Vom Kind bis zum Greis

Seit vergangenen Freitag ist in Potsdam die Foto-Ausstellung „Kunduz, 04. September 2009“ zu sehen, die sich mit den Opfern des von Bundeswehr-Oberst Klein angeordneten Bombardements auseinandersetzt. Die Ausstellungsmacher haben in detaillierter Kleinarbeit vor Ort ermittelt, wer starb: „91 Menschen, männlich, vom Kind bis zum Greis. Fast alle waren zur Furt gekommen, um Treibstoff in ihre mitgebrachten Behältnisse abzufüllen und nach Hause zu tragen.“

In der Begründung der Bundesanwaltschaft, mit der sie am 16. April das Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein eingestellt hat, heißt es:

„Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sind die Beschuldigten schon nicht davon ausgegangen, dass sich zum Zeitpunkt des Luftangriffs Zivilisten auf der Sandbank des Kunduz-Flusses aufhielten.”

Demnach haben die Annahmen des Oberst Klein mit der Wirklichkeit Afghanistans wenig zu tun.

Weiter meint die Bundesanwaltschaft, nach Ausschöpfung aller ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen sei Oberst Klein „in der konkreten zeitkritischen militärischen Situation” eine weitere Aufklärung nicht möglich gewesen.

Wie verträgt sich das mit dem Eingeständnis des Bundesverteidigungsministers, dass der Angriff militärisch nicht angemessen war?

Schließlich erklärt die Bundesanwaltschaft: „Der Beschuldigte Klein durfte davon ausgehen, dass keine Zivilisten vor Ort waren. Deshalb war er nicht verpflichtet, Warnhinweise vor dem militärischen Angriff zu geben.“

Jedenfalls wäre es der Autorität der Bundesanwaltschaft in brisanten Verfahren zuträglich, wenn sie unabhängig wie die Richter wäre. Max Güde, der von 1956 bis 1961 als Generalbundesanwalt an der Spitze der Bundesanwaltschaft stand, schrieb anschließend:

„Wenn ich sage, dass in den fünf Jahren meiner Amtsführung eine Weisung nicht erteilt worden sei, so bedeutet das nicht, dass nicht in den Fällen, in denen es geboten schien, die politischen Voraussetzungen, unter denen die Einleitung eines politischen Strafverfahrens stand oder die politischen Folgen eines solchen Strafverfahrens vertrauensvoll mit dem jeweiligen Minister erörtert worden wären, um ihm – außerhalb der Rechtsfragen – den legitimen Einfluss auf die Entscheidung über Einleitung und Gestaltung eines Verfahrens zu geben. Doch muss man sehen, dass unser Recht keine klare Trennung der Kompetenzen enthält, sondern alles dem Takt und dem politischen Sinn der Beteiligten überlässt.“

Gerhard Frey jr.


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