Ernst Moritz Arndt: Sieger durch K.O.
Pressetext verfasst von DSZ-Verlag am Mo, 2010-03-29 10:34.Die Greifswalder Uni trägt weiter seinen Namen!
Er scheint tatsächlich immer die Oberhand zu behalten. Zu Lebzeiten behauptete sich Ernst Moritz Arndt (1769-1860) gegen napoleonische Unterdrückung und metternichsche Reaktion. Jetzt errang der deutsche Freiheitsdichter einen neuen eindrucksvollen Erfolg. Arndts Gegnern ist es nicht gelungen, der Greifswalder Ernst-Moritz-Arndt-Universität den Namen zu nehmen. Nach der Urabstimmung der Studenten (49,9 Prozent waren für die Beibehaltung des Namens, 43,4 Prozent für die Ablegung) ergab vergangene Woche auch die Abstimmung im Akademischen Senat, dass die Uni ihren Namen behält. 22 Senatoren stimmten für die Beibehaltung, 14 dagegen. Und so hat der Kulturredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, Markus Schwering, wohl den Bock des Jahres geschossen, als er im Vorgefühl der für sicher gehaltenen Umbenennung jubelte: „Die Greifswalder Universität wird nicht länger den Namen Ernst Moritz Arndt tragen.“
Was Schwering unterschätzte, ist die Macht der Urabstimmung, die die „Eliten“ einnordete. Ansonsten hätte der Hochschulsenat wohl die veröffentlichte Meinung in den Medien mit der öffentlichen Meinung verwechselt. Und die Initiative „Uni ohne Arndt“ hätte erfolgreich Studentenschaft spielen können. Sie bemühte sich nach Kräften, das demokratische und antiimperialistische („nie fremde Völker erobern“) Streben Arndts kleinzureden und ihn als eine Art Hassprediger darzustellen.
Nach dem Ja zu Arndt in der Urabstimmung hätte eine gegenteilige Entscheidung des Hochschulsenats das Brandzeichen der Demokratiewidrigkeit getragen. Entsprechend heißt es in der offiziellen Erklärung der Universität: „Das Ergebnis der demokratischen Abstimmung muss nun jedoch akzeptiert werden.“ Auch nicht bindende Urabstimmungen zwingen die Entscheidungsträger letztlich, sich dem Willen der Bürger zu beugen. So war es auch 2005 bei dem niederländischen Referendum über den EU-Verfassungsvertrag.
Organisiert wurde die Abstimmung von der Studentenschaft selbst. Das Beispiel sollte Schule machen. Das Volk hat Autorität, es fehlt ihm nur an Möglichkeiten, seinen Willen zu artikulieren.
Ernst Moritz Arndt, der in Greifswald studierte und lehrte, hat ab 1806 auf das Bewusstsein der Nation eingewirkt. Nun geht von Greifswald ein neues Signal aus.
Die Arndt-Gegner verwiesen darauf, dass die Greifswalder Universität ihren Namen 1933 erhalten hatte. Sie unterschlugen aber, wie viel Arndt zur Identitätsstiftung der Weimarer Republik beitrug, die Straßen, Plätze und Schulen nach ihm benannte. Nicht umsonst wurde ihm auch im Gedenkbuch der Reichsregierung zum Verfassungstag 1929 eine herausgehobene Stellung eingeräumt: Wie Fichtes Reden hätten Arndts Flugschriften und Gedichte zum „Erwachen der Nation“ beigetragen. Zitiert wird darin vor allem aus seinem großen Werk „Geist der Zeit“, dessen erster Teil 1806 erschien und in dem er zum Kampf gegen Napoleon aufrief.
Es ist nicht das erste Mal, dass Ernst Moritz Arndt sich gegen widrigste Bedingungen behauptete. Schon 1954 hatte sich der Namensgeber in der DDR durchgesetzt, als der seit 1945 nicht mehr geführte Name der Greifswalder Universität offiziell wieder aufgenommen wurde.
Bereits zu Lebzeiten hielt Arndt jeder Bedrängnis stand. Nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt musste er nach Schweden flüchten, wo er den zweiten Teil von „Geist der Zeit“ verfasste, der 1809 in London erschien. Im selben Jahr kehrte er nach Berlin zurück. 1812 berief ihn der von Napoleon geächtete Freiherr vom Stein zu sich nach Petersburg, mit diesem kehrte er 1813 zurück. Arndts Schriften „Was bedeutet Landwehr und Landsturm?“, „Deutscher Volkskatechismus“, „Der Rhein, Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze“, „Das preußische Volk und Heer“ und „Über die Feier der Leipziger Schlacht“ sowie seine „Lieder für Deutsche“ von 1813 fachten patriotische Begeisterung an. Dass 200 Jahre später nicht jeder Satz aktuellen Maßstäben entspricht, wird keinen geschichtlich Denkenden verwundern.
ALS „DEMAGOGE“ ENTLASSEN
1818 wurde Arndt Professor für Geschichte an der neu gegründeten Universität Bonn. Doch die „Demagogenverfolgung“ der Ära Metternich machte vor einem Mann mit seinen Verdiensten nicht Halt. Im November 1820 wird er seines Amtes enthoben. Erst König Friedrich Wilhelm IV. setzt ihn 1840 wieder ein. Der Frankfurter Nationalversammlung, die die deutsche Einheit zu schaffen suchte, gehörte er an und verließ sie im Mai 1849, nachdem der preußische König die ihm angebotene deutsche Kaiserkrone ausgeschlagen hatte. Angestrebt hatte Arndt eine Lösung unter Einschluss Österreichs – entsprechend seinem Lied „Des Deutschen Vaterland”, dessen erste Strophe lautete:
Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist’s Preußenland? Ist’s Schwabenland?
Ist’s wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist’s wo am Belt die Möwe zieht?
O nein, nein, nein!
Sein Vaterland muss größer sein!
Und die fünfte Strophe:
Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne mir das große Land!
Gewiss, es ist das Österreich,
An Ehren und an Siegen reich?
O nein, nein, nein!
Sein Vaterland muss größer sein!
(Einige Strophen weiter kommt die heute – zum Glück – befremdliche Zeile: „Wo jeder Franzmann heißet Feind“. Arndt schrieb das Gedicht 1813, vor der Leipziger Völkerschlacht.)
1858 erschien Arndts aufschlussreiche Schrift „Meine Wanderungen und Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn Heinrich Karl Friedrich vom Stein“. Wegen einer darin angeblich das bayerische Militär beleidigenden Stelle wurde er vom Schwurgericht in Zweibrücken in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Wie Arndt die Befreiung Deutschlands von der Fremdherrschaft mit herbeigeführt hatte, verfolgte er in Zeiten der Reaktion das Ziel deutscher Einheit und Freiheit.
Über DSZ-Verlag
Nachname
DSZ-Verlag
Adresse
Postfach 60 04 64
81204 München
Telefon +49 89 89 60 850
Telefax +49 89 83 41 534
E-Mail info@dsz-verlag.de
Homepage
http://www.national-zeitung.de
Branche
Zeitung