Raus mit Sarrazin?

Sein Parteiausschlussverfahren.

Keine Frage: Thilo Sarrazin tut der SPD weh. Völlig ungeniert feuert das Vorstandsmitglied der Bundesbank, früher Finanzsenator Berlins, eine Breitseite nach der anderen gegen Grundpfeiler der SPD-Politik. Erst kürzlich legte er mit einer fragwürdigen Äußerung nach: Hartz-IV-Empfänger sollten aus Kostengründen kalt duschen. „Warmduscher“, so Sarrazin, würden es im Leben ohnehin nicht weit bringen. Nun ja.

Multi-Kulti – auch dieser heilige Gral linker Politik ist laut Sarrazins Interview mit der Zeitschrift „Lettre International“ im letzten Herbst ein grandioser Irrweg. Das über weite Strecken fundierte Interview löste einen Aufschrei der Empörung der Wächter der „political correctness“ in Deutschland aus. Die allereifrigsten beeilten sich, sogleich einen Vergleich zwischen den Äußerungen Sarrazins mit dem Nationalsozialismus und Hitler zu ziehen. Strafanzeigen wegen angeblicher Volksverhetzung wurden gestellt. Dass die meisten Kritiker den Text überhaupt nicht komplett gelesen hatten, verhinderte nicht die kollektive Entrüstung. Und die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft kurze Zeit später erklärte, von Volksverhetzung könne keine Rede sein, bremste den Zorn ebenfalls nicht. Wörtlich heißt es im Beschluss der Staatsanwaltschaft, Sarrazin habe weder „hinsichtlich einzelner Bevölkerungsgruppen zum Hass oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgerufen noch wird die Menschenwürde dadurch angegriffen, dass Angehörige der genannten Bevölkerungsgruppen beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“. Die Staatsanwälte bescheinigten Sarrazin, dass er „unstreitig“ als langjähriger Finanzsenator „mit den vielfältigen Problemen der Stadt bestens vertraut“ sei. Die Äußerungen Sarrazins seien auch in ihrer Schärfe und Polemik „als gesellschaftspolitische Kritik in Form eines Beitrags zum ‚geistigen Meinungskampf‘ in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage zu sehen“.

VIELE SARRAZIN-SÄTZE STIMMEN …

Was für die SPD, der Sarrazin seit Jahrzehnten angehört, besonders peinlich ist, ist der Umstand, dass viele der inhaltlichen Aussagen Sarrazins im Interview mit „Lettre International“ im Kern zutreffen. Sogenannte „Parallelgesellschaften“ sind der Nährboden für künftige schwere soziale Konflikte. Dass darunter auch das Bildungsniveau leidet, zeigt sich nicht zuletzt in den jüngsten PISA-Studien. Damit aber verspielt Deutschland, ein Land mit wenig Rohstoffen, das entscheidend auf eine exzellente Ausbildung seiner jungen Menschen angewiesen ist, um im weltweiten Konkurrenzkampf bestehen zu können, seine Zukunft.

Das Allerschlimmste für die SPD ist aber nun die Tatsache, dass die Mehrzahl der Bevölkerung vielen Aussagen Sarrazins zustimmt. Eine kurz nach Erscheinen des Sarrazin- Interviews in „Lettre International“ in Auftrag gegebene Emnid- Meinungsumfrage ergab, dass 51 Prozent der Deutschen der Aussage Sarrazins zustimmen, dass ein Großteil der arabischen und türkischen Einwanderer weder integrationswillig noch integrationsfähig sei. Nur 39 Prozent der Befragten lehnen die in einem Interview geäußerte Meinung Sarrazins ab. Wie also aus Sicht der Linken umgehen mit dieser unbequemen Haltung? Soll man vielleicht die eigene Position überdenken?

IST AUSGRENZUNG DIE LÖSUNG?

Diese Schlussfolgerung kommt für weite Kreise der SPD (und anderer Parteien) offenbar auch nicht ansatzweise in Betracht. Da ist es schon besser, sich eines solchen unbequemen Kritikers in den eigenen Reihen zu entledigen. Zwei Berliner SPD-Bezirke haben dementsprechend einen Antrag auf Parteiausschluss von Sarrazin gestellt – wegen „rassistischer“ Äußerungen.

In erster Instanz lehnte ein Schiedsgericht der SPD den Parteiausschlussantrag ab. Das war eine mutige Entscheidung, die sich zum Grundsatz der freien Meinungsäußerung und zur Meinungspluralität innerhalb der Partei bekannte. Die dagegen gerichtete Berufung wurde vor wenigen Tagen vor dem Landesschiedsgericht der SPD verhandelt. Das Ergebnis steht noch aus. Auffällig aber ist, dass immer mehr SPD-Politiker, die sich vormals noch zurückgehalten hatten, inzwischen auf Distanz zu Sarrazin gehen. Das betrifft nicht nur den Regierenden Bürgermeister Wowereit, sondern nicht zuletzt auch den Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky, der bis dato auf die inhaltliche Richtigkeit Sarrazin’scher Aussagen hingewiesen hatte. Auch er wirft seinem Noch-Parteifreund inzwischen „nackten Rassismus“ vor.

Natürlich kann man über manche Aussagen Sarrazins geteilter Meinung sein. Und selbstverständlich sind mehrere seiner Äußerungen überspitzt und provokant und teilweise nicht sachdienlich. Man denke nur an die „ständig neuen kleinen Kopftuchmädchen“. Oder wie Sarrazin mit dem Argument, Intelligenz sei „überwiegend vererblich“, Bemühungen faktisch eine Absage erteilt, leistungsschwächere Schüler gezielt zu unterstützen, um auch ihnen eine Chance auf einen guten Start ins Berufsleben zu geben.

Häufig aber spricht Sarrazin Missstände an in dem Bestreben, eine längst notwendige Diskussion über Zukunftsfragen unserer Gesellschaft herbeizuführen. Wer dieser Diskussion ausweicht, disqualifiziert sich als Politiker selbst.

Dr. Petersen


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