisen, unbarmherzig, schnell und permanent anwesen wie die Kondensstreifen der Riesenvögel, die entweder von London-Heathrow aus starteten oder auf den asphaltierten Marathonpisten dort landeten. Er macht die Augen zu und auch all die Jahre später weiß er immer noch nicht, ob er damals in einen sehr langen, sehr angenehmen Traum fiel oder ob er doch wach war und das alles in der Wirklichkeit, der sogenannten Realität, erleben konnte. Es war aber sicher so, dass aus weiter Ferne zwei Vögel auf ihn zu flogen, er musste wohl in einer Einflugschneise sitzen. Sie kamen und setzen sich jeweils auf eine Schulter des desillusionierten Bankers. Es war ein schwarzer und ein roter Rabe. Engel links, Teufel rechts, so war ihm zumute. Beide flüsterten unaufhörlich auf ihn ein, hin und her wogen die Argumente. „Hör auf mit dem Roulette spielen, es wird dich ruinieren!“ „Nein, weiter, weiter, weiter – denn ich habe die Roulette Strategie!“ So ging es die ganze Zeit weiter. Ein offener Schlagabtausch zwischen zwei Roulette-Raben – es muss einfach ein Traum gewesen sein. Nach einiger Zeit dieses fast wahnsinnigen Kommunikationsgewitters hatte James endgültig genug von der ganzen Sache. Er zückte seinen Kugelschreiber, zog ein paar alte Kontoauszüge aus seiner Tasche und begann, die Kommentare der Raben mitzuschreiben. Ihn faszinierte der schwarze Rabe, der immer wieder von einer sogenannten Strategie schwärmte, die er ihm verraten würde, falls James dem Raben nur einen Gefallen tun würde: Ihm einen goldenen, großen Käfig zu schenken!

Nachdem James sich die Strategie notierte, ging er den Pakt mit dem Raben ein. Und am nächsten Abend in ein Casino. Ein Jahr lang am Stück gewann er einfach jedes Spiel. Und wer ihn heute in seinem Penthouse in Central London besuchen kommt, wundert sich jedes Mal über diesen riesengroßen goldenen Käfig, der in James Wohnung steht. Und über diesen unglaublich glücklichen Raben ...

Nähere Informationen zur Strategie finden Sie auf http://dieroulettestrategie.net


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