Micky Berresheim´s Music Corner : DDR-ROCK Honneckers Erbe

Micky Berresheim´s Music Corner : DDR-ROCK Honneckers Erbe

Nicht alles, was aus Dunkeldeutschland stammte, war mies. Mir fällt zwar gerade nichts ein, das gut gewesen wäre, aber ich bin unvoreingenommen genug, um zu glauben, daß sich irgend etwas finden ließe, wenn man nur lang genug sucht. Zum wirklich Üblen, was die DDR hervorgebracht hat, zählen in erster Linie die musikalischen Kulturvernichtungsattacken, die sie mit Gruppen wie den Puhdys, Karat, City und – worst of all – Silly losgejagt hat. Doch nicht so voreilig. Am Anfang aller DDR-Musik stand der Lipsi, eine Form von staatlich angeordnetem Rock’N’Roll, der kastriert worden und von seinem Sexappeal befreit worden war. Logischerweise war der Lipsi ein Flop. Um den Westen vor dieser Art Musik zu schützen, ließen die alliierten Westmächte schließlich die Mauer, eine gewaltige Lärmschutzwand, errichten und taten ein Gutes damit. Im nachhinein erscheint der Lipsi jedoch als ein echtes Highlight in der DDR-Musikgeschichte, denn in den Siebzigern feierten Daseinsformen Erfolge, wie man sie sonst nur von Völkern kennt, die aufgrund ihrer Debilität bereits im Holozän ausgestorben sind.

Die Puhdys klauten beim Westpop alles, dessen sie habhaft werden konnten, vorzugsweise bei Uriah Heep. Das Ergebnis waren Schauderlichkeiten wie Reise zum Mittelpunkt der Erde oder Geh Zu Ihr Und Laß Deinen Drachen Steigen, kleine Ostmanierismen mit wundersamen Pseudotexten. Ein Beispiel gefällig?

Als wir in den Leib der Erde drangen,
schieden wir nicht mehr die Nacht vom Tag.
Wir gruben uns in Frost und Felsen.
Um uns ein Heer von Blitzen lag.

Bestürzend war auch der Text ihres Songs Wenn Ein Mensch Lebt. Hier ein Ausschnitt:

Meine Freundin ist schön,
als ich aufstand, ist sie gegangen.
Weckt sie nicht, bis sie sich regt.
Ich habe mich in ihren Schatten gelegt.

Mein lieber Schwan, das will ich gute Lyrik heißen. Und im DDR-Rock gab es jede Menge davon. Die Texter dort liebten von jeder Bedeutung befreite Verklausulierungen und erbrachten damit den Beweis, daß Sprache und Stacheldraht im Grunde fast dasselbe sind. Wahrscheinlich hatten sie im Industriekombinat Liedgut alle einmal mit den Songs von Marc Bolan Kontakt und wollten in dessen Fußstapfen treten. Die Jungs von Karat hatten dieses Bedeutungsgeblähe jedenfalls drauf und mit Über Sieben Brücken Mußt Du Gehen einen allseits anerkannten Hit. Warzenbacke Peter Maffay entblödete sich später nicht, diesen Firlefanz im Westen zu verbreiten. Aber mein Gott, er hatte auch schon Steppenwolf gesungen und damit gezeigt, daß er in Wahrheit kein Rumäne, sondern ebenfalls Ostdeutscher ist.

Die Band City kam ebenfalls groß raus. Sie hatten da eine Nummer, die sich Am Fenster schimpfte und vornehmlich aus dem süffisanten Spiel einer Geige bestand. Aber was waren sie alle gegen Silly, eine Truppe mit einer ausgelutschten Hetäre namens Tamara Danz am Mikro, die selbst keine Antwort darauf hatte, wieso sie nicht frühzeitig füsiliert worden war. Und selbst nachdem die Mauer nicht mehr existierte, machten sie alle gnadenlos weiter, weil sie nicht wußten, wofür die Buchstaben DDR in Wirklichkeit stehen, nämlich für Das Dürfte Reichen.

http://www.youtube.com/watch?v=rP0vn9PZ3kU

und dann noch der <"Liederausleiher" Peter Maffay.

http://www.youtube.com/watch?v=MHr4yKrYNKQ&feature=related

Mit freundlicher Genehmigung des Tacitus/ Muschelverlages

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