Tom Sack: Prozess um unerwünschtes Gemälde geht in zweite Runde

Der zeitgenössische Künstler und ehemalige Kunsthändler Tom Sack, gegen den seit Jahren der massive Vorwurf der "Kunstfälscherei im großen Stil" im Raum steht, muss sich im Februar gleich zweimal vor Gericht verantworten. Es geht aber immer noch nicht um gefälschte Werke von Meistern der klassischen Moderne, wie Max Liebermann, Kees van Dongen oder auch Ernst-Ludwig Kirchner, sondern wieder mal um die öffentliche Gegenwehr des Künstlers, die dieser per Internet gegen die Staatsanwaltschaft Bückeburg betreibt.

Am Dienstag, dem 16. Februar 2010 findet um 09:00 Uhr im Saal 1010 des Bückeburger Landgerichts die Berufungsverhandlung gegen Tom Sack wegen des in Mischtechnik auf Leinwand gemalten Bildnisses des gegen ihn ermittelnden Staatsanwalts statt. Dieser hat am 5. April 2008 eine Hausdurchsuchung sowie die Beschlagnahme unzähliger Gemälde, Arbeitsmaterialen und Unterlagen des damals zugleich noch als Kunsthändler tätigen Angeklagten ohne richterlichen Beschluss angeordnet. Tom Sack musste daraufhin sein Geschäft aufgeben. "Ich wollte mich mit der öffentlichen Präsentation des Gemäldes kunstgerecht gegen die existenzvernichtende Aktion der Staatsanwaltschaft zur Wehr setzten", äußerte sich der Künstler hierzu in einer auf Sat.1 ausgestrahlten Fernsehsendung. Die Staatsanwaltschaft hat hingegen die Vernichtung des unerwünschten Gemäldes beantragt. Kunstinteressierte haben im Rahmen der öffentlichen Verhandlung also die Möglichkeit, das als Beweisstück dienende Gemälde einmal im Original zu sehen, bevor dieses möglicherweise vernichtet wird.

Tom Sack hat die Hausdurchsuchung damals außerdem mitgefilmt und das Video im Internet veröffentlicht, wo es auch immer noch abrufbar ist, "damit jeder sehen kann, wie respektlos Polizei und Staatsanwaltschaft mit fremdem Eigentum umgehen und in arrogantester Weise die wirtschaftliche Existenz eines Bürgers zerstören". Es geht deshalb in der Verhandlung auch um dieses Video. Die in Ausübung der Amtstätigkeit zu sehenden Beamten fühlten sich durch die öffentliche Zurschaustellung ihres Handelns nämlich auf den Schlips getreten. Wie beim Gemälde des Staatsanwalts lautet auch hier der Vorwurf: Verletzung des Rechts am eigenen Bild. Der Frage, ob Ermittlern per Internet öffentlich auf die Finger geschaut werden darf, komme grundsätzliche Bedeutung zu, denn ein vergleichbarer Fall sei in der Rechtsprechung bisher nicht bekannt. Oftmals bewegten sich Ermittler bei Hausdurchsuchungen rechtlich sowieso schon auf sehr dünnem Eis, so dass Kompetenzüberschreitungen und Ausuferungen keine Seltenheit seien. Die Herstellung von Öffentlichkeit könne für den Betroffenen hier einen wirksamen Schutz bieten, auch angesichts der in der Praxis häufig mangelhaften richterlichen Kontrolle solcher Ermittlungshandlungen, so Tom Sack.

Ein weiterer Anklagepunkt betrifft die Veröffentlichung des richterlichen Beschlusses vom 7. Oktober 2008, mit dem die Beschlagnahme des Staatsanwaltsporträts angeordnet wurde. Die Veröffentlichung des einseitigen Schriftstücks erfolgte jedoch zu einem Zeitpunkt, zu dem das Gemälde bereits aus dem Atelier des Künstlers beschlagnahmt und der Beschluss erfolgreich vollzogen wurde. Nach § 353d Nr. 3 StGB ist es strafbar, amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens zu veröffentlichen, bevor diese in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind. Nach Auffassung des Amtsgerichts Rinteln ist hier jedoch lediglich einen Formalverstoß gegen diese Vorschrift gegeben, der Sinn und Zweck nicht tangiert. Es hat daher in der Hauptverhandlung vom 31. März 2009 die niedrigstmögliche Strafe ausgesprochen, eine Verwarnung mit Strafvorbehalt.

Wegen der anderen beiden Vorwürfe wurde Tom Sack in erster Instanz freigesprochen. Naturgemäß hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und bemängelt beispielsweise, dass der Staatsanwalt auf dem Gemälde nicht in einer Robe dargestellt sei, die Ermittler überhaupt nicht die Öffentlichkeit gesucht hätten und eine Verwarnung mit Strafvorbehalt dem Unrechtsgehalt der Veröffentlichung des richterlichen Beschlusses nicht gerecht werde.

Und weil Tom Sack das entsprechende Schriftstück wieder mal umgehend im Internet veröffentlicht hat, muss er sich in einer weiteren Verhandlung erneut wegen "verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen" nach § 353d Nr. 3 StGB verantworten. Das Amtsgericht Rinteln hat hier den Termin auf den 9. Februar um 08:30 Uhr bestimmt.

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