Love-Parade-Desaster Sauerland war über Planungschaos informiert www.loveparade-blog.de

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Der Druck auf Adolf Sauerland wächst: Nach SPIEGEL-Informationen war Duisburgs Oberbürgermeister detailliert über das Planungschaos im Vorfeld der Love Parade informiert. Auch die Rolle von Veranstalter Rainer Schaller und der früheren Landesregierung wirft ein neues Schlaglicht auf die Tragödie.

Duisburg/Berlin - Der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) war offenbar detailliert über das Planungschaos im Vorfeld der Love Parade informiert. Dies geht aus den vertraulichen Anhängen zu einem 32-seitigen Zwischenbericht über die Katastrophe mit 21 Todesopfern hervor, die dem SPIEGEL vorliegen.

So schrieb die städtische Untere Bauaufsicht am 14. Juni, knapp sechs Wochen vor der Veranstaltung, einen Brandbrief an den Veranstalter, bislang gebe es weder einen "Lageplan" des Geländes noch ein "zielorientiertes Brandschutzkonzept" noch eine Endfassung des Sicherheitskonzepts. Eine Kopie des Schreibens ging laut Vermerk ("Büro OB z. Kts.") auch an Sauerland.

Die neu aufgetauchten Dokumente dürften den Druck auf den Oberbürgermeister erhöhen. Sauerland war zuletzt in die Kritik geraten, weil er einen Rücktritt abgelehnt hatte und seine Zukunft nach der Tragödie per Abwahlverfahren klären lassen will.

"Hätte dringlicher auf die Probleme hinweisen müssen"

Die Debatte dürfte auch dadurch befeuert werden, dass erstmals ein Verantwortlicher des Love-Parade-Desasters nun öffentlich Fehler eingeräumt hat. "Ich hätte dringlicher auf die Probleme hinweisen müssen", sagte der Psychologe Carsten Walter in einem Interview mit dem SPIEGEL. Der Crowd-Manager, der die Besucherströme auf dem Veranstaltungsgelände regulieren sollte, sagte, schon Stunden bevor die Opfer von den Menschenmassen erdrückt worden seien, habe er das Gefühl gehabt, dass bei der Veranstaltung etwas schief laufe. Er habe aber nicht die Entscheidungskompetenz gehabt, das Gelände abzuriegeln.

Walter erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen die Polizei. So hätten er und ein Beamter "geschätzte 45 Minuten" benötigt, die Polizeiführung zu erreichen. Das Problem sei gewesen, dass der Polizist "definitiv" kein Funkgerät gehabt habe und das Handynetz überlastet gewesen sei. Damit widersprach er der Darstellung der Polizei im Düsseldorfer Landtag.

Veranstalter Schaller und frühere Landesregierung übten Druck aus

Die Verantwortung für die Katastrophe ist noch immer ungeklärt - Stadt, Veranstalter und Polizei warfen sich nach dem Desaster wiederholt gegenseitig Versäumnisse vor. Neben Sauerland dürfte nun vor allem einer weiter unter Druck geraten: Veranstalter Rainer Schaller.

Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen erhöhte Schaller kurz vor Beginn der Love Parade den Druck auf das Duisburger Rathaus. Nachdem das Bauamt am 14. Juli ein Sicherheitskonzept eingefordert hatte, meldete sich fünf Tage später eine von Schallers Firma Lopavent beauftragte Anwaltskanzlei und drängte auf die Erteilung einer "Sondernutzungserlaubnis". Die Juristen warnten davor, die Großveranstaltung abzusagen und wiesen auf die "immensen wirtschaftlichen aber auch ideellen Schäden für Veranstalter, die Metropole Ruhr und die Stadt Duisburg" hin. Am 21. Juli gab die Stadt grünes Licht für die Veranstaltung.

Auch von anderer Stelle gab es offenbar erheblichen Druck. Im Genehmigungsverfahren zur Loveparade soll die damalige Landesregierung unter dem früheren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) Druck auf die StadtDuisburg ausgeübt haben. Das berichtet der "Focus" unter Berufung auf ein Besprechungsprotokoll zum ersten Planer-Treffen für die Techno-Party am 2. Oktober 2009. Demnach betonte der städtische Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe, dass Rüttgers "in der Vergangenheit bereits eine Aussage getroffen habe, dass die Loveparade in Duisburg stattfinden sollte". Eine Absage könne daher "lediglich aus gravierenden Sicherheitsbedenken erfolgen".

Quelle

07.08.2010:

Über Kondolenzbuch Loveparade