„Die Schieflage muss beseitigt werden“

Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) zu Gast bei Förstina: Expertengespräch zur Verpackungsverordnung

Eichenzell-Lütter. Im Rahmen eines Expertengesprächs zur Verpackungsverordnung – oder besser: der Thematik Mehrweg- und Einweggebinde im Getränkebereich – diskutierte Hessens SPD-Chef und Fraktionsvorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel mit der Führungsriege des Mineralbrunnens Förstina.

Um die problematischen Wettbewerbsvorteile der Einwegflaschen-Produzenten in der Wirtschaft in Erinnerung zu rufen, trafen sich Seniorchefin Doris Ehrhardt, die Geschäftsführer Ulrich Ehrhardt und Andreas Richardt, die Verkaufsleiter Gerhard Bub und Peter Seufert und Betriebsrat Frank Häberle mit dem Landesvorsitzendem der SPD Hessen und Fraktionsvorsitzendem der SPD-Fraktion im hessischen Landtag Thorsten Schäfer-Gümbel. Anwesend waren weiterhin die Spitzenkandidaten der SPD aus der Kommunalpolitik sowie des Kreistages. Gegenstand des Treffens waren die Folgen der 2003 in Kraft getretenen Verpackungsverordnung, welche den Rückgang der Mehrwegproduktion aufhalten und für mehr Energieeffizienz sorgen sollte. Nach Jahren zeichnet sich jedoch ein gegenteiliger Trend ab: Die großen Abfüllbetriebe, welche die Discounter beliefern, fünf an der Zahl, teilen sich mittlerweile knapp 54 Prozent des Getränkemarktes, wobei diese allesamt Getränke in Einweggebinden produzieren. Die verbleibenden 46 Prozent des Marktes teilen sich hingegen über 200 kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Produkte in der Regel in Mehrwegflaschen anbieten. „Dies ist eine Schieflage, die so für die betroffenen Unternehmen nicht mehr tragbar ist und auch nicht sein sollte. Hier ist genau das Gegenteil der Ziele eingetreten, die mit der Verpackungsverordnung angepeilt wurden“, äußerte sich Vertriebsleiter Peter Seufert.

Als problematisch sieht man bei Förstina die „Besserstellung von Einweganbietern“ an: „Das Pfandsystem auf Einwegflaschen erfüllt im Gegensatz zum Mehrwegsystem keine Wertsicherungsfunktion, das führt im (Discount)-Handel zu einer sofortigen Liquiditätsverbesserung, zu enormen Zinserträgen – und zusätzlich auch zu außerordentlichen Erträgen durch Pfandschlupf“, erklärte Gerhard Bub. „Zusätzlich erhalten die Discounterlieferanten noch Subventionen aus der Staatskasse“, ergänzte Peter Seufert und betonte, dass Förstina nicht um die gleichen Fördergelder bitte, sondern sich für einen fairen Wettbewerb einsetze, ohne Quersubventionierungen und mit geeigneten Lenkungsinstrumenten. Thorsten Schäfer-Gümbel sieht die Landes- und Bundesregierung durchaus in der Pflicht: „Unternehmen wie Förstina rennen mit einem solchen Thema offene Türen ein, gerade was die Energieeffizienz angeht. Die Regierungen müssen und wollen klare Regeln schaffen, die einen fairen Wettbewerb wieder möglich machen.“ Die Verpackungsverordnung sei zu sehr aus dem Fokus der Politiker geraten, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise, die Thorsten Schäfer-Gümbel im Gegensatz zu vielen anderen Politikern noch nicht am Ende sieht. „Ein weiteres Problem ist, dass der Kunde nach dem Geldbeutel entscheidet und vielen Menschen auch gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als das günstigste Produkt zu kaufen!“ Doch gerade wegen des regionalen Fokus und durch kurze logistische Wege, könne der Mineralbrunnen Förstina neben seinem Markensortiment, auch nachhaltige und preisgünstige Produkte anbieten, äußerte sich Peter Seufert. „Dazu müssen im Gesamtmarkt allerdings auch die Richtlinien eingehalten werden: 80 Prozent soll die Mehrwegquote im Getränkemarkt eigentlich betragen, zurzeit sind es lediglich knapp 50 Prozent“, so Seufert. Nach einer Betriebsbegehung durch die Produktionshallen des Unternehmens schloss Thorsten Schäfer-Gümbel seinen Besuch in Eichenzell mit dem Versprechen ab, sich des Problems anzunehmen: „Regionalität ist ein wesentlicher Moment der Energieeffizienz. Ich kann Ihnen garantieren, dass wir diese Situation auf unsere Tagesordnung setzen!“

Förstina
Die Firmengeschichte reicht bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück: 1928 gründeten Elisabeth und Justus Ehrhardt in schwierigen Zeiten den Mineral- und Heilbrunnen Förstina. Zunächst belieferten sie Kunden in und um Neuhof mit Wasser und Brause. Seit 1957 ist das Unternehmen in Eichenzell-Lütter ansässig und wird heute in dritter Generation von Ulrich Ehrhardt und Andreas Richardt geführt. Die Produktpalette wurde im Laufe der Jahrzehnte immer weiter ausgebaut: Sie umfasst neben Mineral- und Heilwässern unter anderem auch Fruchtschorlen. Förstina beschäftigt circa 300 Mitarbeiter.

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